Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen

(Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung — BO Strab)

Vom 13. November 1937. (Reichsgesetzbl. I S. 1247)

Inhaltsübersicht

I. Allgemeine Vorschriften

§   1 Grundforderungen

§   2 Bahnen besonderer Bauart

§   3 Aufsicht

II. Bahnanlagen

§   4 Linienführung

§   5 Spurweite

§   6 Gleislage

§   7 Gleisneigung und Gleisbögen

§   8 Signale, Kennzeichen und Nach­rich­ten­mit­tel

§   9 Haltestellen

§ 10 Kreuzungen mit Bahnen

§ 11 Wegübergänge

§ 12 Oberbau

§ 13 Brücken

§ 14 Stromerzeugungs-, Stromverteilungs-, Werk­stät­ten- und Lei­tungs­an­la­gen

III. Fahrzeuge

§ 15 Räder und Radstand

§ 16 Federung

§ 17 Bahnräumer und Fangschutzvorrichtungen

§ 18 Bremsen

§ 19 Sandstreuung

§ 20 Plattformverschlüsse

§ 21 Ausrüstung mit Warnungs- und Ver­stän­di­gungs­ein­rich­tun­gen

§ 22 Beschriftung der Fahrzeuge

§ 23 Zulassung und Untersuchung

IV. Bahnbetrieb

§ 24 Betriebsleitung

§ 25 Betriebsbedienstete

§ 26 Unterhaltung, Untersuchung und Be­wa­chung der Bahn

§ 27 Zugbildung

§ 28 Zugsignale

§ 29 Zugpersonal

§ 30 Bremsprobe und Bremsbedienung

§ 31 Signale des Zugpersonals

§ 32 Zielschilder

§ 33 Besetzung der Wagen

§ 34 Zugfolge

§ 35 Fahrgeschwindigkeit

§ 36 Befahren von Bahnkreuzungen

§ 37 Schieben der Züge

§ 38 Stillstehende Fahrzeuge

§ 39 Güterzüge

§ 40 Betriebsunfälle und -störungen

V. Bestimmungen über das Be­tre­ten und die Be­nut­zung der Bahn

§ 41 Betreten der Bahnanlagen

§ 42 Verkehrsregelung an Übergängen

§ 43 Verhalten der Fahrgäste

§ 44 Ausschluß von der Beförderung

§ 45 Zuwiderhandlung

VI. Schlußbestimmungen

§ 46 Anordnungen

§ 47 Hilfspolizeibeamte

§ 48 Ausführungsbestimmungen

§ 49 Ausnahmen

§ 50 Inkrafttreten


Auf Grund des § 39 des Gesetzes über die Be­för­de­rung von Per­so­nen zu Lan­de vom 4. De­zem­ber 1934 (Reichs­ge­setz­bl. I S. 1217) — im fol­gen­den Ge­setz ge­nannt — wird ver­ord­net:

I. Allgemeine Vorschriften

§ 1 Grundforderungen

(1) Die Straßenbahnen müssen den An­for­de­run­gen ent­spre­chen, die an ein dem öf­fent­li­chen Ver­kehr die­nen­des Un­ter­neh­men zu stel­len sind.

(2) Für die Herstellung und Unterhaltung von Bahn­an­la­gen und Fahr­zeu­gen und für den Be­trieb der Stra­ßen­bah­nen sind Si­cher­heit und Ord­nung ober­ster Grund­satz.

§ 2 Bahnen besonderer Bauart

Über Bau und Betrieb von Straßenbahnen, die als Hoch- und Unter­grund­bah­nen, als Schwe­be­bahn, Zahn­rad­bahn oder Seil­bahn aus­ge­führt sind oder neu an­ge­legt wer­den, er­läßt die Auf­sichts­be­hör­de er­gän­zen­de Be­stim­mun­gen, die der Ge­neh­mi­gung des Reichs­ver­kehrs­mi­ni­sters be­dür­fen.

§ 3 Aufsicht

(1) Die Aufsicht über Bau und Betrieb der Stra­ßen­bah­nen (tech­ni­sche Auf­sicht) wird von den Reichs­be­voll­mäch­tig­ten für Bahn­auf­sicht aus­ge­übt, in de­ren Be­zirk der Sitz der Be­triebs­lei­tung liegt.

(2) Für die Verwaltungsaufsicht sind die im § 1 der Ver­ord­nung zur Durch­füh­rung des Ge­setzes vom 26. März 1935 (Reichs­ge­setz­bl. I S. 473) be­zeich­ne­ten Be­hör­den (Ge­neh­mi­gungs­be­hör­den) zu­stän­dig.

(3) In Zweifelsfällen entscheidet der Reichs­ver­kehrs­mi­ni­ster.

II. Bahnanlagen

§ 4 Linienführung

(1) Es ist eine für den Bahnbetrieb und den Stra­ßen­ver­kehr gün­sti­ge Li­nien­füh­rung an­zu­stre­ben.

(2) Straßenbahnlinien, die innerhalb des Ver­kehrs­raums ei­ner öf­fent­li­chen Stra­ße neu an­ge­legt oder ver­legt wer­den, sind in be­bau­ten Orts­tei­len im all­ge­mei­nen in der Stra­ßen­mit­te an­zu­ord­nen. So­weit hier­von ab­ge­wi­chen wer­den muß, darf der Ver­lauf in­ner­halb der Fahr­bahn von ei­ner Sei­te nach der an­de­ren hin nur ge­wech­selt wer­den, wenn es nach den Um­stän­den un­ver­meid­bar ist.

(3) Außerhalb der Ortslage dürfen Stra­ßen­bah­nen im Stra­ßen­kör­per von Reichs­stra­ßen und Stra­ßen er­ster Ord­nung nur dort an­ge­legt wer­den, wo eine an­de­re Li­nien­füh­rung nicht mög­lich ist.

§ 5 Spurweite

(1) Für jede Straßenbahn ist ein Grundmaß der Spur­wei­te fest­zu­le­gen. Die Spur­wei­te ist das lich­te Maß zwi­schen den Schie­nen­köp­fen, 9 Mil­li­me­ter un­ter der Schie­nen­ober­kan­te und senk­recht zur Gleis­ach­se ge­mes­sen.

(2) Für Spurerweiterungen in Gleisbögen oder als Fol­ge des Be­triebs und für Spur­ver­en­gun­gen sind Grenz­ma­ße fest­zu­set­zen. Da­bei ist die Bau­art der Fahr­zeu­ge zu be­rück­sich­ti­gen.

§ 6 Gleislage

(1) Gleise, die jedermann zu­gäng­lich sind, müs­sen so ver­legt sein, daß die am wei­te­sten aus­la­den­den Tei­le der Fahr­zeu­ge

a) von allen festen Ge­gen­stän­den und

b) von den am weitesten aus­la­den­den Tei­len von Fahr­zeu­gen, die sich auf ei­nem Nach­bar­gleis be­fin­den,

einen Mindestabstand haben, der auch beim Ab­set­zen oder Sta­peln von Ge­gen­stän­den ne­ben den Glei­sen ein­zu­hal­ten ist. Der Mi­n­dest­ab­stand ist für neue und be­ste­hen­de An­la­gen auch in den ver­schie­de­nen Hö­hen­be­rei­chen fest­zu­set­zen.

(2) Für alle übrigen Gleise können die Min­dest­ab­stän­de nach Ab­satz 1 bei ent­spre­chen­den Si­cher­heits­maß­nah­men un­ter­schrit­ten wer­den.

(3) Für Schienen, die in die Fahrbahnen von Stra­ßen ein­ge­bet­tet wer­den, ist eine obe­re Gren­ze für die Ril­len­brei­te fest­zu­le­gen.

§ 7 Gleisneigung und Gleisbögen

Unter Berücksichtigung der Bau­art der Fahr­zeu­ge und der Be­triebs­ver­hält­nis­se sind

a) die stärkste Längsneigung der Glei­se,

b) der kleinste zulässige Halb­mes­ser der Gleis­bö­gen,

c) das Maß der Überhöhung des äu­ße­ren Schie­nen­stran­ges ei­nes Gleis­bo­gens ge­gen­über dem in­ne­ren

festzulegen. Das Maß der Über­hö­hung darf nur un­ter­schrit­ten wer­den, wenn es die ört­li­chen Stra­ßen­ver­hält­nis­se er­for­dern. Das Längs- und Quer­pro­fil der Stra­ße darf durch eine Über­hö­hung nicht un­zu­läs­sig ver­än­dert wer­den.

§ 8 Signale, Kennzeichen und Nach­rich­ten­mit­tel

(1) In welchem Umfang Signale und Kenn­zei­chen an­zu­wen­den sind, ist für jede Bahn be­son­ders fest­zu­set­zen.

(2) Im ganzen Streckennetz muß für die Be­triebs­be­dien­ste­ten aus­rei­chend Ge­le­gen­heit sein, sich durch Fern­spre­cher oder an­de­re Nach­rich­ten­mit­tel mit der Be­triebs­lei­tung, den Be­triebs­bahn­hö­fen und an­de­ren Be­triebs­stel­len zu ver­stän­di­gen.

(3) Signale und Kennzeichen an Stre­cken in­ner­halb des Ver­kehrs­raums ei­ner öf­fent­li­chen Stra­ße dür­fen den Be­stim­mun­gen der Ver­ord­nung über das Ver­hal­ten im Stra­ßen­ver­kehr (Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung) vom 13. No­vem­ber 1937 (Reichs­ge­setz­bl. I S. 1179) nicht wider­spre­chen.

(4) Auf Bahnabschnitten außerhalb des Ver­kehrs­raums ei­ner öf­fent­li­chen Stra­ße dür­fen die Zei­chen der Ei­sen­bahn-Sig­nal­ord­nung an­ge­wen­det wer­den. Die Ab­schnit­te sind fest­zu­le­gen.

§ 9 Haltestellen

(1) Haltestellen sollen, soweit es die ver­kehr­li­chen Rück­sich­ten ge­stat­ten, be­trieb­lich gün­stig an­ge­legt wer­den.

(2) Die Haltestellen in öffentlichen Stra­ßen müs­sen für die Trieb­wa­gen­füh­rer und für die Stra­ßen­be­nut­zer gut zu er­ken­nen sein.

(3) Der Reichs­ver­kehrs­mi­ni­ster kann ein­heit­li­che Hal­te­stel­len­zei­chen vor­schrei­ben.

§ 10 Kreuzungen mit Bahnen

(1) Höhengleiche Kreuzungen mit Ei­sen­bah­nen, die der Ei­sen­bahn-Bau- und Be­triebs­ord­nung un­ter­ste­hen, sind nur mit Ge­neh­mi­gung des Reichs­ver­kehrs­mi­ni­sters zu­läs­sig.

(2) Auf die im Abs. 1 be­zeich­ne­ten Kreu­zun­gen fin­den die Be­stim­mun­gen der Ei­sen­bahn-Bau- und Be­triebs­ord­nung über die Kreu­zung mit Bah­nen An­wen­dung.

(3) Bei höhengleichen Kreu­zun­gen

a) von Straßenbahnen un­ter­ein­an­der, von de­nen min­de­stens eine au­ßer­halb des Ver­kehrs­raums ei­ner öf­fent­li­chen Stra­ße liegt,

b) von Straßenbahnen mit an­de­ren Schie­nen­bah­nen, die der Ei­sen­bahn-Bau- und Be­triebs­ord­nung nicht un­ter­ste­hen,

kann der Reichsverkehrsminister die Ge­neh­mi­gungs­be­fug­nis auf an­de­re Stel­len über­tra­gen.

§ 11 Wegübergänge

(1) Bei Straßenbahnen außerhalb des Ver­kehrs­raums ei­ner öf­fent­li­chen Stra­ße sind die Weg­über­gän­ge, die für her­an­na­hen­de Schie­nen­fahr­zeu­ge frei­zu­ma­chen sind (§ 42), mit Warn­kreu­zen zu ver­se­hen.

(2) Die Aufsichtsbehörden können nach Lage der ört­li­chen Ver­hält­nis­se Aus­nah­men zu­las­sen oder wei­ter­ge­hen­de Si­che­rungs­maß­nah­men ver­lan­gen.

§ 12 Oberbau

Die Tragfähigkeit des Oberbaus muß stets den größ­ten Be­an­spru­chun­gen ge­nü­gen, die sich aus Rad­druck und Fahr­ge­schwin­dig­keit er­ge­ben.

§ 13 Brücken

(1) Die Tragfähigkeit der Brücken muß den größ­ten auf der Bahn vor­kom­men­den Ver­kehrs­la­sten ent­spre­chen.

(2) Die bahneigenen Brücken sind in an­ge­mes­se­nen Zeit­räu­men ein­ge­hend zu prü­fen. Für die Prü­fung sind Fri­sten fest­zu­set­zen.

(3) Der Unternehmer hat für bahneigene Brücken Brücken­bü­cher zu füh­ren, die An­ga­ben über Art, Bau­jahr und Orts­be­zeich­nung der Brücke so­wie das Prü­fungs­er­geb­nis ent­hal­ten müs­sen.

§ 14 Stromerzeugungs-, Strom­ver­tei­lungs-, Werk­stät­ten- und Lei­tungs­an­la­gen

(1) Für die Stromerzeugungs-, Strom­ver­tei­lungs-, Werk­stät­ten- und Lei­tungs­an­la­gen sind die Vor­schrif­ten des Ver­ban­des Deut­scher Elek­tro­tech­ni­ker maß­ge­bend, so­weit der Reichs­ver­kehrs­mi­ni­ster für Stra­ßen­bah­nen nicht an­de­res be­stimmt. Sie gel­ten auch, wenn ei­ge­ne und frem­de Lei­tungs­an­la­gen sich kreu­zen oder ein­an­der nä­hern.

(2) Die elektrische Arbeit darf von bahn­frem­den Kraft­wer­ken be­zo­gen wer­den wenn die lie­fern­den Kraft­wer­ke

a) den Anforderungen des Bahn­be­triebs dau­ernd mit der nö­ti­gen Si­cher­heit ent­spre­chen kön­nen und

b) sich verpflichten, je­der­zeit Be­sich­ti­gun­gen der der Bahn­strom­ver­sor­gung die­nen­den Ener­gie­an­la­gen durch den Un­ter­neh­mer oder die Auf­sichts­be­hör­de zu­zu­las­sen.

(3) Für das Anbringen oder Errichten von Hal­te­vor­rich­tun­gen für die Ober­lei­tung gel­ten die Be­stim­mun­gen über die Dul­dung öf­fent­li­cher Vor­rich­tun­gen auf Grund­stücken und an Bau­lich­kei­ten im § 3 der Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung sinn­ge­mäß. Die Po­li­zei­be­hör­de (§ 1 Abs. 2 der Ver­ord­nung zur Durch­füh­rung des Ge­set­zes) ent­schei­det, ob und in wel­cher Höhe die Stra­ßen­bahn eine Ent­schä­di­gung zu lei­sten hat. Ge­gen die Ent­schei­dung der Po­li­zei­be­hör­de fin­det die Be­schwer­de nach § 35 Abs. 1 des Ge­set­zes statt.

III. Fahrzeuge

§ 15 Räder und Radstand

(1) Die Räder müssen Spurkränze haben. Aus­nah­men be­dür­fen der Zu­stim­mung der Auf­sichts­be­hör­de.

(2) Für jede Fahrzeuggattung sind die zu­läs­si­gen Ab­nut­zungs­gren­zen für Spur­krän­ze und Rad­rei­fen fest­zu­le­gen.

(3) Die Räder sind so anzuordnen und zu la­gern, daß alle Gleis­bö­gen si­cher durch­fah­ren wer­den kön­nen.

§ 16 Federung

Die dem öffentlichen Verkehr dienenden Fahr­zeu­ge sind gut ab­zu­fe­dern.

§ 17 Bahnräumer und Fang­schutz­vor­rich­tun­gen

An den Untergestellen der Fahrzeuge sind dicht vor den Rä­dern si­cher wir­ken­de Bahn­räu­mer oder Fang­schutz­vor­rich­tun­gen an­zu­brin­gen. Sie sol­len mög­lichst weit her­ab­rei­chen und dür­fen durch an­de­re Fahr­zeug­tei­le in ih­rer be­triebs­si­che­ren Wir­kung nicht be­ein­träch­tigt wer­den.

§ 18 Bremsen

(1) Alle für die Beförderung von Fahr­gä­sten be­stimm­ten Fahr­zeu­ge müs­sen min­de­stens zwei je­der­zeit leicht be­dien­ba­re Brem­sen ha­ben; eine von ih­nen muß eine Hand­brem­se sein. Bei­de Brem­sen kön­nen auf das­sel­be Brems­ge­stän­ge wir­ken.

(2) Handbremsen sind so ein­zu­rich­ten, daß beim Brem­sen

a) Kurbeln oder Handräder im Uhr­zei­ger­sinn ge­dreht,

b) Hebelbremsen in Richtung auf den Kör­per des Brem­sen­den be­wegt wer­den müs­sen und

c) ein unbeabsichtigtes Zu­rück­schnel­len der Kur­beln und Hand­rä­der ver­hü­tet wird.

(3) Wenn ein Betrieb mit Trieb­wa­gen und Bei­wa­gen vor­ge­se­hen ist, muß eine der Brem­sen als durch­ge­hen­de Brem­se aus­ge­bil­det sein, so daß sie vom Füh­rer­stand aus be­dient wer­den kann. Hier­von darf nur ab­ge­wi­chen wer­den,

a) wenn die Besetzung der Hand­brem­sen bei den Bei­wa­gen vor­ge­schrie­ben wird oder

b) bei Betrieb mit nur einem Bei­wa­gen, wenn der Bei­wa­gen durch den Trieb­wa­gen si­cher mit ab­ge­bremst wer­den kann.

(4) Für die durchgehende Bremse ist eine aus­rei­chen­de mitt­le­re Brems­ver­zö­ge­rung fest­zu­set­zen. Sie rich­tet sich nach den Stre­cken­ver­hält­nis­sen, der Fahr­ge­schwin­dig­keit und den Ver­kehrs­rück­sich­ten.

(5) Bei neuen Triebwagen ist außerdem eine mitt­le­re Brems­ver­zö­ge­rung für die Hand­brem­se fest­zu­set­zen

§ 19 Sandstreuung

Triebwagen müssen sicher wirkende Sand­streu­vor­rich­tun­gen ha­ben, die von dem je­weils vor­de­ren Fah­rer­stand aus be­dien­bar und so ein­ge­rich­tet sind, daß der Sand auf bei­de Schie­nen vor die er­sten ge­brem­sten Rä­der fällt.

§ 20 Plattformverschlüsse

(1) Die Plattformen müssen Ab­schluß­vor­rich­tun­gen ha­ben, da­mit ein Ein- und Aus­stei­gen auf der fal­schen Sei­te ver­hin­dert wer­den kann.

(2) Die Plattformen der im regelmäßigen Be­trieb be­nutz­ten Trieb­wa­gen müs­sen einen Wet­ter­schutz und einen Blend­schutz für den Fah­rer ha­ben.

§ 21 Ausrüstung mit Warnungs- und Ver­stän­di­gungs­ein­rich­tun­gen

(1) Auf jedem Fahrerstand müssen die zur War­nung von Teil­neh­mern am Stra­ßen­ver­kehr er­for­der­li­chen Vor­rich­tun­gen vor­han­den sein. Die Stär­ke ih­rer Wir­kung hat sich nach den ört­li­chen Ver­hält­nis­sen zu rich­ten. Der Fah­rer muß Rich­tungs­än­de­run­gen durch be­son­de­re Ein­rich­tun­gen an­zei­gen kön­nen, die auch bei Ta­ges­licht voll wirk­sam sind.

(2) Alle Fahrzeuge müssen mit Ein­rich­tun­gen ver­se­hen sein, die es den Be­dien­ste­ten er­mög­li­chen, sich un­ter­ein­an­der zu ver­stän­di­gen.

§ 22 Beschriftung der Fahrzeuge

(1) An den Fahrzeugen sind an­zu­schrei­ben:

1. die Bezeichnung des Un­ter­neh­mens,

2. die Wagennummer,

3. das Eigengewicht,

4. das Ladegewicht bei Wagen, die nicht der Per­so­nen­be­för­de­rung die­nen,

5. der Zeitpunkt der letzten Haupt­un­ter­su­chung,

6. die Anzahl der Sitz- und Steh­plät­ze.

(2) Diese Anschriften müssen eindeutig und gut sicht­bar sein. Ihre Wir­kung darf durch Auf­schrif­ten und der­glei­chen, auch durch Au­ßen­wer­bung nicht be­ein­träch­tigt wer­den.

§ 23 Zulassung und Untersuchung

(1) Neue oder umgebaute Fahrzeuge dürfen erst in Be­trieb ge­nom­men wer­den, nach­dem sie zu­ge­las­sen wor­den sind.

(2) Alle dem öffentlichen Verkehr die­nen­den Fahr­zeu­ge sind nach ei­ner Be­triebs­lei­stung von 200.000 Wa­gen-Ki­lo­me­tern, min­de­stens aber alle fünf Jah­re ei­ner ein­ge­hen­den Un­ter­su­chung (Haupt­un­ter­su­chung) zu un­ter­zie­hen. Für ab­ge­stell­te Fahr­zeu­ge sind Er­leich­te­run­gen zu­läs­sig.

(3) Für Dampffahrzeuge und Fahrzeuge au­ßer­ge­wöhn­li­cher Bau­art, An­triebs­wei­se oder Zweck­be­stim­mung sind Bau, Ab­nah­me und Un­ter­su­chung be­son­ders zu re­geln.

IV. Bahnbetrieb

§ 24 Betriebsleitung

(1) Der Unternehmer hat einen Be­triebs­lei­ter zu be­stel­len, der für die si­che­re und or­dnungs­mä­ßi­ge Be­triebs­füh­rung und für die Ein­hal­tung der Vor­schrif­ten die­ser Ver­ord­nung ver­ant­wort­lich ist. Bei gro­ßen Un­ter­neh­men kön­nen meh­re­re für ein­zel­ne Be­triebs­zwei­ge ver­ant­wort­li­che Be­triebs­lei­ter be­stellt wer­den. Für den Be­triebs­lei­ter soll ein Stell­ver­tre­ter be­stellt wer­den.

(2) Betriebsleiter und Stellvertreter müs­sen von der Auf­sichts­be­hör­de be­stä­tigt wer­den. Die Be­stä­ti­gung ist zu ver­sa­gen, wenn die er­for­der­li­che per­sön­li­che Eig­nung und tech­ni­sche Vor­bil­dung fehlt. Die Auf­sichts­be­hör­de kann die Be­stä­ti­gung aus wich­ti­gem Grun­de wi­der­ru­fen.

(3) Der Reichsverkehrsminister kann über die Auf­ga­ben der Be­triebs­lei­tung und für die Be­stel­lung der Be­triebs­lei­ter Richt­li­nien er­las­sen.

§ 25 Betriebsbedienstete

(1) Für die Verwendung im äußeren Be­triebs­dienst müs­sen die Be­dien­ste­ten taug­lich, aus­ge­bil­det, ge­prüft, min­de­stens 21 Jah­re alt und un­be­schol­ten sein. Bei ein­fa­chen Be­triebs­ver­hält­nis­sen kann eine Her­ab­set­zung des Al­ters auf 18 Jah­re ge­neh­migt wer­den. Dies gilt nicht für die Fah­rer von Trieb­fahr­zeu­gen und für Be­dien­ste­te mit den Be­fug­nis­sen ei­nes Hilfs­po­li­zei­be­am­ten.

(2) Über jeden Bediensteten sind Per­so­nal­ak­ten zu füh­ren.

(3) Den Betriebsbediensteten sind nach Be­darf für die Aus­übung ih­res Dien­stes Dienst­an­wei­sun­gen zu ge­ben.

§ 26 Unterhaltung, Untersuchung und Be­wa­chung der Bahn

(1) Die Bahn ist so zu unterhalten, daß jede Stre­cke ohne Ge­fahr mit der größ­ten für sie zu­läs­si­gen Ge­schwin­dig­keit be­fah­ren wer­den kann.

(2) Die Bahn muß regelmäßig auf ihren ord­nungs­mä­ßi­gen Zu­stand un­ter­sucht wer­den.

(3) Es ist festzulegen, welche Weg­über­gän­ge oder an­de­ren Tei­le der Bahn zu be­wa­chen sind.

§ 27 Zugbildung

(1) Züge können aus einem Triebwagen, aus meh­re­ren Trieb­wa­gen oder aus Trieb­wa­gen und Bei­wa­gen be­ste­hen.

(2) Züge, die ausschließlich der Per­so­nen­be­för­de­rung die­nen, dür­fen nur Bei­wa­gen mit durch­ge­hen­der Brem­se oder mit be­setz­ten Hand­brem­sen füh­ren. Aus­nah­men sind zu­läs­sig bei Zü­gen mit nur ei­nem Bei­wa­gen, wenn die­ser durch den Trieb­wa­gen si­cher mit ab­ge­bremst wer­den kann.

(3) Den Zügen für den öffentlichen Per­so­nen­ver­kehr dür­fen Wa­gen, die nicht der Per­so­nen­be­för­de­rung die­nen, nur am Schluß und nur dann bei­ge­stellt wer­den, wenn sie eine durch­ge­hen­de Brem­se oder be­setz­te Hand­brem­sen ha­ben. Hier­von kann bei leich­ten Fahr­zeu­gen ab­ge­se­hen wer­den.

§ 28 Zugsignale

(1) An der Spitze eines jeden Zuges ist bei Dun­kel­heit oder un­sich­ti­gem Wet­ter min­de­stens eine helleuch­ten­de Lam­pe zu füh­ren, die die Fahr­bahn aus­rei­chend be­leuch­ten muß. In aus­rei­chend be­leuch­te­ten Stra­ßen ge­nügt das Ziel­schild.

(2) Am Schluß eines jeden Zuges muß bei Dun­kel­heit oder un­sich­ti­gem Wet­ter ein rot leuch­ten­des Schluß­licht oder ein Rück­strah­ler vor­han­den sein.

§ 29 Zugpersonal

(1) Das Zugpersonal besteht aus Fahrern und Schaff­nern.

(2) Das Zugpersonal ist während des Fahr­dien­stes (Fahrt und Au­fent­halt) nur ei­nem Be­dien­ste­ten zu un­ter­stel­len.

(3) Jeder Zug muß mit einem Fahrer und jeder den Fahr­gä­sten zu­gäng­li­che Wa­gen mit ei­nem Schaff­ner be­setzt sein. Ab­wei­chend hier­von ver­sieht bei Zü­gen, die als Ein­mann­wa­gen ge­fah­ren wer­den, der Fah­rer zu­gleich den Dienst des Schaff­ners.

§ 30 Bremsprobe und Bremsbedienung

(1) Die Bremseinrichtungen sind vor jedem Be­triebs­be­ginn zu prü­fen. Für Stre­cken mit star­ken Nei­gun­gen sind Son­der­be­stim­mun­gen über Brems­pro­ben zu tref­fen.

(2) Für die sichere Abbremsung des Zuges ist der Fah­rer ver­ant­wort­lich. Wenn die Wir­kung der vom Fah­rer be­dien­ten Brem­sen nicht aus­reicht, sind die Hand­brem­sen der an­ge­häng­ten Wa­gen von den Schaff­nern zu be­die­nen. Dies gilt be­son­ders bei Stö­run­gen der durch­ge­hen­den Brem­se.

§ 31 Signale des Zugpersonals

(1) Der Fahrer muß folgende Sig­na­le ge­ben:

a) Warnsignal bei Ge­fähr­dun­gen,

b) Signal für die Rich­tungs­än­de­rung, so­weit der Stra­ßen­ver­kehr be­rührt wird.

(2) Zur Verständigung zwi­schen Schaff­nern und Fah­rern sind fol­gen­de Sig­na­le zu ge­ben:

a) Abfahren,

b) Halten (Be­triebs­brem­sung),

c) Notsignal (Schnell­brem­sung).

§ 32 Zielschilder

Das erste Fahrzeug eines fahrplanmäßigen Zu­ges muß vorn ein Ziel­schild tra­gen, das auch bei Dun­kel­heit gut sicht­bar ist.

§ 33 Besetzung der Wagen

Die Wagen dürfen im allgemeinen nicht über die Zahl der an­ge­schrie­be­nen Sitz- und Steh­plät­ze hin­aus be­setzt sein. Wenn aus Ver­kehrs­grün­den vor­über­ge­hend eine stär­ke­re Be­set­zung un­ver­meid­bar ist, so darf hier­durch das Zug­per­so­nal nicht ge­hin­dert sein, ne­ben sei­nen Dienst­ver­rich­tun­gen noch für die Si­cher­heit der Fahr­gä­ste zu sor­gen.

§ 34 Zugfolge

Ein Zug darf einem anderen nur in einem sol­chen Ab­stand fol­gen, daß er, selbst bei un­ver­mu­te­tem Hal­ten des vor­aus­fah­ren­den Zu­ges, auch bei un­gün­sti­gen Stre­cken-, Sicht- und Wit­te­rungs­ver­hält­nis­sen durch Be­triebs­brem­sung recht­zei­tig zum Hal­ten ge­bracht wer­den kann. Dar­über hin­aus kön­nen im Be­darfs­fall Son­der­maß­nah­men zur Re­ge­lung der Zug­fol­ge an­ge­ord­net wer­den.

§ 35 Fahrgeschwindigkeit

Für jede Strecke sind die Höchst­ge­schwin­dig­keit und die auf den ein­zel­nen Ab­schnit­ten zu­läs­si­gen größ­ten Ge­schwin­dig­kei­ten fest­zu­le­gen. Höchst­ge­schwin­dig­kei­ten über 60 Ki­lo­me­ter in der Stun­de sind nur mit Ge­neh­mi­gung des Reichs­ver­kehrs­mi­ni­sters zu­läs­sig.

§ 36 Befahren von Bahnkreuzungen

(1) Für das Befahren höhengleicher Kreu­zun­gen mit Ei­sen­bah­nen, die der Ei­sen­bahn-Bau- und Be­triebs­ord­nung un­ter­ste­hen, gel­ten die Be­stim­mun­gen der Ei­sen­bahn-Bau- und Be­triebs­ord­nung.

(2) Über das Vorrecht an hö­hen­glei­chen Kreu­zun­gen von

a) Straßenbahnen un­ter­ein­an­der, von de­nen min­de­stens eine au­ßer­halb des Ver­kehrs­raums ei­ner öf­fent­li­chen Stra­ße liegt,

b) Straßenbahnen mit anderen Schie­nen­bah­nen, die der Ei­sen­bahn-Bau- und Be­triebs­ord­nung nicht un­ter­ste­hen,

entscheiden die Auf­sichts­be­hör­den der kreu­zen­den Bah­nen.

(3) Ob und welche Sicherheitsmaßnahmen an den Kreu­zun­gen nach Abs. 2 not­wen­dig sind, rich­tet sich nach der Ver­kehrs­art und der Ver­kehrs­dich­te der Bahn­kreu­zung.

§ 37 Schieben der Züge

Züge dürfen nur dann geschoben werden, wenn die vor­de­re Platt­form mit ei­nem Be­triebs­be­dien­ste­ten be­setzt ist, der von dort aus die Fahr- und Warn­sig­na­le ge­ben und die Brem­se be­die­nen kann.

§ 38 Stillstehende Fahrzeuge

Stillstehende Fahrzeuge sind gegen un­be­ab­sich­tig­tes Ab­rol­len oder un­be­fug­tes In­gang­set­zen den ört­li­chen Ver­hält­nis­sen ent­spre­chend wirk­sam zu si­chern. Auf öf­fent­li­chen Stra­ßen still­ste­hen­de Fahr­zeu­ge müs­sen au­ßer­dem von ei­nem Bahn­be­dien­ste­ten be­auf­sich­tigt oder ab­ge­schlos­sen wer­den.

§ 39 Güterzüge

Für Züge, die ausschließlich der Gü­ter­be­för­de­rung die­nen (Gü­ter­zü­ge), sind die Zug­bil­dung und die Durch­füh­rung der Züge in er­gän­zen­den Be­stim­mun­gen zu re­geln.

§ 40 Betriebsunfälle und -störungen

(1) Es ist Vorsorge zu treffen, daß bei Un­fäl­len schnell Hil­fe ge­lei­stet wird.

(2) Der Betreibsleiter muß alle Be­triebs­un­fäl­le und -stö­run­gen un­ver­züg­lich un­ter­su­chen und mit An­ga­ben von Zeit, Ort, Her­gang so­wie des Un­ter­su­chungs­er­geb­nis­ses und der er­stat­te­ten Mel­dun­gen in ein Ver­zeich­nis ein­tra­gen las­sen.

(3) der Betriebsleiter hat so­fort Un­fall­mel­dung zu er­stat­ten:

a) an den Reichs­ver­kehrs­mi­ni­ster über Vor­komm­nis­se, die ein be­son­de­res öf­fent­li­ches Auf­se­hen er­re­gen,

b) an die Staatsanwaltschaft und die Orts­po­li­zei­be­hör­de über Un­fäl­le, bei de­nen

1. ein Mensch getötet oder schwer ver­letzt wor­den ist,

2. der Verdacht einer straf­ba­ren Hand­lung vor­liegt,

c) an die Aufsichtsbehörden

1. über Unfälle, bei denen ein Mensch ge­tö­tet oder schwer ver­letzt oder die Bahn­an­la­gen er­heb­lich be­schä­digt wor­den sind,

2. über Betriebsstörungen von län­ge­rer Dau­er als 24 Stun­den,

3. über Vorkommnisse, die öf­fent­li­ches Auf­se­hen er­re­gen, ohne Rück­sicht dar­auf, ob Fol­gen der un­ter Nr. 1 und Nr. 2 be­zeich­ne­ten Art ein­ge­tre­ten sind.

V. Bestimmungen über das Betreten und die Be­nut­zung der Bahn

§ 41 Betreten der Bahnanlagen

(1) Bahnanlagen die in der Fahrbahn einer öf­fent­li­chen Stra­ße lie­gen, dür­fen auch von dem an­de­ren Stra­ßen­ver­kehr be­nutzt wer­den. So­weit sie nicht zu­gleich dem öf­fent­li­chen Ver­kehr die­nen, dür­fen sie nur an den da­für vor­ge­se­he­nen Stel­len be­tre­ten oder über­schrit­ten wer­den.

(2) Vertreter des Reichs­ver­kehrs­mi­ni­sters oder der Auf­sichts­be­hör­den sind zum Be­tre­ten der Bahn­an­la­gen be­rech­tigt, wenn und so­weit es zur Vor­nah­me von Dienst­hand­lun­gen not­wen­dig ist. Das glei­che gilt für Of­fi­zie­re und Be­am­te der Wehr­macht und Po­li­zei so­wie Zoll­be­am­te, für an­de­re Be­am­te nach Be­nach­rich­ti­gung des Be­triebs­lei­ters. Sie ha­ben sich, so­weit sie nicht durch Dienst­klei­dung kennt­lich sind, ent­spre­chend aus­zu­wei­sen.

(3) Abgesehen von den Fällen des Absatzes 2 dür­fen die nicht dem öf­fent­li­chen Ver­kehr die­nen­den Tei­le der Bahn­an­la­gen nur mit be­son­de­rem Be­rech­ti­gungs­aus­weis be­tre­ten wer­den.

§ 42 Verkehrsregelung an Übergängen

(1) An Kreuzungen von Stra­ßen­bah­nen mit Stra­ßen sind

a) für Straßenbahnen, die in­ner­halb des Ver­kehrs­raums ei­ner öf­fent­li­chen Stra­ße lie­gen, die Be­stim­mun­gen der Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung maß­ge­bend,

b) für Straßenbahnen, die au­ßer­halb des Ver­kehrs­raums ei­ner öf­fent­li­chen Stra­ße lie­gen, die Weg­über­gän­ge für her­an­na­hen­de Schie­nen­fahr­zeu­ge frei zu ma­chen. Aus­ge­nom­men sind Weg­über­gän­ge auf Bahn­ab­schnit­ten, die aus ört­li­chen Grün­den nur auf kur­ze Stre­cken au­ßer­halb der Stra­ße ver­lau­fen.

(2) An Wegübergängen müssen sich bei An­nä­he­rung an die Bahn oder beim Hal­ten vor dem Über­gang alle Ver­kehrs­teil­neh­mer so ver­hal­ten, daß Ge­fähr­dun­gen, Be­hin­de­run­gen oder Be­schä­di­gun­gen der Bahn ver­mie­den wer­den.

(3) Beim Überqueren der Bahn ist jeder un­nö­ti­ge Au­fent­halt zu ver­mei­den.

§ 43 Verhalten der Fahrgäste

(1) Die Fahrgäste haben sich bei Benutzung der Bahn­an­la­gen und der Fahr­zeu­ge so zu ver­hal­ten, wie es die Si­cher­heit und Ord­nung des Bahn­be­trie­bes und die Rück­sicht auf an­de­re ge­bie­ten.

(2) Den allgemeinen Anordnungen der Auf­sichts­be­hör­den und den von ih­nen ge­neh­mig­ten An­ord­nun­gen des Un­ter­neh­mers ist Fol­ge zu lei­sten. Das glei­che gilt für die zur Auf­recht­er­hal­tung von Si­cher­heit und Ord­nung des Bahn­be­triebs er­ge­hen­den An­ord­nun­gen der zu Hilfs­po­li­zi­sten be­stell­ten Bahn­be­dien­ste­ten.

§ 44 Ausschluß von der Beförderung

(1) Personen, Tiere und Sachen dürfen nur dann be­för­dert wer­den, wenn sie die Mit­fah­ren­den oder die Si­cher­heit und Ord­nung des Be­trie­bes nicht ge­fähr­den.

(2) Von der Beförderung sind ins­be­son­de­re aus­ge­schlos­sen:

a) Betrunkene oder Personen mit ekel­er­re­gen­den oder an­stecken­den Krank­hei­ten,

b) explosionsfähige, leicht ent­zünd­li­che oder ät­zen­de Stof­fe.

(3) Schußbereite Waffen dürfen nur von Per­so­nen mit­ge­führt wer­den, die amt­lich zur Füh­rung ei­ner Schuß­waf­fe be­fugt sind.

§ 45 Zuwiderhandlung

Zuwiderhandlungen gegen die Be­stim­mun­gen der §§ 41 bis 44 wer­den nach § 41 des Ge­set­zes be­straft, so­weit nicht nach an­de­ren Vor­schrif­ten eine schwe­re­re Stra­fe ver­wirkt ist.

VI. Schlußbestimmungen

§ 46 Anordnungen

Anordnungen auf Grund dieser Verordnung tref­fen, so­weit kei­ne an­de­re Stel­le aus­drück­lich er­wähnt ist und so­weit sie nicht durch Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen (§ 48) ge­trof­fen wer­den, die Auf­sichts­be­hör­den.

§ 47 Hilfspolizeibeamte

Bahnbedienstete können nach Prüfung ih­rer Eig­nung für den Be­reich ih­rer Dienst­ge­schäf­te und für die Dau­er der Tä­tig­keit im äu­ße­ren Be­triebs­dienst von den Lan­des­po­li­zei­be­hör­den zu Hilfs­po­li­zei­be­am­ten er­nannt wer­den. Die Er­nen­nung be­darf der Zu­stim­mung der Bahn­auf­sichts­be­hör­den und ist je­der­zeit wi­der­ruf­lich.

§ 48 Ausführungsbestimmungen

(1) Im Einklang mit den Bestimmungen des Ge­set­zes und die­ser Ver­ord­nung er­läßt der Lei­ter der zu­stän­di­gen Reichs­ver­kehrs­grup­pe die er­for­der­li­chen Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen über Bau und Be­trieb der Stra­ßen­bah­nen (Ab­schnit­te II bis IV die­ser Ver­ord­nung).

(2) Vor Erlaß der in Abs. 1 bezeichneten Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen hört der Lei­ter der Reichs­ver­kehrs­grup­pe einen Bei­rat, des­sen Zu­sam­men­set­zung vom Reichs­ver­kehrs­mi­ni­ster be­stimmt wird.

(3) Die Ausführungsbestimmungen zu den Ab­schnit­ten II bis IV be­dür­fen kei­ner Ge­neh­mi­gung.

§ 49 Ausnahmen

Ausnahmen und Abweichungen von den Be­stim­mun­gen die­ser Ver­ord­nung be­dür­fen, so­weit nicht den Auf­sichts­be­hör­den die Be­fug­nis hier­zu ein­ge­räumt ist, der Ge­neh­mi­gung des Reichs­ver­kehrs­mi­ni­sters.

§ 50 Inkrafttreten

Die Verordnung tritt am 1. April 1938 in Kraft.


Berlin, den 13. November 1937


Der Reichsverkehrsminister
Dorpmüller

Erhöhung der Fahr­ge­schwin­dig­keit der Stra­ßen­bah­nen
(Erl. d. RVM v. 26.11.1937 — K 7. 13 150 — RVBL. B. S. 134.)

Wie ich bereits in meinem Erlaß vom 21. Sep­tem­ber 1937 — K 7. 9684, RVBl. B S. 106 — be­tont habe, liegt der Zulas­sung hö­he­rer Fahr­ge­schwin­dig­kei­ten für die Stra­ßen­bah­nen die Ab­sicht zu­grun­de, den öf­fent­li­chen Nah­ver­kehr auf jede Wei­se zu för­dern. Die Stra­ßen­bah­nen be­die­nen zur Zeit noch den größ­ten Teil die­ses Nah­ver­kehrs. Na­ment­lich in den Groß­städ­ten mit aus­ge­dehn­ten Vor­ort- und Rand­sied­lungs­be­zir­ken ist es ein drin­gen­des Er­for­der­nis, daß die be­rufs­tä­ti­ge Be­völ­ke­rung mög­lichst schnell ohne zu gro­ßen Zeit­auf­wand zu ih­rer Ar­beits­stät­te und zu­rück be­för­dert wird. Die not­wen­di­ge För­de­rung und Be­schleu­ni­gung die­ses Be­rufs­ver­kehrs müs­sen sich alle Stel­len an­ge­le­gen sein las­sen. Ent­sprech­end dem Grund­satz, daß Kraft­fahr­zeu­ge und Schie­nen­fahr­zeu­ge im öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr un­ter­ein­an­der gleich­be­rech­tigt sind, dür­fen — wie ich im Ein­ver­neh­men mit dem Reichs­füh­rer SS und Chef der Deut­schen Po­li­zei im Reichs­mi­ni­ste­rium des In­nern be­mer­ke — den Stra­ßen­bah­nen in den von bei­den Ver­kehrs­mit­teln be­nut­zen Stra­ßen aus ver­kehrs­po­li­zei­li­chen Grün­den im all­ge­mei­nen kei­ne wei­ter­ge­hen­den Ge­schwin­dig­keits­be­schrän­kun­gen auf­er­legt wer­den, als für den Kraft­fahr­zeug­ver­kehr vor­ge­se­hen ist. Wenn trotz­dem den Stra­ßen­bah­nen be­stimm­te Höchst­ge­schwin­dig­keits­gren­zen ge­setzt sind (bis 60 km/h Ge­neh­mi­gung durch die Auf­sichts­be­hör­den dar­über durch den Reichs­ver­kehrs­mi­ni­ster), so ist dies al­lein durch die Ei­gen­art der Stra­ßen­bahn als Schie­nen­fahr­zeug und durch die da­raus sich er­ge­ben­den For­de­run­gen der Be­triebs­si­cher­heit be­dingt. Aus die­sen grund­sätz­li­chen Er­wä­gun­gen er­gibt sich bei An­trä­gen auf Er­hö­hung der Fahr­ge­schwin­dig­kei­ten der Stra­ßen­bah­nen fol­gen­des Ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren:

1. Anträge auf Neufestsetzung der Höchst­ge­schwin­dig­keit sind an den zu­stän­di­gen Reichs­be­voll­mäch­tig­ten für Bahn­auf­sicht zu rich­ten. Die­ser ent­schei­det nach Be­neh­men mit der Ver­wal­tungs­auf­sichts­be­hörde über den An­trag. Da­bei ist le­dig­lich fest­zu­stel­len, ob die Be­stim­mun­gen des Er­las­ses vom 12. No­vem­ber 1936 — K 7. 10 491, RVBl. B S. 360 — er­füllt sind und ob na­ment­lich die vor­ge­schrie­be­nen Ver­suchs­fahr­ten eine hin­rei­chen­de Be­triebs­si­cher­heit bei der er­höh­ten Fahr­ge­schwin­dig­keit er­ge­ben ha­ben. An­trä­ge auf Zulas­sung hö­he­rer Fahr­ge­schwin­dig­kei­ten als 60 km/h sind mir von dem zu­stän­di­gen Reichs­be­voll­mäch­tig­ten für Bahn­auf­sicht mit ein­ge­hen­dem Be­richt, na­ment­lich über das Er­geb­nis der Ver­suchs­fahr­ten, nach Be­neh­men mit der Ver­wal­tungs­auf­sichts­be­hörde zur Ent­schei­dung vor­zu­le­gen.

2. Die zulässigen größten Fahr­ge­schwin­dig­kei­ten auf den ein­zel­nen Stre­cken­ab­schnit­ten sind künf­tig von der Be­triebs­lei­tung der Stra­ßen­bahn un­ter ei­ge­ner Ver­ant­wor­tung fest­zu­set­zen. Da­bei sind die von der Ver­kehrs­po­li­zei­be­hör­de in Aus­füh­rung der Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung ge­trof­fe­nen Ver­kehrs­be­stim­mun­gen zu be­ach­ten. Ei­ner Ge­neh­mi­gung durch die Auf­sichts­be­hör­den be­darf es nicht, so­lan­ge die zu­läs­si­gen größ­ten Fahr­ge­schwin­dig­kei­ten auf den ein­zel­nen Stre­cken­ab­schnit­ten die nach Ziff. 1 ge­neh­mig­te Höchst­ge­schwin­dig­keit nicht über­schrei­ten. Die von der Be­triebs­lei­tung fest­ge­setz­ten größ­ten Fahr­ge­schwin­dig­kei­ten sind den Auf­sichts­be­hör­den mit­zu­tei­len.

3. In die Genehmigungsurkunden der Stra­ßen­bah­nen sind künf­tig Be­stim­mun­gen über Fahr­ge­schwin­dig­kei­ten nicht mehr auf­zu­neh­men, da durch die Ver­ord­nung über den Bau und Be­trieb der Stra­ßen­bah­nen nebst Aus­füh­rungs­an­wei­sung die Höhe der Fahr­ge­schwin­dig­keit be­son­ders ge­re­gelt wird. In den Ge­neh­mi­gungs­ur­kun­den, die die­ser An­ord­nung noch wider­spre­chen, sind ge­le­gent­lich der An­trä­ge auf Er­hö­hung der Fahr­ge­schwin­dig­kei­ten die Be­stim­mun­gen über die Ge­schwin­dig­keit zu strei­chen. In den auf Grund des Er­las­ses vom 19. Ok­to­ber 1935 — K 2. 8195, RVBl. B S. 52 — aus­ge­stell­ten neuen Ge­neh­mi­gungs­ur­kun­den, de­ren Form den Richt­li­nien des Er­las­ses vom 9. April 1935 — K 2. 2613, RVBl. B S. 52 — ent­spre­chen, dür­fen Be­stim­mun­gen über die Fahr­ge­schwin­dig­kei­ten nicht mehr ent­hal­ten sein.


Letzte Änderung am 19.6.2011
© Steffen Buhr