Lichttagessignale bei der DRG

Vorgeschichte

Bis in die zwanziger Jahre wur­den bei der Deut­schen Reichs­bahn-Ge­sell­schaft und ih­ren Vor­gän­gern aus­schließ­lich Form­sig­na­le für die Sig­nali­sie­rung ver­wen­det. Dann wur­den Über­le­gun­gen an­ge­stellt, wie man die Sig­nal­ge­bung für die Züge ver­bes­sern kön­ne. Zu die­ser Zeit wa­ren für die Be­leuch­tung der Form­sig­na­le bei Nacht Pe­tro­leum­la­ter­nen die Re­gel, die täg­lich auf­ge­füllt, abends an­ge­zün­det und mor­gens wie­der ge­löscht wer­den muß­ten. De­ren Hel­lig­keit war, be­son­ders im Stadt­ge­biet mit sei­nen zahl­rei­chen Fremd­lich­tern, recht un­be­frie­di­gend, die La­ter­nen ru­ßten schnell ein, wenn der Docht zu hoch ein­ge­stellt war und ge­le­gent­lich er­lo­schen sie auch durch Luft­zug. Das Er­lö­schen ist be­son­ders kri­tisch, weil durch ein feh­len­des Licht in der Dun­kel­heit leicht das durch ein grü­nes Licht dar­ge­stell­te Hp 1 – Fahrt frei – an­stel­le des da­mals noch durch zwei grü­ne Lich­ter dar­ge­stell­ten Hp 2 – Fahrt mit Ge­schwin­dig­keits­be­schrän­kung – vor­ge­täuscht wer­den kann. We­gen die­ser Män­gel ent­stand erst eine Pe­tro­leum-Dau­er­brand­la­ter­ne, die im­mer­hin eine Wo­che Brenn­zeit ohne Nach­fül­lung brach­te, und dann in Zu­sam­men­ar­beit mit der Fir­ma Pintsch die spä­ter bei Form­sig­na­len sehr ver­brei­te­te Pro­pan­be­leuch­tung, die licht­stär­ker ist, kaum rußt und je nach Fla­schen­grö­ße eine oder meh­re­re Wo­chen ohne Nach­fül­lung ar­bei­tet. Da­bei ver­zich­te­te man dann auf das täg­li­che Lö­schen der La­ter­nen, das heißt die­se La­ter­nen brann­ten auch am Tage, ob­wohl dies nutz­los ist. We­gen ih­rer lan­gen Leucht­dau­er wur­den die Pro­pan­la­ter­nen auch Dau­er­brand­la­ter­nen ge­nannt. Die Pro­pan­be­leuch­tung be­währ­te sich so gut, daß es von den er­sten An­fän­gen ab ge­rech­net im­mer­hin sie­ben Jahr­zehn­te dau­er­te bis sie durch sol­che mit LED er­setzt wur­de. Al­ler­dings konn­te sie erst nach dem Zwei­ten Welt­krieg in grö­ße­rem Um­fang zum Ein­satz ge­bracht wer­den.

Ein weiteres Problem mit den Formsignalen er­gab sich auf den mit Ober­lei­tung elek­tri­fi­zier­ten Stre­cken, auf de­nen die Ober­lei­tungs­ma­ste und die da­mals noch ver­wen­de­ten Quer­jo­che (Stahl­git­ter­trä­ger) die Sicht auf die Flü­gel­sig­na­le be­hin­der­ten. Man ver­such­te zwar Ab­hil­fe zu schaf­fen, in­dem man im Sicht­be­reich der Sig­na­le auf den rech­ten Fahr­lei­tungs­mast ver­zich­te­te und die Fahr­lei­tung an ei­nem am lin­ken Mast be­fe­stig­ten Aus­le­ger auf­häng­te oder in­dem man an­stel­le der Quer­jo­che Quer­fel­der aus Draht­seil ver­wen­de­te. Die­se Lö­sun­gen be­frie­dig­ten je­doch auch nicht voll­stän­dig.

Andere Probleme ergeben sich bei Form­sig­na­len ab­hän­gig von de­ren Stand­ort. In ber­gi­gem Ge­län­de oder be­bau­tem Ge­biet sind bei nor­mal­ho­hem Sig­nal die Flü­gel aus Sicht des Lok­füh­rers oft nicht mehr vor dem Him­mel sicht­bar, son­dern vor häu­fig dunk­lem oder wech­seln­dem Hin­ter­grund, wo­durch die Er­kenn­bar­keit be­ein­träch­tigt wird. Man be­half sich dann mit über­ho­hen Sig­na­len bis zu 16 Me­tern Mast­hö­he, ei­nem er­höh­ten Stand­ort oder mit um­ge­kehr­ter Farb­an­ord­nung am Flü­gel. In der Däm­me­rung bleibt die Er­kenn­bar­keit in je­dem Fal­le pro­ble­ma­tisch, weil kein aus­rei­chen­der Kon­trast zwi­schen Flü­gel und Hin­ter­grund mehr vor­han­den ist, das ver­hält­nis­mä­ßig schwa­che Nacht­zei­chen aber auch noch nicht aus­rei­chend er­kenn­bar ist.

Es wur­den dann Experimente mit Form­sig­na­len durch­ge­führt, die elek­tri­sche Be­leuch­tung be­ka­men. Zu­nächst wur­den le­dig­lich die Pe­tro­leum­la­ter­nen durch sol­che mit Glüh­lam­pen er­setzt, so daß bis auf die Ver­ka­be­lung zum Sig­nal und das Ein­set­zen ei­ner Lam­pen­fas­sung an­stel­le der Pe­tro­leum­lam­pe kei­ne wei­te­ren Ver­än­de­run­gen er­for­der­lich wa­ren. Um zum aus­wech­seln der Lam­pen nicht auf den Mast stei­gen zu müs­sen, be­ka­men die La­ter­nen noch eine Kon­takt­vor­rich­tung, die wie bei den Pro­pan­la­ter­nen das her­ab­las­sen mit dem La­ter­nen­auf­zug ge­stat­te­te. Als Ta­ges­zei­chen wur­de wei­ter­hin das Flü­gel­sig­nal ver­wen­det. So ent­stand eine Bau­form, die leucht­stär­ker und war­tungs­arm ist, zen­tral ein- und aus­ge­schal­tet wer­den kann und die heu­te noch ver­ein­zelt zu fin­den ist.

Bei anderen Versuchen erhielten die Laternen stär­ke­re Lam­pen und eine Streu­schei­be, um das Nacht­zei­chen auch am Tage sicht­bar zu ma­chen. Hier nahm man spä­ter die Flü­gel ab, be­ließ je­doch die be­weg­li­chen Blen­den, um die ver­schie­de­nen Far­ben dar­zu­stel­len. Die­se Ver­su­che zeig­ten, daß Licht­sig­na­le grund­sätz­lich mög­lich wa­ren. Trotz­dem gab es noch ei­ni­ge zu lö­sen­de Pro­ble­me, ins­be­son­de­re mit der Sicht­wei­te und der Sei­ten­streu­ung bei im Bo­gen ver­lau­fen­den Stre­cken­ab­schnit­ten. Bei an­de­ren Bah­nen, wie zum Bei­spiel der Wup­per­ta­ler Schwe­be­bahn, der Ber­li­ner U-Bahn und der Ham­bur­ger Hoch­bahn wa­ren Licht­sig­na­le da­ge­gen be­reits ei­ni­ge Zeit üb­lich, nach­dem Form­sig­na­le sich dort als we­nig zweck­mä­ßig er­wie­sen hat­ten. Im Schat­ten bzw. im dunk­len Tun­nel sind die an die Licht­sig­na­le zu stel­len­den An­for­de­run­gen auch nicht so hoch, au­ßer­dem sind hier die Fahr­ge­schwin­dig­kei­ten re­la­tiv nied­rig und in­fol­ge­des­sen die Brems­we­ge kurz. An­re­gun­gen gab es auch durch im Aus­land ver­ein­zelt be­reits auf­ge­stell­te Licht­sig­na­le, de­ren Licht­stär­ke hier je­doch nicht be­frie­dig­te.

Man schreckte zunächst auch etwas vor dem Auf­wand für die er­for­der­li­che Ka­bel­an­la­ge zu­rück. Sei­ner­zeit wa­ren, ge­mes­sen an der An­zahl vor­han­de­ner Stell­wer­ke, die me­cha­ni­schen Stell­wer­ke das Maß der Din­ge, bei de­nen die Wei­chen und Sig­na­le zu­meist über Draht­zug­lei­tun­gen ge­stellt wer­den. Auch das Er­satz­sig­nal kam erst in die­ser Zeit auf. Da­her lag zum Stand­ort der Sig­na­le in der Re­gel kein Ka­bel, das man für elek­tri­sche Sig­nal­be­leuch­tung hät­te mit­ver­wen­den kön­nen. Auch si­cher­heits­tech­ni­sche As­pek­te spra­chen nicht un­be­dingt da­für, für zum Bei­spiel Er­satz­sig­nal und Sig­nal­be­leuch­tung das­sel­be Ka­bel zu ver­wen­den, da nicht si­cher aus­ge­schlos­sen wer­den konn­te, daß eine Ader­be­rüh­rung im Ka­bel zum un­ge­woll­ten Leuch­ten des Er­satz­sig­na­les führt. Hier­für wa­ren erst ge­eig­ne­te Schal­tun­gen zu ent­wickeln. Au­ßer­dem hat­te man Be­den­ken hin­sicht­lich der Zu­ver­läs­sig­keit der Licht­sig­na­le, in er­ster Li­nie zu de­ren un­un­ter­bro­che­ner Strom­ver­sor­gung, da beim Aus­blei­ben der Ver­sor­gungs­span­nung das Sig­nal voll­stän­dig ver­lö­schen kann und da­mit auch der Warn- bzw. Halt­be­griff ver­schwin­det. Dies kann beim Form­sig­nal nicht pas­sie­ren, da des­sen Ta­ges­zei­chen im Zwei­fels­fall auch bei Nacht bzw. ver­lo­sche­nem Nacht­zei­chen gilt. Bei man­chen Licht­sig­nal­pro­jek­ten war des­halb zu­sätz­lich zum Haupt- und Er­satz­rot, letz­te­res war ggf. der Ne­ben­fa­den der Haupt­rot­lam­pe, ein drit­tes Rot als Not­rot und/oder eine in ei­nem beim Sig­nal an­ge­ord­ne­ten Schrank un­ter­ge­brach­te Bat­te­rie vor­ge­se­hen. Letz­te­res wur­de 1939 für Fern­bah­nen ge­ne­rell für alle Block-, Ein­fahr- und Deckungs­sig­na­le so­wie die­je­ni­gen Aus­fahr­sig­na­le an Glei­sen, auf de­nen Durch­fahr­ten zu­ge­las­sen wa­ren, vor­ge­schrie­ben, wur­de je­doch nach dem Krieg nicht Stan­dard. Für die schle­si­schen Ver­suchs­stre­cken hat­te man noch er­wo­gen, die Sig­na­le durch eine in den Sig­nal­schirm ein­ge­setz­te, von hin­ten mit ei­ner Pe­tro­leum­lam­pe be­leuch­te­te, trans­pa­ren­te Glas­schei­be mit auf­ge­druck­ter Sig­nal­be­zeich­nung zu kenn­zeich­nen. Ein sonst er­lo­sche­nes Sig­nal wäre da­mit auch bei Dun­kel­heit noch auf­zu­fin­den und dann als halt­zei­gend an­zu­se­hen ge­we­sen.

Ältere Signallaterne mit zwei Fresnellinsen
Ältere Signallaterne mit Fresnellinsen

Mit ersten Versuchen zur Schaffung be­triebs­taug­li­cher Licht­sig­nal­la­ter­nen be­gann Sie­mens & Hal­ske (S&H) auf An­re­gung aus dem preu­ßi­schen Mi­ni­ste­rium der öf­fent­li­chen Ar­bei­ten kurz vor dem Er­sten Welt­krieg, der die­se je­doch wie­der zum Er­lie­gen brach­te. Sie wur­den dann An­fang der zwan­zi­ger Jah­re wie­der auf­ge­nom­men, wo­bei man zu­nächst Fres­nel­lin­sen – auch Stu­fen­lin­sen ge­nannt – zum Bün­deln des von der Glüh­lam­pe aus­ge­hen­den Lich­tes ver­wen­de­te. Die er­sten La­ter­nen die­ser Art bau­te die AEG nach ame­rika­ni­schem Mu­ster. Sie hat­ten wie ihr Vor­bild den Nach­teil, daß sie fest auf dem Sig­nal­schirm be­fe­stigt wa­ren, wes­halb nur das Sig­nal als Gan­zes auf das Gleis aus­ge­rich­tet wer­den konn­te. Das setz­te au­ßer­dem vor­aus, daß die Licht­ke­gel al­ler La­ter­nen auf dem Schirm un­ter­ein­an­der an­nä­hernd par­al­lel aus­ge­rich­tet sind. Die Fres­nel­lin­sen sor­gen in ge­wis­sem Maße gleich­zei­tig für eine Sei­ten­streu­ung, die die Sicht­bar­keit des Sig­nals im Gleis­bo­gen ver­bes­sert. Der­ar­ti­ge Sig­na­le wur­den auf dem Ver­suchs­feld der AEG in Hen­nigs­dorf und auf dem Bahn­hof Merz­dorf in Schle­sien er­probt und von der AEG auch nach Nor­we­gen ge­lie­fert. Mit Fres­nel­lin­sen ge­lang es je­doch nicht, die ge­stell­ten For­de­run­gen nach Sicht­wei­te und Sei­ten­streu­ung gleich­zei­tig zu er­fül­len. Für Haupt­sig­na­le wur­de eine Sicht­wei­te von 700 Me­tern ver­langt, was dem da­mals üb­li­chen Vor­sig­nal­ab­stand ent­sprach. Im Gleis­bo­gen mit 300 Me­tern Ra­dius soll­te das Sig­nal noch aus min­de­stens 300 Me­tern er­kenn­bar sein, was ei­nen Streu­win­kel von etwa 30° er­for­dert. Au­ßer­dem soll­te es dem Lo­ko­mo­tiv­füh­rer mög­lich sein, die Lich­ter, die in ei­ner ma­xi­ma­len Höhe von 6 bis 7 m über Schie­nen­ober­kan­te an­ge­ord­net wer­den soll­ten, auch aus ei­ner Ent­fer­nung von 20 m vor dem Sig­nal zwei­fels­frei zu er­ken­nen.

Anstelle der Fresnellinsen verwendete man spä­ter ge­schlif­fe­ne Vollin­sen, die ei­nen gut ge­bün­del­ten Licht­ke­gel er­mög­li­chen. Die­se Bau­form ent­wickel­te S&H zu­sam­men mit den Op­ti­schen Wer­ken Busch in Ra­the­now. Zu­nächst wur­den Lin­sen ver­wen­det, in die auf der der Glüh­lam­pe zu­ge­wand­ten Sei­te be­son­de­re Ril­len ein­ge­schlif­fen wur­den, um die Sei­ten­streu­ung zu er­zie­len. Spä­ter setz­te man eine se­pa­ra­te Streu­schei­be vor die Lin­se. Streu­schei­be und vor­ge­setz­tes Glas sind nach vorne ge­neigt, um von vorne ein­fal­len­des Fremd­licht nach un­ten zu re­flek­tie­ren, wo­durch fal­sche Sig­nal­bil­der, so­ge­nann­te Phan­tom­bil­der ver­hin­dert wer­den sol­len. Um die Sei­ten­streu­ung an die ört­li­chen Ver­hält­nis­se an­pas­sen zu kön­nen, gab es ver­schie­de­ne Lin­sen- bzw. Streu­schei­ben­aus­füh­run­gen. Die­se ver­rin­ger­ten mit zu­neh­men­der Sei­ten­streu­ung zwar die er­ziel­ba­re Sicht­wei­te, die Fahr­ge­schwin­dig­kei­ten lie­gen aber in Kur­ven mit ge­rin­ge­ren Ra­dien, also dort wo eine grö­ße­re Sei­ten­streu­ung be­nö­tigt wird, ent­spre­chend nied­ri­ger, so daß das Sig­nal im­mer aus­rei­chend recht­zei­tig sicht­bar wird. Die ver­schie­de­nen Far­ben wer­den mit ei­ner zwi­schen Glüh­lam­pe und Lin­se an­ge­ord­ne­ten far­bi­gen Glas­schei­be er­zeugt. Die Bau­art mit Streu­schei­be blieb in Deutsch­land im we­sent­li­chen bis in die jüng­ste Ver­gan­gen­heit im Ge­brauch. In­zwi­schen wer­den die op­ti­schen Sy­ste­me nicht mehr in ein­zel­ne La­ter­nen, son­dern in ein ge­mein­sa­mes Blech­ge­häu­se mit Sig­nal­schirm­grö­ße ein­ge­baut.

Lichttagessignallaterne mit Vollinse 140 mm
Vollständige Laterne mit Schute
Laterne mit Vollin­se 140 mm
Lichttagessignallaterne mit Vollinse 110 mm und Streuscheibe
Vollständige Laterne mit Streuscheibe
Laterne mit Vollin­se 110 mm und separater Streuscheibe

Die Laternen werden am Einbauort auf einen be­stimm­ten Punkt im Gleis aus­ge­rich­tet, um eine größt­mög­li­che Sicht­wei­te zu er­zie­len. Zur Ein­stel­lung sind ent­we­der wie in den bei­den oben­ste­hen­den Bil­dern Schrau­ben oder auch Ku­gel­ge­len­ke üb­lich. Bei den La­ter­nen mit Vollin­se wird die Lam­pen­fas­sung be­reits beim Her­stel­ler ju­stiert, so daß sich der Fa­den der Glüh­lam­pe mög­lichst ge­nau im Brenn­punkt der Lin­se be­fin­det, nach­dem sich ge­zeigt hat­te, daß dies vom ört­li­chen In­stand­hal­tungs­per­so­nal nicht im­mer mit ge­nü­gen­der Sorg­falt er­le­digt wur­de. Des­halb müs­sen die Glüh­fä­den der ver­wen­de­ten Lam­pen be­zo­gen auf die Lage zum Lam­pen­sockel enge Tole­ran­zen ein­hal­ten, so daß nach ei­nem Lam­pen­wech­sel kei­ne Neu­ju­stie­rung er­for­der­lich wird. Der drit­ten Va­rian­te ver­gleich­ba­re La­ter­nen mit 0°-Streu­schei­ben, das heißt sol­chen ohne Sei­ten­streu­ung, und 20 W-Glüh­lam­pen sind bei kor­rek­ter Ju­stie­rung auch am Tage noch auf ein, zwei Ki­lo­me­ter er­kenn­bar.

Linse mit Streuriefen und senkrechter Glühlampe
Linse mit Streuriefen und waagerechter Glühlampe
Linse mit waagerechter Glühlampe und Tiefenstreuspiegel
Verschiedene Kombinationen von Lin­se, Lampe und Tiefenstreuspiegel

Um die Lichtausbeute weiter zu ver­bes­sern, be­gann man noch 1943 mit der Wei­ter­ent­wick­lung des op­ti­schen Sy­stems. Man kam zu dem Schluß, daß die auf ei­ner Sei­te pla­ne, auf der an­de­ren Sei­te asphä­risch ge­schlif­fe­ne Vollin­se schon das bei die­ser An­ord­nung mög­li­che Op­ti­mum dar­stellt, das nicht wei­ter ver­bes­sert wer­den könn­te. Die nun ge­wähl­te An­ord­nung mit zwei Lin­sen deckt ei­nen Öff­nungs­win­kel von 180° des von der Glüh­lam­pe aus­ge­sand­ten Lich­tes ab. Die klei­ne­re, die so­ge­nann­te Mi­nis­kus­lin­se hat nur sphä­ri­sche, das heißt ku­gel­för­mi­ge Flä­chen und läßt sich da­her auf nor­ma­len op­ti­schen Schleif- und Po­lier­ma­schi­nen ein­fach her­stel­len. Die gro­ße, asphä­ri­sche Lin­se kann jetzt we­gen des grö­ße­ren Ab­stan­des der vir­tu­el­len Licht­quel­le von der pla­nen Flä­che der Lin­se deut­lich dün­ner aus­fal­len. Durch die­se An­ord­nung wird die Licht­aus­beu­te ge­gen­über den ein­fa­chen Vollin­sen um 50 % ge­stei­gert. Au­ßer­dem war mit dem bei den gro­ßen Vollin­sen noch ge­le­gent­lich be­ob­ach­te­ten Zer­sprin­gen der Lin­se in­fol­ge un­gleich­mä­ßi­ger Er­wär­mung des Glas­kör­pers durch die Glüh­lam­pe nicht mehr zu rech­nen, weil die klei­ne Lin­se ei­nen über­all glei­chen Ab­stand zur Glüh­lam­pe und ein viel ge­rin­ge­res Vo­lu­men hat, wes­halb sie sich gleich­mä­ßi­ger er­wärmt, so daß es nicht zu in­ne­ren Span­nun­gen kommt.

Neue Linsenanordnung
Strahlengang der herkömmlichen Vollin­se · Strahlengang bei Doppellinsenanordnung

Derartige Linsensysteme wur­den von den Hirsch­ber­ger Op­ti­schen Wer­ken her­ge­stellt und in Licht­ta­ges­sig­na­le der Fir­ma Pintsch ein­ge­baut. Da Pintsch vor 1941 kei­ne Stell­wer­ke bau­te, wäre es in­te­res­sant zu wis­sen wo die­se Licht­ta­ges­sig­na­le ver­wen­det wor­den sind. Eine wei­te­re Ver­brei­tung die­ser Lin­sen­sy­ste­me wur­de durch den Zwei­ten Welt­krieg ver­hin­dert.

Bei Formsignalen kann man auch von der Rück­sei­te her se­hen wel­chen Be­griff das Sig­nal zeigt und bei Dun­kel­heit auch er­ken­nen ob sei­ne La­ter­nen leuch­ten. Dies ist spä­te­stens seit 1910 auch in den Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen zur Ei­sen­bahn-Sig­nal­ord­nung (ESO) ge­re­gelt, die für rot ge­blen­de­te La­ter­nen nach hin­ten ein matt­wei­ßes vol­les Licht und für grün ge­blen­de­te La­ter­nen ein matt­wei­ßes Ster­nen­licht vor­sieht, wenn die Stel­lung des Sig­nals auch bei Dun­kel­heit von hin­ten er­kenn­bar sein soll. Die Er­kenn­bar­keit der Sig­nal­stel­lung von hin­ten wur­de zu­nächst auch für die Licht­ta­ges­sig­na­le ge­for­dert, da­mit der Lok­füh­rer ei­nes mit der Zug­spit­ze über das Aus­fahr­sig­nal hin­aus­ste­hen­den Zu­ges die Ver­wand­lung des Sig­nals wahr­neh­men kann. Um die­ser For­de­rung nach­zu­kom­men, ord­ne­te man zu­nächst im De­ckel der Grün­la­ter­nen eine zu­sätz­li­che Lin­se an. Um fal­sche Sig­nal­bil­der durch hin­durch­schei­nen­des Licht zu ver­hin­dern, wur­de ein Trenn­blech und eine zwei­te Glüh­lam­pe in das La­ter­nen­ge­häu­se ge­setzt. Bei ei­ner an­de­ren Aus­füh­rung wur­den auf der Rück­sei­te des Schir­mes be­fe­stig­te Licht­strei­fen an­ge­ord­net. Die­se wur­den aus ei­ner Milch­glas­schei­be in ei­nem Blech­ka­sten ge­bil­det, der von in­nen be­leuch­tet wur­de, im Win­kel von 45° an­ge­ord­net war und so die Fahrt­stel­lung sym­bo­li­sier­te.

Laterne mit Fresnellinse für das Rücklicht
Laterne mit Vollinse für das Rücklicht
Laterne geöffnet
Lichtstreifen als Rücklicht
Laternen mit Fresnellinse bzw. mit Vollin­se für das Rücklicht · Lichtstreifen als Rücklicht

1939 wurde dann verfügt, daß von der An­ord­nung von Rück­lich­tern grund­sätz­lich ab­zu­se­hen ist, zu­mal die­se den Fest­le­gun­gen im Sig­nal­buch wider­spra­chen, da sie bei Fahrt­stel­lung wei­ßes, bei Halt­stel­lung aber kein Licht zeig­ten. Die be­reits vor­han­de­nen Rück­lich­ter soll­ten be­sei­tigt wer­den. Ge­ge­be­nen­falls hat­te der Zug­füh­rer, der da­mals in der Re­gel noch in je­dem Gü­ter­zug mit­fuhr, den Lok­füh­rer über die Fahrt­stel­lung des Sig­nals in Kennt­nis zu set­zen.

Um den Anforderungen gerecht werdende Licht­sig­na­le zu er­hal­ten, wur­den au­ßer gut bün­deln­den Lin­sen zur Er­hö­hung der Licht­aus­beu­te auch noch ge­eig­ne­te Lam­pen be­nö­tigt. Das Pro­blem hier­bei war, daß zu­gleich ein kur­zer Glüh­fa­den als mög­lichst punkt­för­mi­ge Licht­quel­le aber auch eine mög­lichst hohe Be­triebs­span­nung er­wünscht wa­ren. Letz­te­res er­gibt sich aus dem Ohm­schen Ge­setz. Bei gleich­blei­ben­der Lei­stung wird bei nied­ri­ger Lam­pen­span­nung ein hö­he­rer Strom be­nö­tigt, was bei ge­ge­be­nem Ader­quer­schnitt im Ka­bel zu ei­ner ge­rin­ge­ren Stell­ent­fer­nung führt. Wird das Ver­hält­nis des Span­nungs­ab­falls im Ka­bel zur Lam­pen­span­nung zu groß, so schmilzt bei ei­nem Lam­pen­kurz­schluß die im Stell­werk an­ge­ord­ne­te Si­che­rung nicht mehr ab, weil der Strom nicht stark ge­nug an­steigt, so daß der Aus­fall der Lam­pe nicht mehr er­kannt wer­den könn­te. Da­durch könn­te wie­der das Sig­nal­bild Hp 1 statt des ei­gent­lich vor­ge­se­he­nen Hp 2 er­schei­nen. Um die­ses zu ver­hin­dern, wur­den an­fangs die bei­den Grün­lam­pen für das Sig­nal Hp 2 in Rei­he ge­schal­tet.

Signal in Seddin 1924Bereits auf der Ei­sen­bahn­tech­ni­schen Aus­stel­lung 1924 in Sed­din, süd­west­lich von Ber­lin ge­le­gen, wur­den ein­zel­ne Ta­ges­licht­sig­na­le oder Licht­ta­ges­sig­na­le, so die da­ma­li­ge Be­zeich­nun­g, aus­ge­stellt. Al­ler­dings dau­er­te es noch ei­ni­ge Zeit bis Licht­sig­na­le dann im re­gu­lä­ren Be­trieb bei der DRG ver­wen­det wur­den. In das Sig­nal­buch fan­den Licht­sig­na­le erst mit der Aus­ga­be 1935 Ein­gang, in die die Sv-Sig­na­le, das Vor­rück- und das Er­satz­sig­nal auf­ge­nom­men wor­den wa­ren. Letz­te­res wur­de vor­her Ad-Sig­nal ge­nannt, da es den sonst schrift­lich zu über­brin­gen­den Be­fehl A, Teil d er­setz­te. Sonst fand sich im Signalbuch, Teil B nur der all­ge­mei­ne Pas­sus:

Die für die Dunkelheit geltenden Haupt- und Vorsignale
dürfen mit Genehmigung des Reichsverkehrsministers auch
bei Tag als L i c h t t a g e s s i g n a l e angewandt
werden. Die Lichter sind in diesem Fall an einem Schild
angebracht. Die Lichtstärke der Lichttagessignale ist
den äußeren Helligkeits- und Sichtverhältnissen anzu-
passen.

Diese Bestimmung war, ausschließlich des letz­ten Sat­zes, be­reits zum 1. Ok­to­ber 1930 in die dem Sig­nal­buch zu­grun­de­lie­gen­de Ei­sen­bahn-Sig­nal­ord­nung (ESO) auf­ge­nom­men wor­den, als in Deutsch­land – ausgenommen in Bayern, wo be­reits vor­her die Ge­schwin­dig­keit sig­na­li­siert wur­de – der Über­gang von der Wege- zur Ge­schwin­dig­keits­sig­nali­sie­rung statt­fand.

Das Ersatzsignal (Ad-Signal)

Wenn infolge einer Störung ein Haupt­sig­nal nicht in die Fahrt­stel­lung ge­bracht wer­den kann, muß dem Zug ein schrift­li­cher Be­fehl für die Vor­bei­fahrt am halt­zei­gen­den Sig­nal aus­ge­stellt und dem Lok­füh­rer über­bracht oder am evtl. vor­han­de­nen Sig­nal­fern­spre­cher dik­tiert wer­den. So­lan­ge die Zug­fol­ge nicht be­son­ders dicht ist, fällt die da­für er­for­der­li­che Zeit nicht son­der­lich ins Ge­wicht. Bei stär­ke­rem Ver­kehr kommt je­doch un­ter Um­stän­den be­reits der fol­gen­de Zug vor dem rück­ge­le­ge­nen Haupt­sig­nal au­ßer­plan­mä­ßig zum Hal­ten weil der fol­gen­de Ab­schnitt noch nicht ge­räumt ist. Noch kri­ti­scher wird es, wenn man Block­stel­len auf selbst­tä­ti­gen Be­trieb um­stel­len will, weil dann über­haupt kein Per­so­nal in der Nähe des Sig­nals vor­han­den ist. Um in sol­chen Fäl­len den Be­triebs­ab­lauf zu be­schleu­ni­gen, wur­den Über­le­gun­gen zu ei­nem fern­be­dien­ba­ren Ad-Sig­nal als Er­satz für den schrift­li­chen Be­fehl A, Teil d an­ge­stellt. Da­mit soll­ten zu­nächst nur die Ein­fahr­sig­na­le der Bahn­hö­fe mit sehr dich­ter Zug­fol­ge aus­ge­rü­stet wer­den, weil die­se Sig­na­le in der Re­gel in ei­ni­ger Ent­fer­nung zum Stell­werk ste­hen und des­halb der Weg dort­hin be­son­ders viel Zeit be­an­sprucht.

Zunächst beabsichtigte man, hierfür ein gel­bes Licht auf­leuch­ten zu las­sen. Da­ge­gen in­ter­ve­nier­te das Reichs­bahn­zen­tral­amt, weil da­mit das gel­be Licht als Sig­nal­far­be nicht mehr für an­de­re Zwecke ver­wend­bar ge­we­sen wäre und schlug statt­des­sen vor, den Buch­sta­ben A mit drei wei­ßen Lich­tern am Sig­nal an­zu­zei­gen. Au­ßer­dem er­prob­te man ne­ben der Dar­stel­lung des A durch drei Glüh­lam­pen auch ent­spre­chend ge­form­te Ne­on­lam­pen, die je­doch in­fol­ge von Er­schüt­te­run­gen oder durch un­sanf­te Be­hand­lung durch die mit me­cha­ni­schen An­la­gen mehr ver­trau­ten In­stand­hal­tungs­per­so­na­le zu leicht bra­chen. Auch die Aus­füh­rung als von hin­ten be­leuch­te­tes Trans­pa­rent mit dem Bild Ad wur­de er­wo­gen. Letzt­lich ging man wie vor­ge­schla­gen dazu über, das A durch drei ent­spre­chend an­ge­ord­ne­te wei­ße Lich­ter dar­zu­stel­len. Hier­für wur­den drei klei­ne Fres­nel­lin­sen in ei­nem etwa drei­ecki­gen Blech­ge­häu­se ver­wen­det, hin­ter de­nen die Lam­pen pla­ziert wa­ren. Das Er­satz­sig­nal wur­de im Ber­li­ner Raum erst­mals 1926 in grö­ße­rem Um­fang auf der im fol­gen­den Ab­schnitt be­schrie­be­nen Stre­cke Pots­da­mer Vor­ort­bahn­hof—Lich­ter­fel­de Ost ver­wen­det und spä­ter auch auf an­de­ren Vor­ort­stre­cken ein­ge­führt. Zwi­schen Gru­ne­wald und Ni­ko­las­see, da­mals noch ein Stre­cken­ab­schnitt mit Ge­mein­schafts­be­trieb der Fern- und Vor­ort­zü­ge, gal­ten die Er­satz­sig­na­le zu­nächst nur für die Vor­ort­zü­ge, die be­tref­fen­den Er­satz­sig­nal­ta­sten hat­ten ein ent­spre­chen­des Zu­satz­schild „Nur für Vor­ort­zü­ge“. Erst als das Er­satz­sig­nal all­ge­mein ein­ge­führt wur­de, durf­te es dann für alle Züge be­nutzt wer­den. Die Be­zeich­nung „Er­satz­sig­nal“ wur­de mit der Neu­aus­ga­be der Fahr­dienst­vor­schrif­ten (FV) von 1933 ein­ge­führt, in der der Teil d des Be­fehls A nach b auf­ge­rückt war. All­ge­mein wur­den Er­satz­sig­na­le da­mals nur für Ein­fahr­sig­na­le, in Aus­nah­me­fäl­len auch für wich­ti­ge Block­sig­na­le vor­ge­se­hen. Die ge­ne­rel­le Aus­rü­stung der Haupt­sig­na­le mit Er­satz­sig­na­len wur­de erst nach dem Krieg Stan­dard.

Die Ersatzsignale wurden mit einer Taste be­dient, mit der ein Zähl­werk ge­kop­pelt war, so daß jede Be­die­nung re­gi­striert wer­den konn­te. Hier­für wur­de und wird noch heu­te ein schrift­li­cher Nach­weis ge­führt. Das Er­satz­sig­nal wird in der Re­gel nach 90 Se­kun­den zeit­ver­zö­gert ge­löscht. Auf ab­hän­gi­gen Stell­wer­ken kann das Er­satz­sig­nal eben­so wie die Haupt­sig­na­le nur un­ter Mit­wir­kung des Fahr­dienst­lei­ters in je­dem Ein­zel­fall be­dient wer­den.

Überhaupt wurden neue Signale und andere tech­ni­sche Neue­run­gen ger­ne im Ber­li­ner Raum er­probt. In Ber­lin war das Reichs­ver­kehrs­mi­ni­ste­rium, das Reichs­bahn­zen­tral­amt für Bau- und Be­triebs­tech­nik RZA bzw. RZB, als die für Neu­ent­wick­lun­gen bei Stell­werks- und Sig­nal­an­la­gen zu­stän­di­ge Stel­le, so­wie meh­re­re Sig­nal­bau­fir­men, dar­un­ter mit Sie­mens & Hal­ske (S&H) ei­ner der größ­ten ein­schlä­gi­gen Her­stel­ler an­säs­sig. Das S&H-Block­werk bil­de­te von 1928 an zu­sam­men mit der Sig­nal­ab­tei­lung der AEG so­wie den Ver­ei­nig­ten Ei­sen­bahn-Sig­nal­bau­an­stal­ten Max Jü­del, Stah­mer und Bruch­sal die Ver­ei­nig­ten Ei­sen­bahn­sig­nal­wer­ke VES, die nun der be­deu­tend­ste An­bie­ter auf dem deut­schen Markt wa­ren.

Selbstblock Potsdamer Vorort­bahnhof—Lich­ter­fel­de Ost

Um Erfahrungen mit selbsttätigen Block­an­la­gen zu sam­meln, wur­de 1926 in Vor­be­rei­tung der in Aus­sicht ge­nom­me­nen Aus­rü­stung der Ber­li­ner Stadt­bahn der Stre­cken­ab­schnitt Pots­da­mer Vor­ort­bahn­hof—Prie­ster­weg mit selbst­tä­ti­gen Block­an­la­gen von S&H und der Ab­schnitt Prie­ster­weg—Lich­ter­fel­de Ost mit sol­chen der AEG ver­se­hen. Die­se Stre­cke war be­reits 1903 mit 550 V Gleich­span­nung und seit­li­cher Strom­schie­ne elek­tri­fi­ziert wor­den. Den Selbst­block­an­la­gen gin­gen ab 1919 Ver­su­che mit Gleis­strom­krei­sen vor­aus, die auf dem er­sten Teil der Stre­cke bis Yorck­stra­ße statt­fan­den. Zu­sam­men mit der Er­rich­tung der Selbst­block­an­la­ge wur­de 1926 le­dig­lich ein Teil der vor­han­de­nen Form­sig­na­le durch Licht­sig­na­le er­setzt, die übri­gen zur Ver­ein­heit­li­chung dann 1927. Die vor­han­de­ne Block­tei­lung wur­de im we­sent­li­chen be­las­sen, sie er­mög­lich­te eine Zug­fol­ge von drei Mi­nu­ten. Ei­ni­ge Sig­nal­stand­or­te muß­ten je­doch zur Her­stel­lung aus­rei­chen­der Schutz­stre­cken im Zu­sam­men­hang mit der Ein­füh­rung der me­cha­ni­schen Fahr­sper­re ver­än­dert wer­den. Es gab nur zwei Stand­or­te, an de­nen der Ab­stand der auf­ein­an­der­fol­gen­den Haupt­sig­na­le so ge­ring war, daß Haupt- und Vor­sig­nal an ei­nem ge­mein­sa­men Mast be­fe­stigt wer­den muß­ten. Ein ent­spre­chen­des Foto ist mir lei­der nicht be­kannt. Die Haupt­sig­na­le zeig­ten die Be­grif­fe 7, 8a und ggf. 8b so­wie das noch nicht in die Sig­nal­ord­nung auf­ge­nom­me­ne Er­satz- und ggf. das Vor­rück­sig­nal, die Vor­sig­na­le die Be­grif­fe 9 und 10 der Sig­nal­ord­nung von 1907. Dies ent­spricht den Be­grif­fen Hp 0, Hp 1 und Hp 2 so­wie Ve 5 und Ve 6, bei den Vor­sig­na­len Vo 1 und Vo 2 nach der Sig­nal­ord­nung von 1935. Die Haupt­sig­na­le hat­ten ge­trenn­te La­ter­nen für Haupt- und Er­satz­rot. Das Er­satz­rot wur­de beim Ver­lö­schen des Haupt­ro­tes selbst­tä­tig ein­ge­schal­tet und leuch­te­te et­was dunk­ler, was durch das Zug­per­so­nal er­kannt und ge­mel­det wer­den soll­te. Als Sig­nal­la­ter­nen wur­den we­gen der mit 200 m ge­for­der­ter Sicht­wei­te re­la­tiv ge­rin­gen An­for­de­run­gen sol­che mit Fres­nel­lin­sen ver­wen­det. Grund­stel­lung der voll­selbst­tä­ti­gen Block­sig­na­le war die Fahrt­stel­lung.

Hauptsignal mit Ersatzsignal und Streckenanschlag
Vorsignal
Haupt- und Vorsignal in der Nähe des Stellwerks Abm

Die Hauptsignale bekamen einen me­cha­ni­schen Stre­cken­an­schlag für die Zug­be­ein­flus­sung, um das Über­fah­ren halt­zei­gen­der Sig­na­le zu un­ter­bin­den. Die­ser wirkt bei halt­zei­gen­dem Haupt­sig­nal auf ei­nen rechts am Zug be­weg­lich be­fe­stig­ten He­bel, der die Haupt­luft­lei­tung des Zu­ges ent­lüf­tet, wenn er nach hin­ten, also ent­ge­gen der Fahrt­rich­tung um­ge­legt wird. Der Druck­ab­fall in der Haupt­luft­lei­tung führt zur so­for­ti­gen Zwangs­brem­sung des Zu­ges.

Wie auf dem Streckenband zu sehen ist, stehen die Sig­na­le am Ende der Bahn­stei­ge an ei­ni­gen Stel­len auf dem Bahn­steig und da­mit links vom zu­ge­hö­ri­gen Gleis, ob­wohl in Deutsch­land we­gen des Rechts­fahr­be­trie­bes die Sig­na­le grund­sätz­lich rechts ste­hen. Die­se Sig­na­le wur­den links auf­ge­stellt, wenn dem nicht an­de­re Grün­de ent­ge­gen­ste­hen, um der Bahn­steig­auf­sicht, die den Ab­fahr­auf­trag erst bei Fahrt­stel­lung des Sig­nals er­tei­len durf­te, das Be­ob­ach­ten des Sig­nals zu er­mög­li­chen, was auch heu­te noch bei der Ber­li­ner S-Bahn prak­ti­ziert wird.

Streckenband Pov—Lio
Streckenbänder Potsdamer Vorortbahnhof—Lichterfelde Ost

Die Gleise wurden ein- oder zwei­schie­nig iso­liert und mit Gleis­strom­krei­sen ver­se­hen. Dazu wer­den die Schie­nen durch Iso­lier­stö­ße un­ter­bro­chen, am Ende ei­nes Block­ab­schnit­tes wird eine ge­rin­ge Wech­sel­span­nung an die Schie­nen ge­legt (im Bild bei Tx), die am An­fang des Block­ab­schnit­tes ein Re­lais (im Bild Rx) zum An­zug bringt, so­lan­ge der Ab­schnitt nicht durch Fahr­zeug­ach­sen kurz­ge­schlos­sen wird. Das Gleis­re­lais steu­ert die Stel­lung des Sig­nals am An­fang der Block­stre­cke, so daß ein in den Ab­schnitt ein­ge­fah­re­ner Zug durch Halt­sig­nal ge­deckt ist. Wird der Ab­schnitt vom Zug ge­räumt, kann das Gleis­re­lais wie­der an­zie­hen und das Sig­nal ge­langt in die Fahrt­stel­lung. Der Ab­stand der Sig­na­le un­ter­ein­an­der wird da­bei so be­mes­sen, daß ein Block­sig­nal so recht­zei­tig wie­der in die Fahrt­stel­lung kom­men kann, daß der fol­gen­de Zug noch die Ver­wand­lung des zu­ge­hö­ri­gen Vor­sig­nals von der Warn- in die Frei­stel­lung wahr­neh­men kann. Die Gleis­strom­krei­se auf dem Ab­schnitt der AEG wa­ren ein­schie­nig iso­liert, auf dem S&H-Ab­schnitt zwei­schie­nig.

Schema des Funktionsprinzips der Blockanlagen
Funktionsprinzip der Blockanlagen

Falls ein Zug unbeabsichtigt ein halt­zei­gen­des Sig­nal über­fährt, könn­te er den vor­aus­ge­fah­re­nen Zug ge­fähr­den, wenn die­ser un­mit­tel­bar hin­ter dem Iso­lier­stoß ste­hen­ge­blie­ben sein soll­te. Des­halb wird der Iso­lier­stoß um die Schutz­stre­cke hin­ter das Sig­nal ge­legt, das war hier mit 200 Me­tern der vol­le Brems­weg für die Höchst­ge­schwin­dig­keit von 50 km/h, oder das Sig­nal ent­spre­chend ent­ge­gen der Fahrt­rich­tung ver­setzt. Dann wird der Gleis­strom­kreis erst ge­räumt und da­mit das rück­ge­le­ge­ne Sig­nal erst frei­ge­ge­ben nach­dem die Schutz­stre­cke frei­ge­fah­ren ist.

Schema des Funktionsprinzips der Blockanlagen bei Störungen
Funktionsprinzip der Blockanlagen bei Störungen

Sollte ein Signal in der Fahrtstellung ver­blei­ben oder voll­stän­dig ver­lö­schen, in bei­den Fäl­len blie­be ein Zug un­ge­deckt, so ver­bleibt das rück­ge­le­ge­ne Sig­nal in der Halt­stel­lung. Da ein selb­stän­di­ges Vor­bei­fah­ren am halt­zei­gen­den Sig­nal auf Sicht, wie es spä­ter mit den Sv-Sig­na­len ein­ge­führt wur­de, hier noch nicht vor­ge­se­hen war, muß­te dem Zug Er­satz­sig­nal ge­ge­ben wer­den. Um den zu­stän­di­gen Fahr­dienst­lei­ter auf­merk­sam zu ma­chen, soll­te durch das Zug­per­so­nal eine ei­ni­ge Me­ter vor dem Sig­nal auf­ge­stell­te Ta­ste ge­drückt wer­den, die im Stell­werk eine Hupe er­tö­nen ließ. Der Fahr­dienst­lei­ter hat­te dann das Mel­de­bild auf der im Stell­werk an­ge­ord­ne­ten Gleis­ta­fel, auf der der Frei- bzw. Be­setzt­zu­stand – Aus­leuch­tung hell bzw. dun­kel – der ein­zel­nen Iso­lier­ab­schnit­te dar­ge­stellt wur­de aus­zu­wer­ten und dann ggf. für den Zug das Er­satz­sig­nal zu be­die­nen.

Die Schaltanlage wurde je Hauptsignal in ei­nem Schalt­schrank oder auf dem S&H-Ab­schnitt, wenn der er­for­der­li­che Platz vor­han­den war, in ge­mau­er­ten Schalt­häus­chen un­ter­ge­bracht. Ein S&H-Schrank bzw. Schalt­haus be­her­berg­te da­bei die Schalt­ein­rich­tun­gen für eine kom­plet­te Block­stel­le, also für zwei Block­sig­na­le. Ver­mut­lich wa­ren auch für die nicht­selbst­tä­ti­gen Sig­na­le, also sol­che, die Wei­chen zu de­cken hat­ten und des­halb von ei­nem Stell­werk ge­stellt wur­den, Schrän­ke auf­ge­stellt. Da­mit ließ sich ein Teil der An­la­ge au­ßer­halb des Stell­werks un­ter­brin­gen, was un­ter Um­stän­den eine Er­wei­te­rung des Ge­bäu­des er­spar­te. Das Bild des S&H-Schran­kes ent­stand ver­mut­lich auf Höhe des Post­bahn­hofs Lucken­wal­der Stra­ße an der ehe­ma­li­gen Block­stel­le Hoch­bahn (Bk 38).

Blockschrank von S&H
Blockschrank der AEG
Blockschränke S&H und AEG

Die Selbstblockanlage blieb in dieser Form bis zum Jahr 1943 in Be­trieb, dann wur­de die Stre­cke zur An­pas­sung an die in­zwi­schen im stär­ker be­la­ste­ten Teil des S-Bahn­net­zes ein­ge­führ­ten Sv-Sig­na­le eben­falls auf Sv-Sig­na­le um­ge­stellt. Än­de­run­gen muß es vor­her je­doch be­reits mit der In­be­trieb­nah­me des süd­li­chen Teils des Nord­süd­tun­nels 1939 ge­ge­ben ha­ben, der durch­ge­hend mit Sv-Sig­na­len aus­ge­rü­stet wor­den war. Mit der In­be­trieb­nah­me des Tun­nels wur­de die alte Vor­ort­stre­cke vom Pots­da­mer Ring- und Vor­ort­bahn­hof bis Yorck­stra­ße und da­mit wohl auch die selbst­tä­ti­gen Sig­nal­an­la­gen auf die­sem Ab­schnitt auf­ge­ge­ben.



Letzte Änderung am 30.4.2004
© Steffen Buhr