Inhaltsübersicht
I. Allgemeine Vorschriften § 1 Grundforderungen § 2 Bahnen besonderer Bauart § 3 Aufsicht II. Bahnanlagen § 4 Linienführung § 5 Spurweite § 6 Gleislage § 7 Gleisneigung und Gleisbögen § 8 Signale, Kennzeichen und Nachrichtenmittel § 9 Haltestellen § 10 Kreuzungen mit Bahnen § 11 Wegübergänge § 12 Oberbau § 13 Brücken § 14 Stromerzeugungs-, Stromverteilungs-, Werkstätten- und Leitungsanlagen III. Fahrzeuge § 15 Räder und Radstand § 16 Federung § 17 Bahnräumer und Fangschutzvorrichtungen § 18 Bremsen § 19 Sandstreuung § 20 Plattformverschlüsse § 21 Ausrüstung mit Warnungs- und Verständigungseinrichtungen § 22 Beschriftung der Fahrzeuge § 23 Zulassung und Untersuchung IV. Bahnbetrieb § 24 Betriebsleitung § 25 Betriebsbedienstete |
§ 26 Unterhaltung, Untersuchung und Bewachung der Bahn § 27 Zugbildung § 28 Zugsignale § 29 Zugpersonal § 30 Bremsprobe und Bremsbedienung § 31 Signale des Zugpersonals § 32 Zielschilder § 33 Besetzung der Wagen § 34 Zugfolge § 35 Fahrgeschwindigkeit § 36 Befahren von Bahnkreuzungen § 37 Schieben der Züge § 38 Stillstehende Fahrzeuge § 39 Güterzüge § 40 Betriebsunfälle und -störungen V. Bestimmungen über das Betreten und die Benutzung der Bahn § 41 Betreten der Bahnanlagen § 42 Verkehrsregelung an Übergängen § 43 Verhalten der Fahrgäste § 44 Ausschluß von der Beförderung § 45 Zuwiderhandlung VI. Schlußbestimmungen § 46 Anordnungen § 47 Hilfspolizeibeamte § 48 Ausführungsbestimmungen § 49 Ausnahmen § 50 Inkrafttreten |
Auf Grund des § 39 des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. Dezember 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 1217) — im folgenden Gesetz genannt — wird verordnet:
(1) Die Straßenbahnen müssen den Anforderungen entsprechen, die an ein dem öffentlichen Verkehr dienendes Unternehmen zu stellen sind.
(2) Für die Herstellung und Unterhaltung von Bahnanlagen und Fahrzeugen und für den Betrieb der Straßenbahnen sind Sicherheit und Ordnung oberster Grundsatz.
Über Bau und Betrieb von Straßenbahnen, die als Hoch- und Untergrundbahnen, als Schwebebahn, Zahnradbahn oder Seilbahn ausgeführt sind oder neu angelegt werden, erläßt die Aufsichtsbehörde ergänzende Bestimmungen, die der Genehmigung des Reichsverkehrsministers bedürfen.
(1) Die Aufsicht über Bau und Betrieb der Straßenbahnen (technische Aufsicht) wird von den Reichsbevollmächtigten für Bahnaufsicht ausgeübt, in deren Bezirk der Sitz der Betriebsleitung liegt.
(2) Für die Verwaltungsaufsicht sind die im § 1 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes vom 26. März 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 473) bezeichneten Behörden (Genehmigungsbehörden) zuständig.
(3) In Zweifelsfällen entscheidet der Reichsverkehrsminister.
(1) Es ist eine für den Bahnbetrieb und den Straßenverkehr günstige Linienführung anzustreben.
(2) Straßenbahnlinien, die innerhalb des Verkehrsraums einer öffentlichen Straße neu angelegt oder verlegt werden, sind in bebauten Ortsteilen im allgemeinen in der Straßenmitte anzuordnen. Soweit hiervon abgewichen werden muß, darf der Verlauf innerhalb der Fahrbahn von einer Seite nach der anderen hin nur gewechselt werden, wenn es nach den Umständen unvermeidbar ist.
(3) Außerhalb der Ortslage dürfen Straßenbahnen im Straßenkörper von Reichsstraßen und Straßen erster Ordnung nur dort angelegt werden, wo eine andere Linienführung nicht möglich ist.
(1) Für jede Straßenbahn ist ein Grundmaß der Spurweite festzulegen. Die Spurweite ist das lichte Maß zwischen den Schienenköpfen, 9 Millimeter unter der Schienenoberkante und senkrecht zur Gleisachse gemessen.
(2) Für Spurerweiterungen in Gleisbögen oder als Folge des Betriebs und für Spurverengungen sind Grenzmaße festzusetzen. Dabei ist die Bauart der Fahrzeuge zu berücksichtigen.
(1) Gleise, die jedermann zugänglich sind, müssen so verlegt sein, daß die am weitesten ausladenden Teile der Fahrzeuge
a) von allen festen Gegenständen und
b) von den am weitesten ausladenden Teilen von Fahrzeugen, die sich auf einem Nachbargleis befinden,
einen Mindestabstand haben, der auch beim Absetzen oder Stapeln von Gegenständen neben den Gleisen einzuhalten ist. Der Mindestabstand ist für neue und bestehende Anlagen auch in den verschiedenen Höhenbereichen festzusetzen.
(2) Für alle übrigen Gleise können die Mindestabstände nach Absatz 1 bei entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen unterschritten werden.
(3) Für Schienen, die in die Fahrbahnen von Straßen eingebettet werden, ist eine obere Grenze für die Rillenbreite festzulegen.
Unter Berücksichtigung der Bauart der Fahrzeuge und der Betriebsverhältnisse sind
a) die stärkste Längsneigung der Gleise,
b) der kleinste zulässige Halbmesser der Gleisbögen,
c) das Maß der Überhöhung des äußeren Schienenstranges eines Gleisbogens gegenüber dem inneren
festzulegen. Das Maß der Überhöhung darf nur unterschritten werden, wenn es die örtlichen Straßenverhältnisse erfordern. Das Längs- und Querprofil der Straße darf durch eine Überhöhung nicht unzulässig verändert werden.
(1) In welchem Umfang Signale und Kennzeichen anzuwenden sind, ist für jede Bahn besonders festzusetzen.
(2) Im ganzen Streckennetz muß für die Betriebsbediensteten ausreichend Gelegenheit sein, sich durch Fernsprecher oder andere Nachrichtenmittel mit der Betriebsleitung, den Betriebsbahnhöfen und anderen Betriebsstellen zu verständigen.
(3) Signale und Kennzeichen an Strecken innerhalb des Verkehrsraums einer öffentlichen Straße dürfen den Bestimmungen der Verordnung über das Verhalten im Straßenverkehr (Straßenverkehrs-Ordnung) vom 13. November 1937 (Reichsgesetzbl. I S. 1179) nicht widersprechen.
(4) Auf Bahnabschnitten außerhalb des Verkehrsraums einer öffentlichen Straße dürfen die Zeichen der Eisenbahn-Signalordnung angewendet werden. Die Abschnitte sind festzulegen.
(1) Haltestellen sollen, soweit es die verkehrlichen Rücksichten gestatten, betrieblich günstig angelegt werden.
(2) Die Haltestellen in öffentlichen Straßen müssen für die Triebwagenführer und für die Straßenbenutzer gut zu erkennen sein.
(3) Der Reichsverkehrsminister kann einheitliche Haltestellenzeichen vorschreiben.
(1) Höhengleiche Kreuzungen mit Eisenbahnen, die der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung unterstehen, sind nur mit Genehmigung des Reichsverkehrsministers zulässig.
(2) Auf die im Abs. 1 bezeichneten Kreuzungen finden die Bestimmungen der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung über die Kreuzung mit Bahnen Anwendung.
(3) Bei höhengleichen Kreuzungen
a) von Straßenbahnen untereinander, von denen mindestens eine außerhalb des Verkehrsraums einer öffentlichen Straße liegt,
b) von Straßenbahnen mit anderen Schienenbahnen, die der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung nicht unterstehen,
kann der Reichsverkehrsminister die Genehmigungsbefugnis auf andere Stellen übertragen.
(1) Bei Straßenbahnen außerhalb des Verkehrsraums einer öffentlichen Straße sind die Wegübergänge, die für herannahende Schienenfahrzeuge freizumachen sind (§ 42), mit Warnkreuzen zu versehen.
(2) Die Aufsichtsbehörden können nach Lage der örtlichen Verhältnisse Ausnahmen zulassen oder weitergehende Sicherungsmaßnahmen verlangen.
Die Tragfähigkeit des Oberbaus muß stets den größten Beanspruchungen genügen, die sich aus Raddruck und Fahrgeschwindigkeit ergeben.
(1) Die Tragfähigkeit der Brücken muß den größten auf der Bahn vorkommenden Verkehrslasten entsprechen.
(2) Die bahneigenen Brücken sind in angemessenen Zeiträumen eingehend zu prüfen. Für die Prüfung sind Fristen festzusetzen.
(3) Der Unternehmer hat für bahneigene Brücken Brückenbücher zu führen, die Angaben über Art, Baujahr und Ortsbezeichnung der Brücke sowie das Prüfungsergebnis enthalten müssen.
(1) Für die Stromerzeugungs-, Stromverteilungs-, Werkstätten- und Leitungsanlagen sind die Vorschriften des Verbandes Deutscher Elektrotechniker maßgebend, soweit der Reichsverkehrsminister für Straßenbahnen nicht anderes bestimmt. Sie gelten auch, wenn eigene und fremde Leitungsanlagen sich kreuzen oder einander nähern.
(2) Die elektrische Arbeit darf von bahnfremden Kraftwerken bezogen werden wenn die liefernden Kraftwerke
a) den Anforderungen des Bahnbetriebs dauernd mit der nötigen Sicherheit entsprechen können und
b) sich verpflichten, jederzeit Besichtigungen der der Bahnstromversorgung dienenden Energieanlagen durch den Unternehmer oder die Aufsichtsbehörde zuzulassen.
(3) Für das Anbringen oder Errichten von Haltevorrichtungen für die Oberleitung gelten die Bestimmungen über die Duldung öffentlicher Vorrichtungen auf Grundstücken und an Baulichkeiten im § 3 der Straßenverkehrs-Ordnung sinngemäß. Die Polizeibehörde (§ 1 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes) entscheidet, ob und in welcher Höhe die Straßenbahn eine Entschädigung zu leisten hat. Gegen die Entscheidung der Polizeibehörde findet die Beschwerde nach § 35 Abs. 1 des Gesetzes statt.
(1) Die Räder müssen Spurkränze haben. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.
(2) Für jede Fahrzeuggattung sind die zulässigen Abnutzungsgrenzen für Spurkränze und Radreifen festzulegen.
(3) Die Räder sind so anzuordnen und zu lagern, daß alle Gleisbögen sicher durchfahren werden können.
Die dem öffentlichen Verkehr dienenden Fahrzeuge sind gut abzufedern.
An den Untergestellen der Fahrzeuge sind dicht vor den Rädern sicher wirkende Bahnräumer oder Fangschutzvorrichtungen anzubringen. Sie sollen möglichst weit herabreichen und dürfen durch andere Fahrzeugteile in ihrer betriebssicheren Wirkung nicht beeinträchtigt werden.
(1) Alle für die Beförderung von Fahrgästen bestimmten Fahrzeuge müssen mindestens zwei jederzeit leicht bedienbare Bremsen haben; eine von ihnen muß eine Handbremse sein. Beide Bremsen können auf dasselbe Bremsgestänge wirken.
(2) Handbremsen sind so einzurichten, daß beim Bremsen
a) Kurbeln oder Handräder im Uhrzeigersinn gedreht,
b) Hebelbremsen in Richtung auf den Körper des Bremsenden bewegt werden müssen und
c) ein unbeabsichtigtes Zurückschnellen der Kurbeln und Handräder verhütet wird.
(3) Wenn ein Betrieb mit Triebwagen und Beiwagen vorgesehen ist, muß eine der Bremsen als durchgehende Bremse ausgebildet sein, so daß sie vom Führerstand aus bedient werden kann. Hiervon darf nur abgewichen werden,
a) wenn die Besetzung der Handbremsen bei den Beiwagen vorgeschrieben wird oder
b) bei Betrieb mit nur einem Beiwagen, wenn der Beiwagen durch den Triebwagen sicher mit abgebremst werden kann.
(4) Für die durchgehende Bremse ist eine ausreichende mittlere Bremsverzögerung festzusetzen. Sie richtet sich nach den Streckenverhältnissen, der Fahrgeschwindigkeit und den Verkehrsrücksichten.
(5) Bei neuen Triebwagen ist außerdem eine mittlere Bremsverzögerung für die Handbremse festzusetzen
Triebwagen müssen sicher wirkende Sandstreuvorrichtungen haben, die von dem jeweils vorderen Fahrerstand aus bedienbar und so eingerichtet sind, daß der Sand auf beide Schienen vor die ersten gebremsten Räder fällt.
(1) Die Plattformen müssen Abschlußvorrichtungen haben, damit ein Ein- und Aussteigen auf der falschen Seite verhindert werden kann.
(2) Die Plattformen der im regelmäßigen Betrieb benutzten Triebwagen müssen einen Wetterschutz und einen Blendschutz für den Fahrer haben.
(1) Auf jedem Fahrerstand müssen die zur Warnung von Teilnehmern am Straßenverkehr erforderlichen Vorrichtungen vorhanden sein. Die Stärke ihrer Wirkung hat sich nach den örtlichen Verhältnissen zu richten. Der Fahrer muß Richtungsänderungen durch besondere Einrichtungen anzeigen können, die auch bei Tageslicht voll wirksam sind.
(2) Alle Fahrzeuge müssen mit Einrichtungen versehen sein, die es den Bediensteten ermöglichen, sich untereinander zu verständigen.
(1) An den Fahrzeugen sind anzuschreiben:
1. die Bezeichnung des Unternehmens,
2. die Wagennummer,
3. das Eigengewicht,
4. das Ladegewicht bei Wagen, die nicht der Personenbeförderung dienen,
5. der Zeitpunkt der letzten Hauptuntersuchung,
6. die Anzahl der Sitz- und Stehplätze.
(2) Diese Anschriften müssen eindeutig und gut sichtbar sein. Ihre Wirkung darf durch Aufschriften und dergleichen, auch durch Außenwerbung nicht beeinträchtigt werden.
(1) Neue oder umgebaute Fahrzeuge dürfen erst in Betrieb genommen werden, nachdem sie zugelassen worden sind.
(2) Alle dem öffentlichen Verkehr dienenden Fahrzeuge sind nach einer Betriebsleistung von 200.000 Wagen-Kilometern, mindestens aber alle fünf Jahre einer eingehenden Untersuchung (Hauptuntersuchung) zu unterziehen. Für abgestellte Fahrzeuge sind Erleichterungen zulässig.
(3) Für Dampffahrzeuge und Fahrzeuge außergewöhnlicher Bauart, Antriebsweise oder Zweckbestimmung sind Bau, Abnahme und Untersuchung besonders zu regeln.
(1) Der Unternehmer hat einen Betriebsleiter zu bestellen, der für die sichere und ordnungsmäßige Betriebsführung und für die Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung verantwortlich ist. Bei großen Unternehmen können mehrere für einzelne Betriebszweige verantwortliche Betriebsleiter bestellt werden. Für den Betriebsleiter soll ein Stellvertreter bestellt werden.
(2) Betriebsleiter und Stellvertreter müssen von der Aufsichtsbehörde bestätigt werden. Die Bestätigung ist zu versagen, wenn die erforderliche persönliche Eignung und technische Vorbildung fehlt. Die Aufsichtsbehörde kann die Bestätigung aus wichtigem Grunde widerrufen.
(3) Der Reichsverkehrsminister kann über die Aufgaben der Betriebsleitung und für die Bestellung der Betriebsleiter Richtlinien erlassen.
(1) Für die Verwendung im äußeren Betriebsdienst müssen die Bediensteten tauglich, ausgebildet, geprüft, mindestens 21 Jahre alt und unbescholten sein. Bei einfachen Betriebsverhältnissen kann eine Herabsetzung des Alters auf 18 Jahre genehmigt werden. Dies gilt nicht für die Fahrer von Triebfahrzeugen und für Bedienstete mit den Befugnissen eines Hilfspolizeibeamten.
(2) Über jeden Bediensteten sind Personalakten zu führen.
(3) Den Betriebsbediensteten sind nach Bedarf für die Ausübung ihres Dienstes Dienstanweisungen zu geben.
(1) Die Bahn ist so zu unterhalten, daß jede Strecke ohne Gefahr mit der größten für sie zulässigen Geschwindigkeit befahren werden kann.
(2) Die Bahn muß regelmäßig auf ihren ordnungsmäßigen Zustand untersucht werden.
(3) Es ist festzulegen, welche Wegübergänge oder anderen Teile der Bahn zu bewachen sind.
(1) Züge können aus einem Triebwagen, aus mehreren Triebwagen oder aus Triebwagen und Beiwagen bestehen.
(2) Züge, die ausschließlich der Personenbeförderung dienen, dürfen nur Beiwagen mit durchgehender Bremse oder mit besetzten Handbremsen führen. Ausnahmen sind zulässig bei Zügen mit nur einem Beiwagen, wenn dieser durch den Triebwagen sicher mit abgebremst werden kann.
(3) Den Zügen für den öffentlichen Personenverkehr dürfen Wagen, die nicht der Personenbeförderung dienen, nur am Schluß und nur dann beigestellt werden, wenn sie eine durchgehende Bremse oder besetzte Handbremsen haben. Hiervon kann bei leichten Fahrzeugen abgesehen werden.
(1) An der Spitze eines jeden Zuges ist bei Dunkelheit oder unsichtigem Wetter mindestens eine helleuchtende Lampe zu führen, die die Fahrbahn ausreichend beleuchten muß. In ausreichend beleuchteten Straßen genügt das Zielschild.
(2) Am Schluß eines jeden Zuges muß bei Dunkelheit oder unsichtigem Wetter ein rot leuchtendes Schlußlicht oder ein Rückstrahler vorhanden sein.
(1) Das Zugpersonal besteht aus Fahrern und Schaffnern.
(2) Das Zugpersonal ist während des Fahrdienstes (Fahrt und Aufenthalt) nur einem Bediensteten zu unterstellen.
(3) Jeder Zug muß mit einem Fahrer und jeder den Fahrgästen zugängliche Wagen mit einem Schaffner besetzt sein. Abweichend hiervon versieht bei Zügen, die als Einmannwagen gefahren werden, der Fahrer zugleich den Dienst des Schaffners.
(1) Die Bremseinrichtungen sind vor jedem Betriebsbeginn zu prüfen. Für Strecken mit starken Neigungen sind Sonderbestimmungen über Bremsproben zu treffen.
(2) Für die sichere Abbremsung des Zuges ist der Fahrer verantwortlich. Wenn die Wirkung der vom Fahrer bedienten Bremsen nicht ausreicht, sind die Handbremsen der angehängten Wagen von den Schaffnern zu bedienen. Dies gilt besonders bei Störungen der durchgehenden Bremse.
(1) Der Fahrer muß folgende Signale geben:
a) Warnsignal bei Gefährdungen,
b) Signal für die Richtungsänderung, soweit der Straßenverkehr berührt wird.
(2) Zur Verständigung zwischen Schaffnern und Fahrern sind folgende Signale zu geben:
a) Abfahren,
b) Halten (Betriebsbremsung),
c) Notsignal (Schnellbremsung).
Das erste Fahrzeug eines fahrplanmäßigen Zuges muß vorn ein Zielschild tragen, das auch bei Dunkelheit gut sichtbar ist.
Die Wagen dürfen im allgemeinen nicht über die Zahl der angeschriebenen Sitz- und Stehplätze hinaus besetzt sein. Wenn aus Verkehrsgründen vorübergehend eine stärkere Besetzung unvermeidbar ist, so darf hierdurch das Zugpersonal nicht gehindert sein, neben seinen Dienstverrichtungen noch für die Sicherheit der Fahrgäste zu sorgen.
Ein Zug darf einem anderen nur in einem solchen Abstand folgen, daß er, selbst bei unvermutetem Halten des vorausfahrenden Zuges, auch bei ungünstigen Strecken-, Sicht- und Witterungsverhältnissen durch Betriebsbremsung rechtzeitig zum Halten gebracht werden kann. Darüber hinaus können im Bedarfsfall Sondermaßnahmen zur Regelung der Zugfolge angeordnet werden.
Für jede Strecke sind die Höchstgeschwindigkeit und die auf den einzelnen Abschnitten zulässigen größten Geschwindigkeiten festzulegen. Höchstgeschwindigkeiten über 60 Kilometer in der Stunde sind nur mit Genehmigung des Reichsverkehrsministers zulässig.
(1) Für das Befahren höhengleicher Kreuzungen mit Eisenbahnen, die der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung unterstehen, gelten die Bestimmungen der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung.
(2) Über das Vorrecht an höhengleichen Kreuzungen von
a) Straßenbahnen untereinander, von denen mindestens eine außerhalb des Verkehrsraums einer öffentlichen Straße liegt,
b) Straßenbahnen mit anderen Schienenbahnen, die der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung nicht unterstehen,
entscheiden die Aufsichtsbehörden der kreuzenden Bahnen.
(3) Ob und welche Sicherheitsmaßnahmen an den Kreuzungen nach Abs. 2 notwendig sind, richtet sich nach der Verkehrsart und der Verkehrsdichte der Bahnkreuzung.
Züge dürfen nur dann geschoben werden, wenn die vordere Plattform mit einem Betriebsbediensteten besetzt ist, der von dort aus die Fahr- und Warnsignale geben und die Bremse bedienen kann.
Stillstehende Fahrzeuge sind gegen unbeabsichtigtes Abrollen oder unbefugtes Ingangsetzen den örtlichen Verhältnissen entsprechend wirksam zu sichern. Auf öffentlichen Straßen stillstehende Fahrzeuge müssen außerdem von einem Bahnbediensteten beaufsichtigt oder abgeschlossen werden.
Für Züge, die ausschließlich der Güterbeförderung dienen (Güterzüge), sind die Zugbildung und die Durchführung der Züge in ergänzenden Bestimmungen zu regeln.
(1) Es ist Vorsorge zu treffen, daß bei Unfällen schnell Hilfe geleistet wird.
(2) Der Betreibsleiter muß alle Betriebsunfälle und -störungen unverzüglich untersuchen und mit Angaben von Zeit, Ort, Hergang sowie des Untersuchungsergebnisses und der erstatteten Meldungen in ein Verzeichnis eintragen lassen.
(3) der Betriebsleiter hat sofort Unfallmeldung zu erstatten:
a) an den Reichsverkehrsminister über Vorkommnisse, die ein besonderes öffentliches Aufsehen erregen,
b) an die Staatsanwaltschaft und die Ortspolizeibehörde über Unfälle, bei denen
1. ein Mensch getötet oder schwer verletzt worden ist,
2. der Verdacht einer strafbaren Handlung vorliegt,
c) an die Aufsichtsbehörden
1. über Unfälle, bei denen ein Mensch getötet oder schwer verletzt oder die Bahnanlagen erheblich beschädigt worden sind,
2. über Betriebsstörungen von längerer Dauer als 24 Stunden,
3. über Vorkommnisse, die öffentliches Aufsehen erregen, ohne Rücksicht darauf, ob Folgen der unter Nr. 1 und Nr. 2 bezeichneten Art eingetreten sind.
(1) Bahnanlagen die in der Fahrbahn einer öffentlichen Straße liegen, dürfen auch von dem anderen Straßenverkehr benutzt werden. Soweit sie nicht zugleich dem öffentlichen Verkehr dienen, dürfen sie nur an den dafür vorgesehenen Stellen betreten oder überschritten werden.
(2) Vertreter des Reichsverkehrsministers oder der Aufsichtsbehörden sind zum Betreten der Bahnanlagen berechtigt, wenn und soweit es zur Vornahme von Diensthandlungen notwendig ist. Das gleiche gilt für Offiziere und Beamte der Wehrmacht und Polizei sowie Zollbeamte, für andere Beamte nach Benachrichtigung des Betriebsleiters. Sie haben sich, soweit sie nicht durch Dienstkleidung kenntlich sind, entsprechend auszuweisen.
(3) Abgesehen von den Fällen des Absatzes 2 dürfen die nicht dem öffentlichen Verkehr dienenden Teile der Bahnanlagen nur mit besonderem Berechtigungsausweis betreten werden.
(1) An Kreuzungen von Straßenbahnen mit Straßen sind
a) für Straßenbahnen, die innerhalb des Verkehrsraums einer öffentlichen Straße liegen, die Bestimmungen der Straßenverkehrs-Ordnung maßgebend,
b) für Straßenbahnen, die außerhalb des Verkehrsraums einer öffentlichen Straße liegen, die Wegübergänge für herannahende Schienenfahrzeuge frei zu machen. Ausgenommen sind Wegübergänge auf Bahnabschnitten, die aus örtlichen Gründen nur auf kurze Strecken außerhalb der Straße verlaufen.
(2) An Wegübergängen müssen sich bei Annäherung an die Bahn oder beim Halten vor dem Übergang alle Verkehrsteilnehmer so verhalten, daß Gefährdungen, Behinderungen oder Beschädigungen der Bahn vermieden werden.
(3) Beim Überqueren der Bahn ist jeder unnötige Aufenthalt zu vermeiden.
(1) Die Fahrgäste haben sich bei Benutzung der Bahnanlagen und der Fahrzeuge so zu verhalten, wie es die Sicherheit und Ordnung des Bahnbetriebes und die Rücksicht auf andere gebieten.
(2) Den allgemeinen Anordnungen der Aufsichtsbehörden und den von ihnen genehmigten Anordnungen des Unternehmers ist Folge zu leisten. Das gleiche gilt für die zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung des Bahnbetriebs ergehenden Anordnungen der zu Hilfspolizisten bestellten Bahnbediensteten.
(1) Personen, Tiere und Sachen dürfen nur dann befördert werden, wenn sie die Mitfahrenden oder die Sicherheit und Ordnung des Betriebes nicht gefährden.
(2) Von der Beförderung sind insbesondere ausgeschlossen:
a) Betrunkene oder Personen mit ekelerregenden oder ansteckenden Krankheiten,
b) explosionsfähige, leicht entzündliche oder ätzende Stoffe.
(3) Schußbereite Waffen dürfen nur von Personen mitgeführt werden, die amtlich zur Führung einer Schußwaffe befugt sind.
Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der §§ 41 bis 44 werden nach § 41 des Gesetzes bestraft, soweit nicht nach anderen Vorschriften eine schwerere Strafe verwirkt ist.
Anordnungen auf Grund dieser Verordnung treffen, soweit keine andere Stelle ausdrücklich erwähnt ist und soweit sie nicht durch Ausführungsbestimmungen (§ 48) getroffen werden, die Aufsichtsbehörden.
Bahnbedienstete können nach Prüfung ihrer Eignung für den Bereich ihrer Dienstgeschäfte und für die Dauer der Tätigkeit im äußeren Betriebsdienst von den Landespolizeibehörden zu Hilfspolizeibeamten ernannt werden. Die Ernennung bedarf der Zustimmung der Bahnaufsichtsbehörden und ist jederzeit widerruflich.
(1) Im Einklang mit den Bestimmungen des Gesetzes und dieser Verordnung erläßt der Leiter der zuständigen Reichsverkehrsgruppe die erforderlichen Ausführungsbestimmungen über Bau und Betrieb der Straßenbahnen (Abschnitte II bis IV dieser Verordnung).
(2) Vor Erlaß der in Abs. 1 bezeichneten Ausführungsbestimmungen hört der Leiter der Reichsverkehrsgruppe einen Beirat, dessen Zusammensetzung vom Reichsverkehrsminister bestimmt wird.
(3) Die Ausführungsbestimmungen zu den Abschnitten II bis IV bedürfen keiner Genehmigung.
Ausnahmen und Abweichungen von den Bestimmungen dieser Verordnung bedürfen, soweit nicht den Aufsichtsbehörden die Befugnis hierzu eingeräumt ist, der Genehmigung des Reichsverkehrsministers.
Die Verordnung tritt am 1. April 1938 in Kraft.
Berlin, den 13. November 1937
Der Reichsverkehrsminister
Dorpmüller
Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit der Straßenbahnen
(Erl. d. RVM v. 26.11.1937 — K 7. 13 150 — RVBL. B. S. 134.)
Wie ich bereits in meinem Erlaß vom 21. September 1937 — K 7. 9684, RVBl. B S. 106 — betont habe, liegt der Zulassung höherer Fahrgeschwindigkeiten für die Straßenbahnen die Absicht zugrunde, den öffentlichen Nahverkehr auf jede Weise zu fördern. Die Straßenbahnen bedienen zur Zeit noch den größten Teil dieses Nahverkehrs. Namentlich in den Großstädten mit ausgedehnten Vorort- und Randsiedlungsbezirken ist es ein dringendes Erfordernis, daß die berufstätige Bevölkerung möglichst schnell ohne zu großen Zeitaufwand zu ihrer Arbeitsstätte und zurück befördert wird. Die notwendige Förderung und Beschleunigung dieses Berufsverkehrs müssen sich alle Stellen angelegen sein lassen. Entsprechend dem Grundsatz, daß Kraftfahrzeuge und Schienenfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr untereinander gleichberechtigt sind, dürfen — wie ich im Einvernehmen mit dem Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern bemerke — den Straßenbahnen in den von beiden Verkehrsmitteln benutzen Straßen aus verkehrspolizeilichen Gründen im allgemeinen keine weitergehenden Geschwindigkeitsbeschränkungen auferlegt werden, als für den Kraftfahrzeugverkehr vorgesehen ist. Wenn trotzdem den Straßenbahnen bestimmte Höchstgeschwindigkeitsgrenzen gesetzt sind (bis 60 km/h Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden darüber durch den Reichsverkehrsminister), so ist dies allein durch die Eigenart der Straßenbahn als Schienenfahrzeug und durch die daraus sich ergebenden Forderungen der Betriebssicherheit bedingt. Aus diesen grundsätzlichen Erwägungen ergibt sich bei Anträgen auf Erhöhung der Fahrgeschwindigkeiten der Straßenbahnen folgendes Genehmigungsverfahren:
1. Anträge auf Neufestsetzung der Höchstgeschwindigkeit sind an den zuständigen Reichsbevollmächtigten für Bahnaufsicht zu richten. Dieser entscheidet nach Benehmen mit der Verwaltungsaufsichtsbehörde über den Antrag. Dabei ist lediglich festzustellen, ob die Bestimmungen des Erlasses vom 12. November 1936 — K 7. 10 491, RVBl. B S. 360 — erfüllt sind und ob namentlich die vorgeschriebenen Versuchsfahrten eine hinreichende Betriebssicherheit bei der erhöhten Fahrgeschwindigkeit ergeben haben. Anträge auf Zulassung höherer Fahrgeschwindigkeiten als 60 km/h sind mir von dem zuständigen Reichsbevollmächtigten für Bahnaufsicht mit eingehendem Bericht, namentlich über das Ergebnis der Versuchsfahrten, nach Benehmen mit der Verwaltungsaufsichtsbehörde zur Entscheidung vorzulegen.
2. Die zulässigen größten Fahrgeschwindigkeiten auf den einzelnen Streckenabschnitten sind künftig von der Betriebsleitung der Straßenbahn unter eigener Verantwortung festzusetzen. Dabei sind die von der Verkehrspolizeibehörde in Ausführung der Straßenverkehrs-Ordnung getroffenen Verkehrsbestimmungen zu beachten. Einer Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden bedarf es nicht, solange die zulässigen größten Fahrgeschwindigkeiten auf den einzelnen Streckenabschnitten die nach Ziff. 1 genehmigte Höchstgeschwindigkeit nicht überschreiten. Die von der Betriebsleitung festgesetzten größten Fahrgeschwindigkeiten sind den Aufsichtsbehörden mitzuteilen.
3. In die Genehmigungsurkunden der Straßenbahnen sind künftig Bestimmungen über Fahrgeschwindigkeiten nicht mehr aufzunehmen, da durch die Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen nebst Ausführungsanweisung die Höhe der Fahrgeschwindigkeit besonders geregelt wird. In den Genehmigungsurkunden, die dieser Anordnung noch widersprechen, sind gelegentlich der Anträge auf Erhöhung der Fahrgeschwindigkeiten die Bestimmungen über die Geschwindigkeit zu streichen. In den auf Grund des Erlasses vom 19. Oktober 1935 — K 2. 8195, RVBl. B S. 52 — ausgestellten neuen Genehmigungsurkunden, deren Form den Richtlinien des Erlasses vom 9. April 1935 — K 2. 2613, RVBl. B S. 52 — entsprechen, dürfen Bestimmungen über die Fahrgeschwindigkeiten nicht mehr enthalten sein.