Die nachfolgenden, ausgewählten Angaben sind auf das wesentliche gekürzt der „Entstehungsgeschichte der Fertigungsstelle Peenemünde“ (FSP) entnommen, wobei Namen in der Regel weggelassen sind. Oft handelt es sich um Aktenvermerke des Leiters der Werkbahnabteilung der FSP Butt (Wa Prüf 11/VId), der bis zum Umzug seiner Abteilung nach Peenemünde regelmäßig zur Kontrolle des Fortschritts der Arbeiten und zu Besprechungen mit der Bauleitung nach Peenemünde fuhr, wobei er häufig den nur schleppenden Fortgang der Arbeiten feststellte. Butt suchte teils mehrfach die verschiedenen Lieferfirmen für Fahrzeuge und Anlagen sowie deren Zulieferer auf, um den Fortgang zu beschleunigen. Auch die Jubelmeldung vom 3.10.42 zum ersten wirklich erfolgreichen Start einer A4-Rakete ist, weil in manchen Passagen durchaus zum Kontext passend, zitiert.
Die Entstehungsgeschichte beginnt im Januar 1939 und endet im April 1944, wobei es eine Lücke von Ende August 1943 bis Anfang Januar 1944 gibt. Für diesen Zeitraum sind keine Aktenvermerke enthalten. Vermutlich fehlt ein ganzer Aktenband oder sogar mehrere. Sie befindet sich im Bestand RH 8 des Bundesarchivs, Militärarchiv Freiburg in den Aktenbänden 1206 bis 1210, die zusammen 1414 jahrgangsweise durchnumerierte, teils beiderseitig maschinengeschriebene Seiten enthalten. Sie enthält Angaben zum Aufbau der Fertigungsstelle und der damit im Zusammenhang stehenden Bauten wie dem Kraftwerk und der Sauerstoffanlage, jedoch bis auf einige Bleistiftskizzen keinerlei Pläne oder Zeichnungen. Weil die Chronik im April 1944 endet, bleibt unklar, welchen Ausbau die Werkbahn in der Zeit bis zum Kriegsende noch erfahren hat. Da es sich um die Chronik der Fertigungsstelle handelt, ist auch nichts zur Heeresversuchsstelle oder zur Erprobungsstelle der Luftwaffe enthalten. Die Angaben widersprechen einander teilweise, was besonders bei den Angaben zu den Unterwerken und Schaltstellen auffällt.
Von mir zur Erläuterung eingefügte Passagen sind in eckige Klammern [ ] gefaßt. Am Ende jeder Seite sind die im Text vorkommenden Abkürzungen erläutert. Für die Richtigkeit aller Angaben übernehme ich trotz sorgfältiger Arbeit keine Gewähr, da unbemerkt gebliebene Tippfehler wegen des Gesamtumfangs nicht auszuschließen sind.
1939 |
1940 1941 |
10.5. | Besprechung mit Firma Lenz & Co |
Lenz schlägt vor, Bahn nach Maßgabe der in Braunkohlengruben verwendeten Großraumförderzüge zu dimensionieren. 1.) 2 Gleichrichterstationen je 15/1,2 kV mit je 2 Gleichrichtern je 400 kW Dauerleistung insgesamt also 1.600 kW (100% überlastbar). Kosten ohne Gebäude je 60.000 M. 1 km Ltg. 100 mm² Cu RM 10.000. 2.) Lokomotive 600 PS (evtl. 800 PS) 4achsig mit Drehgestell. Gewicht 600 PS 55 t, 800 PS 65 t. Mithin Zuggewicht 60 + 70 + 12 x 15 = 310 z Z-Länge 180 m. Preis (150 + 12 x 21) x 10³ = RM 450.000. Geschw. (max) 60 km/h. 2 Reservewagen (je RM 20.000), 1 Rangierlok. (2achs.) 450 PS RM 80.000. Hiermit beratende Tätigkeit Lenz beendet. Empfiehlt sich als Bauaufsicht. Ausführende Firmen: BBC und AEG. | |
20.5. | Besprechung mit SSW über Bahnprojekt |
Es werden 3 Möglichkeiten in Betracht gezogen: Kleinbahn mit Triebwagen, Vollbahn mit Triebwagen und Vollbahn mit Lokomotiven; Vollbahn mit Triebwagen erhält den Vorzug. Demnach kommen 3 Züge mit je 6 Wagen (4 Reservewagen) in Frage. | |
11.8. | Besprechung mit RBD Stettin |
Die RBD ist mit SSW Bahnprojekt einverstanden, wenn dasselbe als Straßenbahn mit Haltestellen; und nicht als Vollbahn mit Bahnsteigen; bezeichnet wird. Es wird vereinbart, das Projekt baureif auszuarbeiten und mit der RBD erneut abschnittsweise durchzusprechen. | |
19.8. | Besichtigung des Bw Wannsee der Berliner S-Bahn |
21.8. | Besprechung mit SSW über Bahnprojekt, das Projekt ist für einen Betrieb mit 3 Acht-Wagenzügen auszuarbeiten. |
20.-23.12. | Besprechung mit dem HNBA Pee [betreffend die Reduzierung des gesamten Vorhabens Pee infolge des vorausgegangenen Kriegsbeginns] I. Wenn FSP nicht mehr kriegswichtig, ist wenigstens erforderlich, daß folgende Arbeiten noch zu Ende gebracht werden: … 6.) Fertigstellung der Umgehungsbahn, der Bahn bis Peenemünde, der Bahnsteige für die Siedlung Karlshagen, der Gleisschleife in der FSP … II. Wenn FSP wenigstens in die Dringlichkeitsstufe II kommt …: … 7.) Wagenhalle mit 2 Gleisen (anstatt wie bisher 4 Gleisen) … 19.) 1 Lok-Schuppen für 4 Maschinen … III. Es wird also zunächst auf folgende Bauten verzichtet: … 3.) 2-gleisiger Ausbau der vorhandenen Werkbahn … Zu III wird bemerkt: Der Betrieb auf der vorhandenen Anschlußbahn wird mit den vorhandenen Dieselzügen von Zinnowitz bis zur HVP und zum Werk West wie bisher, jedoch auf der Umgehungsbahn, betrieben, wenn möglich erhält die vorhandene Strecke, die zunächst eingleisig bleibt, aber elektrische Oberleitung. Die Belegschaft für die FSP wird mit einem elektrischen Zuge von der Siedlung Karlshagen ab befördert. |
1940 |
1939 1941 |
5.1. | zweigleisiger Ausbau der vorhandenen Werkbahn gestrichen, die Wagenhalle soll nur zwei statt der geplanten vier Gleise erhalten |
12.3. | Besichtigung des RAW Berlin-Schöneweide, als Folge wird die Ausrüstung der Loks und Triebwagen mit Fahrsperre empfohlen |
19.3. | Besichtigung des Maschinenamtes 4 der S-Bahn Berlin, es wird um Überlassung von Zeichnungen der Halle des künftigen Bw Hermannstraße gebeten |
20.3. | Besichtigung der Hw Grunewald der BVG |
28.3. | Besprechung über Rangierbetrieb im Kraftwerkgelände |
Die ungünstigsten Verhältnisse treten ein, wenn ein voller Zug von 600 m Länge, bestehend aus 60 Wagen, je 25 t, also 1500 t, ankommen und a) in der Hauptbekohlung b) in der Notbekohlung entladen werden sollen. Dies geschieht wie folgt: a) 1. Teilen des Zuges in zwei Hälften von je 300 m auf der Strecke. 2. Abstellen von 300 m Zug auf Abstellgleis. 3. Maschine holt 150 m Zug von freier Strecke und fährt an den Bunkerplatz 4.-6. Abstellen weiterer 150 m an dem Bunkerplatz. 7. Entkohlen und Abtransport der Waggons. zu a) Es soll ein drittes Abstellgleis verlegt und Platz für ein viertes für das RLM vorgesehen werden. b) 1. Abstellen der Waggons wie unter a) jeweils in Viertelzügen auf den beiden Gleisen rechts und links des Kohlenplatzes. 2. Entkohlen von jeweils fünf Waggons (= 1/3 Viertelzug) an der Notbekohlung 3. Abstellen der entkohlten Wagen auf einem Abstellgleis. zu b) Die Notbekohlung muß Platz zum Entkohlen von jeweils fünf Waggons haben. | |
6.4. | Besprechung bei der RBD Stettin |
Da die eingleisige Strecke Heringsdorf – Wolgaster Fähre infolge ihrer starken Krümmungen und Steigungen nur beschränkt leistungsfähig ist und vollausgelastete Züge hier nicht zulässig sind, muß in absehbarer Zeit mit einer Erweiterung der bestehenden Reichsbahnanlagen gerechnet werden. Insbesondere glaubt die RBD, daß diese nach Ausbau des 2. Kraftwerks für den Antransport von Kohlen notwendig werden würde, da bekanntlich der Antransport von Kohlen auf dem Wasserwege mehrere Monate im Jahr nicht möglich ist. In technischer Hinsicht empfahl die RBD, die Gleisbögen, die von Staatsbahnlokomotiven befahren werden sollen, mit Halbmessern nicht unter 200 m zu verlegen (wenn auch 180 m als kleinste Halbmesser zugelassen werden), während in der Fertigung für den internen Verkehr Bögen mit 140 m Halbmesser zulässig sind. Bezüglich der Schienenschweißung werden größere Längen als 30 m nicht für ratsam gehalten. Als längster Güterzug wurden genannt: 120 Achsen = 600 m, bzw. bis zu 700 m für Leerwagenzüge. Der höchstzulässige Achsdruck beträgt 16 t, die höchstzulässige Last für einen Güterzug 1200 t. Auf der Strecke Heringsdorf – Wolgaster Fähre ist jedoch nur eine Höchstlast von 600 t zugelassen, so daß in der ersten Zeit mit längeren Zügen als 300 m nicht zu rechnen ist. | |
8.4. | Führerstandsmitfahrt Stettiner Bahnhof – Wannsee, Besichtigung des Bw Wannsee der Berliner S-Bahn |
29.4. | Besichtigung des noch nicht in Betrieb genommenen Bw Hermannstraße der Berliner S-Bahn [Thema: Verdunklung] |
30.5. | Dringlichkeit der Bauten in Pee I. Für die HVP. … 4) Heizwerk … II: Für die FSP … 5) Gesamtes Bahn- u. Wegenetz von Bahnhof Lager Karlshagen bis Hafen Pee, soweit für die Bauten des ersten Drittels nötig, einschließlich Bahn- u. Wegeanschluß an diese Bauten selbst. 6) Kraftwerk mit Bekohlung … 7) O2-Anlage … III: Für die FSP … 3) Bahnschleife, Rangieranlage, Haltestellen, Wagenhalle, Elektrifizierung der Bahn … 15) Lok-Schuppen … |
31.5. | Besichtigung der UW Halensee und Anhalter Bahnhof der Berliner S-Bahn |
5.6. | Auftrag auf 2 elektrische Rangierlok an SSW |
18.-20.6. | Besprechungen in Peenemünde |
Die kleinsten bei der Gleisanlage vorkommenden Krümmungshalbmesser betragen 140 m. Mit diesen Halbmessern ist die Eisenbahndirektion einverstanden, die von Gruppe VI bestellten Fahrzeuge können Krümmungen bis 100 m Radius befahren. | |
2.7. | Die Umgehungsbahn ist mit Schienen bis zum Anfang der Nordkurve versehen, aber erst zum kleinsten Teil beschottert. Die Erdarbeiten für den Bahndamm nach Hafen Peenemünde sind bis zum Forsthaus ziemlich vollendet, im anschließenden Feldgelände in Arbeit. |
5.7. | Besichtigung der UW Alexanderplatz und Lichtenberg der BVG |
8.-10.7. | Besprechungen in Pee |
In einer Besprechung betr. 15 kV-Netz wurden die Anschlüsse der beiden Bahnunterwerke festgelegt. Das Werk am HNBA soll über F3 versorgt werden, die Station an der Haltestelle Siedlung Karlshagen über das zu dem Wasserwerk der Stadtsiedlung führende Kabel. | |
12.7. | Besichtigung des fahrbaren UW der Berliner S-Bahn in Lichtenrade, für FSP verworfen |
19.-20.7. | Luftangriff auf den Hafen Peenemünde, keine Schäden; in der folgenden Nacht erneuter Angriff, ebenfalls ohne Schäden |
20.7. | Besprechung im RVM |
Zusage, die Hauptuntersuchungen an den elektrischen Triebwagen im RAW Schöneweide ausführen zu lassen, wo die erforderliche Oberleitung für 1200 V geschaffen werden soll | |
Juli | Baubeginn für den Bahnhof Karlshagen Siedlung |
8.-10.8. | Dienstreise nach Pee wg. Kraftwerksfragen |
Die Spitzen der Bahnbelastung gehen bis 11.000 kW bei einem Durchschnittswert von 3.820 beim Endausbau und 1.500 kW beim ersten Ausbau. Wegen dieser im Kraftwerksbetrieb zu erwartenden Spitzen wurden s.Zt. die von den SSW vorgeschlagenen Berson Kessel abgelehnt und Schrägrohrkessel mit gesonderten Dampfsammlern sowie hochüberlastbare Industrieturbinen gewählt. Die Bahnbelastung während der Arbeitszeit beträgt beim Endausbau 1.200 beim ersten Ausbau 500 kW. | |
12.8. | Die Schnellbahn soll mit Ausnahme der schon auf Stahlschwellen verlegten Umgehungsbahn grundsätzlich Holzschwellen erhalten. |
21.-22.8. | Besichtigung der Unterwerke Klein Flottbeck und Ohlsdorf der Hamburger Schnellbahn, Besichtigung des Betriebswerkes und des Ausbesserungswerkes, das Führerstandspult wird als günstiger als bei den Berliner Zügen beurteilt und soll für Peenemünde übernommen werden |
22.8. | Auftrag über 10 elektrische Ausrüstungen für Schnellbahnwagen an SSW |
23.8. | Vortrag Schlempp und Lübke bei Chef Prüf 11 betr. Übernahme der Bauleitung in Pee ab 15.9. [durch BGS bei gleichzeitiger Auflösung des HNBA Pee] |
2.-4.9. | Dienstreise nach Peenemünde |
Besprechung mit Hauptmann Harig von der HVP über die später von der FSP zu übernehmenden Betriebsmittel der jetzigen Werkbahn und ihres Personals. Herr Harig ist grundsätzlich der Ansicht, daß nach Inbetriebnahme der neuen Werkbahn der gesamte Bahnbetrieb der HVP wie auch der Luft nebst den zugehörigen Anlagen restlos von der FSP übernommen wird, damit die Bahn alsdann von einer Stelle einheitlich verwaltet wird. | |
Die HVP verfügt z.Z. über 2 von der FSP entliehene Dieselloks zu je 360 PS und insgesamt vier eigene Dieselloks, von denen zwei eine Leistung von 165 PS und zwei weitere 110 PS bzw. 80 PS besitzen. Eigentum der HVP sind ferner 30 alte Eisenbahn-Personen-Wagen sowie 2 geschlossene und 2 offene Güterwagen. Die Gefolgschaft der Bahn ist z.Z. einschließlich der Angestellten etwa 55 Mann stark. | |
Die beiden vor etwa zwei Jahren bestellten Akkumulatortriebzüge sollen in den nächsten Tagen in Peenemünde eintreffen. Sie bestehen aus je zwei Triebwagen mit drei Anhängern, die eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h erzielen und eine Fahrtbereich von 150 km besitzen. Jeder Wagen verfügt über 50 Sitzplätze. | |
Getrennte Besichtigungen der gesamten Werkbahn mit Vertretern der Firmen BBC und AEG zur Angebotserstellung für die Oberleitungsanlage. | |
Besprechung mit Vertretern der RBD Stettin und der VES zum Projekt der selbsttätigen elektrischen Signalanlagen mit Lichttagessignalen. Es bestehen Zweifel, ob das geplante Zentralstellwerk in betrieblicher Hinsicht allen Ansprüchen des umfangreichen Rangierbetriebes gerecht werden würde, woraufhin eine Besichtigung der Grube Theodor vorgesehen wird. | |
9.9. | Besichtigung eines elektrischen Stellwerks der S-Bahn auf dem Potsdamer Bahnhof (Nordsüd-Bahn) |
13.9. | Besprechung im RAW Schöneweide wegen der Herstellung der Oberleitung für das Probegleis, wegen der Spannung wird erwogen die Hauptuntersuchungen bei der mit 1200 V betriebenen Hamburger S-Bahn durchführen zu lassen, was jedoch verworfen wird, weil die für Peenemünde bestellten Fahrzeuge mehr den Berliner Fahrzeugen entsprechen und auch dieselben Hersteller haben |
21.9. | Aufträge auf 10 Triebwagen an Dessauer Waggonfabrik und auf 10 Steuerwagen an Busch Bautzen |
24.9. | Besichtigung der Eisenbahn-Signalanlage mit ferngesteuerter Abzweigstelle der Grube Theodor bei Bitterfeld sowie einer ähnlichen Anlage in Wolfen unter Beteiligung von Vertretern der VES. Weil das durch Erweiterungen sehr lang gewordene Einreihenhebelwerk in Bitterfeld als zu unbequem eingeschätzt wird, ist für das Stellwerk Pee ein 4-Reihen-Stellwerk vorgesehen |
25.9. | Besichtigung neuer Stadtbahn-Triebwagen in der Dessauer Waggonfabrik |
2.10. | Besichtigung der Waggonfabrik MBA vormals Orenstein & Koppel in Berlin-Spandau |
7.10. | Unterwerke für die Elektrifizierung der Werkbahn Pee |
A. Endausbau (Stoßverkehr) | |
1) Innerhalb 1 Std. sind ca. 5000 Arbeiter und 1000 Angestellte von der geplanten Großsiedlung nach den Haltestellen der FSP zu bringen und ebenso nach Arbeitsschluß wieder zurück. Hierzu sind drei Achtwagenzüge erforderlich. | |
2) In Siedlung Karlshagen Anschluß durch 2 Halbzüge, die auf der Umgehungsbahn bis Werk West verkehren und damit die Arbeiter und Angestellten nach der HVP bzw. Werk West bringen. | |
B. Vorläufiger Ausbau (Stoßverkehr) | |
1) Transport der Arbeiter vom Barackenlager bei der Siedlung Karlshagen nach der FSP. Hierzu erforderlich: 1 Achtwagenzug. | |
2) Transport der Arbeiter und Angestellten von Zinnowitz, Siedlung Karlshagen, nach der HVP über die Umgehungsbahn. Erforderlich: 2 Halbzüge. | |
Außerhalb dieses Personenstoßverkehrs soll noch ein Güterverkehr mit 2 el. Lokomotiven, ein Personen-Pendelverkehr zwischen Siedlung und Zinnowitz, sowie ein Schichtwechselverkehr für ca. 150 Personen zum Kraftwerk, den O2-Anlagen und zurück eingerichtet werden. | |
Mit Rücksicht auf den Spannungsabfall, der aus Betriebssicherheits- und Wirtschaftlichkeitsgründen nicht mehr als 30 – 35 % betragen soll, müssen für den oben geschilderten Endausbau 3 Unterwerke errichtet werden, die zweckmäßigerweise bei der Siedlung Karlshagen, bei der HVP und in der Nähe der geplanten Großsiedlung angeordnet werden. Aus den Belastungsschaulinien für die 3 Unterwerke ergibt sich eine Spitzenbelastung von ca. 3700 A während 20 sek für 1 Unterwerk. Die Berechnungen der Fa. BBC ergaben rund 4000 A Spitzenstrom. Da die hier zur Verwendung kommenden Eisengleichrichter VDE-mäßig Überlastungen von 100% während 20 sek aushalten können, bedeutet dies, daß in 3 Unterwerken jeweils Gleichrichter für 2000 A Dauerstrom aufgestellt werden müssen. Die aus Gründen der Betriebssicherheit erforderliche Unterteilung der Leistung führte zunächst auf die Verwendung von 1000 A Einheiten, was bei 50 % Reserve die Aufstellung von 3 Einheiten je 1000 A im Unterwerk ergeben hätte. Faßt man jedoch den vorläufigen Betrieb ins Auge, so erscheint diese Aufteilung als unzweckmäßig. Hierbei muß die Anfahrspitze eines Achtwagenzuges mit ca. 1840 A gedeckt werden. Dies erfordert 920 A dauernd, was bedeutet, daß der 1000 A Gleichrichter, der in diesem Fall allein den Betrieb machen müßte, knapp bemessen ist. Aus diesen Gründen wird vorgeschlagen, die 1500 A Type zu beschaffen und zunächst 2 Einheiten aufzustellen, das Unterwerk aber schon jetzt für die Aufstellung eines dritten Aggregates als Reserve beim Endausbau auszubauen. In den Streckenabzweigen liegen je ein Strommesser, außerdem je 1 Prüfeinrichtung, welche bei Kurzschlüssen automatisch 3 mal die Strecke abtasten. Erweist sich danach der Kurzschluß als behoben, wird der Streckenanschalter automatisch wieder eingelegt. Zum Schutz gegen Überspannungen erhalten die einzelnen Strecken Überspannungsableiter. Geerdet wird die Kathode der Gleichrichter, damit das Potential der Gefäße niedrig bleibt. Die Werke bei der HVP und bei der Großsiedlung sind bedienungslos und werden von dem Werk in der Mitte, das als Geberstation ausgeführt ist, ferngesteuert. In der Steuerstelle können folgende Größen ferngemessen werden: Der Summengleichstrom, die Gleichspannung, außerdem können nach belieben angewählt werden die Einzelströme und die Vakuumwerte der Gleichrichter. An Betriebsstörungen werden gemeldet: Gleichrichtertemperatur und Vakuum, Trafo-Temperatur und Buchholzschutz, Buchholzschutz der Werkumspanner, Batterie, Druckluftanlage. | |
8.-10.10. | Besprechung in Pee betreffend Bahnunterwerke |
Es wurde der Aufstellungsort des Unterwerk II, das in der Nähe der Azetylen-Anlage errichtet werden soll, besprochen. Es wird vorgeschlagen, das Anschlußgleis zur A2 über Straße und Bahn zu verlängern. Dies bedingt jedoch eine weitere Straßen- bzw. Bahnkreuzung. Ein entsprechendes Deckblatt wurde angefertigt und an die Baugruppe Schlempp geschickt. Das Unterwerk I soll in die Nähe des geplanten Heeresstandortgebäudes kommen. Die endgültige Festlegung der beiden Werke soll jedoch erst in ca. 14 Tagen durch eine örtliche Besichtigung des Geländes im Einvernehmen mit der Bauleitung vorgenommen werden. | |
17.-18.10. | Dienstreise nach Peenemünde, Besprechung mit RBD Stettin |
Der Vertreter der RBD wies anhand des Lageplans für die FSP darauf hin, daß einige schienengleiche Kreuzungen auch innerhalb des Werkes mit Schranken versehen werden müßten. Mit Rücksicht auf die hohe vom Oberkommando des Heeres beabsichtigte Zuggeschwindigkeit müßten alle von der Schnellbahn sowie Umgehungsbahn in gleicher Höhe gekreuzten Straßen und Fahrwege Bahnschranken erhalten. Darauf könnte nur bei einer Kleinbahn mit weniger als 40 km/h Höchstgeschwindigkeit verzichtet werden. Es könnte angenommen werden, daß die Werkbahn Pee später den Charakter einer Kleinbahn erhalte, und damit unter das Kleinbahngesetz falle. Nach dem Gesetz dürfe eine Höchstgeschwindigkeit von 40 km pro Std. nicht überschritten werden. Der RBD wurde erwidert, daß diese Geschwindigkeit innerhalb des Fertigungswerkes voraussichtlich ausreichen, daß für die Strecke Karlshagen – Zinnowitz jedoch eine Ausnahmegenehmigung nachgesucht werden würde, da hier unbedingt größere Geschwindigkeiten gefahren werden müssen. | |
Besprechung mit Hptm. Harig und Oberst Zanssen: Diese sind der Ansicht, daß es günstiger sei, die Wagenhalle aus der FSP herauszunehmen und näher an die künftige Großsiedlung heranzulegen. Sie begründeten ihre Ansicht damit, daß die in der Wagenhalle beschäftigten Gefolgschaftsmitglieder mit der Fertigung an sich nichts zu tun hätten und infolgedessen auch nicht in das abgezäunte Gebiet der FSP eingeschlossen zu werden brauchten. Ferner würde wahrscheinlich ein großer Teil des Werkbahnpersonals in der Großsiedlung wohnen und müßte daher mit Mannschaftswagen jeweils von bzw. zur Arbeitsstätte gebracht werden. Auch glaubten die Herren Leerfahrten der Werkbahnzüge sparen zu können, wenn die Wagenhalle näher an die Großsiedlung und nicht in der FSP errichtet würde. Schließlich hielt man auch organisatorische Gründe für diese Änderung für maßgebend, da man glaubt, daß es zweckmäßiger sei, die Werkbahn dem Standortältesten von Pee als einer neutralen Stelle zu unterstellen und nicht der FSP. Den Herren wurde erwidert, daß die Frage der Errichtung der Wagenhalle in der Nähe der Großsiedlung bereits seit einiger Zeit bei der Planung Gegenstand einer eingehenden Prüfung gewesen sei, daß man jedoch auch heute noch der Überzeugung sei, daß die gewählte und im Lageplan festgelegte Lage die zweckmäßigere sei. Was die später erst akut werdende Frage der Eingruppierung der Werkbahn in eine der dortigen Dienststellen angehe, so wurden die Herren hierzu darauf hingewiesen, daß beabsichtigt sei, der Werkbahn eine Kommission anzugliedern, die aus je einem Vertreter der FSP, der HVP, der Luft und des Standortältesten bestehen solle und die über alle wichtigen Fragen wie Fahrplangestaltung pp. zu hören sei, damit die Belange der einzelnen Dienststellen hinreichend gewahrt bleiben. Die HVP empfahl, die zwischen der Hauptwache der HVP und dem Verwaltungsgebäude der Luft gelegene alte Werkbahn und die Straße gegeneinander auszutauschen, um die zahlreichen, lästigen Straßenkreuzungen zu vermeiden. Diesem Plan konnte mit Rücksicht auf die hohen Kosten nicht zugestimmt werden, zumal neue Straßenkreuzungen, wenn auch in geringerer Anzahl, verbleiben würden. Besser erscheint es, die Bahn später einmal an der Post abzweigen zu lassen und westlich der HVP zur Luft zu führen. Festlegung, daß die Haltestelle an der Nordseite der Umgehungsbahn mit nur einem, und zwar dem nördlichen Bahnsteig bestehen bleibt, so daß sich die Errichtung eines Tunnels und eines Bahnhofsgebäudes erübrigt, und daß ferner für die Strecke zum Hafen in Pee in Höhe der Hauptwache der HVP eine weitere Haltestelle vorzusehen ist. | |
Abnahmefahrt des ersten Akkumulatoren-Triebwagenzuges [18.10.] | |
21.10. | Besprechung bei der Bauleitung Pee, Planung eines Bahnsteiges von etwa 100 m Länge, etwa in der Gegend der Post am Eingang der HVP für Fahrgäste, die von der HVP zum Hafen Pee wollen |
29.-31.10. | Besprechung in Pee |
Die AEG ist beauftragt worden, die in die Einzelheiten gehende Ausarbeitung des Projektes in Angriff zu nehmen. Die Geberstation soll am Südende der Siedlung Karlshagen in der Nähe des dort geplanten Heeresstandort-Gebäudes errichtet werden, die gesteuerte Station in unmittelbarer Nähe des Gleisdreiecks am Nordende der Schleife innerhalb der FSP. | |
4.-6.11. | Besprechung in Pee |
Der Entwurf für die Wagenhallen wird nach der übergebenen Zeichnung der Reichsbahn aufgestellt. Die HVP wünscht nun doch den zweigleisigen Bahnhof mit der Untertunnelung an der Nordkurve des Gleises, das zur HVP führt und verzichtet auf einen Bahnsteig neben der Wache | |
11.-13.11. | Dienstreise nach Pee |
Das Streckengleis zum Hafen Pee ist bis zur 1. Weiche verlegt, doch fehlt es an Schotter. Der Schottermangel ist angeblich in den letzten Wochen sehr groß geworden. Es treffen täglich nur 3-4 Waggons ein, obwohl mindestens 20 Wagen benötigt werden und auch angefordert wurden. | |
18.-20.11. | Besprechung in Pee |
Mit Hptm. Haarig und dem Vorstand der Werkbahn, Herrn Bleske wurde die Frage der Bahnsteige für die HVP besprochen. Es wird endgültig mit Einverständnis von Oberst Dornberger und Oberst Zanssen festgelegt, daß vorläufig der vorhandene Bahnsteig der HVP unverändert bestehen bleibt, daß ferner neben der Wache ein kleiner Bahnsteig für den Verkehr nach dem Hafen Pee eingerichtet wird und daß der Bahnhof vor dem Verwaltungsgebäude der Neubauleitung nur als Rangierbahnhof ausgebaut wird. Aus Betriebsgründen erhält dieser Bahnhof einen einfachen Bahnsteig an der Nordseite. Der bereits für den Mittelbahnsteig angefahrene Sand wird zur Ausfüllung des Planums vor der O2-Anlage verwendet. Wie später einmal der endgültige Anschluß der HVP und der Luft an die Schnellbahn erfolgt, bleibt zunächst dahingestellt. | |
12.12. | Die Gleise sind bis zur Abzweigungsstelle am Eingang des Dorfes Peenemünde fertig verlegt. |
1939 1941 |
BBC | Brown, Boverie & Cie |
BGS | die nach ihrem Leiter benannte, dem Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Speer unterstehende Baugruppe Schlempp |
BVG | Berliner Verkehrsbetriebe |
Bw | Bahnbetriebswerk der Deutschen Reichsbahn |
FSP | Fertigungsstelle Peenemünde, später als Versuchsserienwerk (VW) oder Werk Süd bezeichnet |
HNBA | Heeresneubauamt |
HVP | Heeresversuchsstelle Peenemünde, später mit FSP zur Heeresversuchsanstalt Peenemünde vereinigt |
Hw | Hauptwerkstatt der Berliner Verkehrsbetriebe BVG |
MBA | Maschinenbau und Bahnbedarf AG, die vormalige Firma Orenstein & Koppel |
Pee | Peenemünde |
Prüf 11 | eigentlich seit 1938 Wa Prüf 11, die für die Raketenentwicklung zuständige Abteilung des Heereswaffenamtes, deren Leiter Dornberger war |
RAW | Reichsbahnausbesserungswerk |
RBD | Reichsbahndirektion |
RLM | Reichsluftfahrtministerium |
RVM | Reichsverkehrsministerium |
SSW | Siemens-Schuckertwerke |
UW | Unterwerk (Bahnstromwerk) |
VES | Vereinigte Eisenbahnsignalwerke |
VKN | Versuchskommando Nord |
WbD | Werkbahndirektion |