Richtlinien für die Vergrößerung der Vorsignalabstände

Aus der Verfügung 80 Ssä 114 der Deutschen Reichs­bahn-Ge­sell­schaft vom 14. Juli 1933:

Richtlinien für die Vergrößerung der Vorsignalabstände

§ 1. Allgemeines

Um eine Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit zu er­mög­li­chen, ist auf ge­wis­sen, von der Haupt­ver­wal­tung zu be­stim­men­den Stre­cken der Ab­stand der Vor­sig­na­le vom zu­ge­hö­ri­gen Haupt­sig­nal zu ver­grö­ßern.

§ 2. Abstand der Vorsignale vom zu­ge­hö­ri­gen Haupt­sig­nal

  1. Als Abstand der Vorsignale von Ein­fahr-, Block- und Deckungs­sig­na­len ist auf den in § 1 be­zeich­ne­ten Stre­cken in der Re­gel ohne Rück­sicht auf die Nei­gungs­ver­hält­nis­se das Maß von 1000 m an­zu­neh­men. Der glei­che Ab­stand ist auch für die Aus­fahr­vor­sig­na­le an­zu­stre­ben, wo­bei nö­ti­gen­falls die Be­sei­ti­gung von Zwi­schen­sig­na­len ins Auge zu fas­sen ist.
     
  2. Steht für einen mehrere Zugfolgestellen um­fas­sen­den Stre­cken- oder Gleis­ab­schnitt der im § 1 be­zeich­ne­ten Stre­cken fest, daß auch nach der mit Ver­fü­gung 81 Io 322 vom 6. Juni 1933 ein­ge­lei­te­ten Her­rich­tung des Ober­baus die Ge­schwin­dig­keit aus ört­li­chen Grün­den (Nei­gun­gen, Krüm­mun­gen usw.) nicht über 100 km/h ge­stei­gert wer­den kann, so ist auf die­sem Ab­schnitt durch­weg ein Vor­sig­nal­ab­stand von 850 m her­zu­stel­len. Soll­te die Di­rek­tion im Ein­zel­fall ei­nen ge­rin­ge­ren Vor­sig­nal­ab­stand für aus­rei­chend hal­ten, so wäre die Ge­neh­mi­gung der Haupt­ver­wal­tung – in Bay­ern der Grup­pen­ver­wal­tung – ein­zu­ho­len.
     
  3. Kann ein Ausfahrvorsignal aus örtlichen Grün­den den der zu­läs­si­gen Höchst­ge­schwin­dig­keit ent­spre­chen­den Ab­stand vom Haupt­sig­nal nicht er­hal­ten, so sind die durch Zif­fer A 6 der „Grund­sät­ze für die An­ord­nung von Aus­fahr­vor­sig­na­len“ vor­ge­schrie­be­nen be­trieb­li­chen Maß­nah­men zu tref­fen.
     
  4. Beträgt der Abstand eines Einfahr- oder Block­sig­nals vom näch­sten rück­ge­le­ge­nen Haupt­sig­nal we­ni­ger als 1300 m, so ist das Vor­sig­nal an die­sem Haupt­sig­nal an­zu­ord­nen und sinn­ge­mäß die durch Zif­fer B 4 und B 5 der „Grund­sät­ze für die An­ord­nung von Aus­fahr­vor­sig­na­len“ vor­ge­schrie­be­ne Ab­hän­gig­keit her­zu­stel­len. Die Auf­stel­lung von Vor­sig­nal­ba­ken ist in die­sem Fal­le nicht er­for­der­lich, wenn das rück­ge­le­ge­ne Haupt­sig­nal ein Aus­fahr­sig­nal ist. Ein grö­ße­rer Ab­stand als 1500 m darf nur in Aus­nah­me­fäl­len und nur mit Ge­neh­mi­gung der Haupt­ver­wal­tung – in Bay­ern der Grup­pen­ver­wal­tung – an­ge­wen­det wer­den. Ge­hö­ren die Vor­sig­na­le zu ei­nem mehr­flüg­li­gen Haupt­sig­nal, so müs­sen sie auf Stre­cken, auf de­nen das Drei­be­griff­vor­sig­nal ein­ge­führt ist (sie­he § 3), sämt­lich drei­be­grif­fig sein.

§ 3. Dreibegriffvorsignale

  1. Ob im Zusammenhang mit der Ver­grö­ße­rung der Vor­sig­nal­ab­stän­de das Drei­be­griff­vor­sig­nal in der mit Ver­fü­gung 80 Sss 213 vom 11. Mai 1933 fest­ge­setz­ten Form ein­zu­füh­ren ist, be­stimmt für jede ein­zel­ne Stre­cke die Haupt­ver­wal­tung.
     
  2. Die Streckenabschnitte, auf denen das Drei­be­griff­vor­sig­nal ein­zu­füh­ren ist, sind mög­lichst durch grö­ße­re Kno­ten­punkt zu be­gren­zen. Un­ter Um­stän­den ist da­her die­se Sig­nal­form auch da vor­zu­se­hen, wo nach § 2 (2) eine Ver­grö­ße­rung der Vor­sig­nal­ab­stän­de auf 1000 m nicht in Fra­ge kommt.

§ 4. Ausfahrvorsignale

  1. Ob im Zusammenhang mit der Ver­grö­ße­rung der Vor­sig­nal­ab­stän­de die etwa noch feh­len­den Aus­fahr­vor­sig­na­le auf­zu­stel­len sind, be­stimmt die Haupt­ver­wal­tung. Ge­ge­be­nen­falls ist auf auf tun­lichst weit­ge­hen­de Wie­der­ver­wen­dung der durch die Ein­füh­rung der Drei­be­griff­vor­sig­na­le frei­wer­den­den Zwei­be­griff­vor­sig­nale hin­zu­wir­ken. Die Ko­sten für die Auf­stel­lung von Aus­fahr­vor­sig­na­len sind im Ko­sten­an­schlag be­son­ders er­sicht­lich zu ma­chen.
     
  2. Neu aufzustellende oder zu versetzende Aus­fahr­vor­sig­na­le sind in der Re­gel am Ein­fahr­sig­nal an­zu­ord­nen (vgl. Zif­fer A 3 der „Grund­sät­ze für die An­ord­nung von Aus­fahr­vor­sig­na­len“). Ein grö­ße­rer Ab­stand als 1500 m darf je­doch nur in Aus­nah­me­fäl­len und mit Zu­stim­mung der Haupt­ver­wal­tung – in Bay­ern der Grup­pen­ver­wal­tung – an­ge­wen­det wer­den.

§ 5. Abstand der Hauptsignale vom Ge­fahr­punkt

  1. Bezüglich des Abstandes der Ein­fahr- und Deckungs­sig­na­le so­wie der Block­sig­na­le auf Ab­zweig­stel­len vom Ge­fahr­punkt sind die mit Ver­fü­gung 80 Sss 200 vom 30. De­zem­ber 1932 fest­ge­setz­ten Grund­sät­ze an­zu­wen­den, wo­bei die Be­mer­kung un­ter Zif­fer B 4, letz­ter Ab­satz, die­ser Grund­sät­ze zu be­ach­ten ist.
     
  2. Das Hinausschieben der Einfahrsignale auf Zwi­schen­bahn­hö­fen, auf de­nen ein­zel­ne Züge hal­ten müs­sen, ohne durch das Ein­fahr­sig­nal ge­deckt zu sein, ist nur dann vor­zu­se­hen, wenn dies ohne er­heb­li­che Mehr­ko­sten mög­lich ist.
     
  3. Werden durch das Hinausschieben der Ein­fahr­sig­na­le Ver­än­de­run­gen an Zug­be­ein­flus­sungs­ein­rich­tun­gen oder die Be­schaf­fung von Er­satz­sig­na­len, Sig­nal­fern­spre­chern, Sig­nal­nach­ah­mern oder der­glei­chen er­for­der­lich, so sind die Ko­sten für der­ar­ti­ge Aus­füh­run­gen mit zu ver­an­schla­gen.

§ 6. Antrieb und Beleuchtung der Vor­sig­na­le

  1. In mechanischen Stellwerksanlagen ist die me­cha­ni­sche Be­die­nung der Vor­sig­na­le nach Mög­lich­keit bei­zu­be­hal­ten. Die An­ord­nung neu­er be­son­de­rer Vor­sig­nal­he­bel ist je­doch zu ver­mei­den. Vor­han­de­ne be­son­de­re Vor­sig­nal­he­bel kön­nen in­des für zwei­be­grif­fi­ge Vor­sig­na­le bei­be­hal­ten wer­den, auch wenn das Vor­sig­nal an ei­nem rück­ge­le­ge­nen Haupt­sig­nal an­zu­ord­nen ist (sie­he §§ 2 (4) und 4 (2)). Es müs­sen als­dann aber die durch die Zif­fern B 4 und B 5, letz­ter Ab­satz, der „Grund­sät­ze für die An­ord­nung von Aus­fahr­vor­sig­na­len“ vor­ge­schrie­be­ne Ab­hän­gig­kei­ten und Weck­ein­rich­tun­gen her­ge­stellt wer­den (vgl. auch Ver­fü­gung 80 Ssbg 37 vom 4. Ja­nu­ar 1934).
     
  2. Beträgt der zukünftige Abstand des Vor­sig­nals von der Be­die­nungs­stel­le nicht mehr als 1200 m, so ist le­dig­lich die Draht­lei­tung zu ver­län­gern. Bei ei­ner be­ab­sich­tig­ten Vor­sig­nal­ent­fer­nung von 1200 m bis 1500 m sind Hub­ver­grö­ße­rungs­ein­rich­tun­gen an­zu­ord­nen und gleich­zei­tig die Draht­lei­tung durch ge­eig­ne­te Maß­nah­men (z.B. Ver­wen­dung von 5 mm star­kem Draht, Ver­meh­rung der Lei­tungs­stüt­zen, An­wen­dung von Ku­gel­la­gern in Um­len­kun­gen und Spann­wer­ken, Aus­schal­ten von Rie­gel­rol­len aus den Sig­nal­draht­zü­gen usw.) zu ver­bes­sern. Bei grö­ße­ren Ent­fer­nun­gen ist au­ßer der vor­be­schrie­be­nen Lei­tungs­ver­bes­se­rung die An­wen­dung ei­ner Sig­nal­win­de der Bau­art VES nach Zeich­nung 138 A 1/33 vor­zu­se­hen.
     
  3. Die nach (2) erforderlichen Sig­nal­win­den sind von je­der Reichs­bahn­di­rek­tion un­mit­tel­bar von den Ver­ei­nig­ten Ei­sen­bahn-Sig­nal­wer­ken zu be­zie­hen.
     
  4. Für neu zu beschaffende Zwei­be­griff­vor­sig­nale, die an me­cha­ni­sche Stell­wer­ke an­zu­schlie­ßen sind, Kraft­an­trieb er­hal­ten und von meh­re­ren auf­ein­an­der fol­gen­den Haupt­sig­na­len ab­hän­gig ge­macht wer­den müs­sen, ist ver­suchs­wei­se ein Kraft­spei­cher­an­trieb der Bau­art VES zu ver­wen­den. Die Ver­su­che sind im Be­neh­men mit dem Reichs­bahn­zen­tral­amt für Bau- und Be­triebs­tech­nik durch­zu­füh­ren.
     
  5. Die vorhandene Petroleumbeleuchtung ist in der Re­gel bei­zu­be­hal­ten. Nur wo durch das Hin­aus­rücken der Vor­sig­na­le er­heb­li­che Mehr­ko­sten für die War­tung der La­ter­nen ent­ste­hen, ist die Be­leuch­tung der Vor­sig­na­le durch Pro­pan­gas vor­zu­se­hen. In der nach § 8 (1d) vor­zu­le­gen­den Nach­wei­sung des Be­darfs an Drei­be­griff­vor­sig­na­len ist an­zu­ge­ben, ob die Be­leuch­tung durch Pe­tro­le­um (P), Pro­pan­gas (G) oder Elek­tri­zi­tät (E) er­folgt.

§ 7. Besondere Bauvorschriften

  1. Besondere Ergänzungen der Si­che­rungs­an­la­gen, die zur Ver­grö­ße­rung der Vor­sig­nal­ab­stän­de nicht un­be­dingt er­for­der­lich sind (z.B. Ein­bau von Zun­gen­rie­geln und Si­che­run­gen ge­gen un­zei­ti­ges Um­stel­len, Her­stel­lung von Flan­ken­schutz­ein­rich­tun­gen, Ein­bau von iso­lier­ten Schie­nen­stre­cken für elek­tri­sche Ta­sten­sper­ren usw.), sind in der Re­gel nicht zu be­rück­sich­ti­gen. Hält die Di­rek­tion in Aus­nah­me­fäl­len der­ar­ti­ge Er­gän­zun­gen für un­be­dingt er­for­der­lich, so sind sie zu be­grün­den. Fer­ner sind die Ko­sten im Ko­sten­an­schlag be­son­ders kennt­lich zu ma­chen.
     
  2. Beim Neuaufstellen und Versetzen von Haupt- und Vor­sig­na­len ist nach Mög­lich­keit dar­auf Be­dacht zu neh­men, daß die Sig­na­le ei­ner et­wa­igen Ver­grö­ße­rung des Gleis­ab­stan­des auf 4,00 m nicht hin­der­lich sind (vgl. den vor­letz­ten Ab­satz der Ver­fü­gung 81 Io 322 vom 6. Juni 1933).

§ 8. Behandlung der Entwürfe

  1. Die Entwürfe für die Vergrößerung der Vor­sig­nal­ab­stän­de wer­den in je­dem Ein­zel­fall von der Haupt­ver­wal­tung ein­ge­for­dert. An Ent­wurfs­stücken ist als­dann er­for­der­lich:
    a) ein Stre­cken­band, aus dem die Block- und son­sti­gen Sig­nal­be­die­nungs­stel­len, die Bahn­hofs­fahr­ord­nung, die Lage der Bahn­stei­ge, der ge­gen­wär­ti­ge und zu­künf­tige Stand­ort der Haupt- und Vor­sig­na­le und die künf­ti­ge Län­ge der ein­zel­nen Block­ab­schnit­te (von Haupt­sig­nal zu Haupt­sig­nal ge­rech­net) bzw. der Ab­stand Ein­fahr­sig­nal vom Aus­fahr­sig­nal zu er­se­hen sind,
    b) eine Fahr­schau­ta­fel, aus der die für je­den Gleis­ab­schnitt zu­läs­si­ge Höchst­ge­schwin­dig­keit zu er­se­hen ist,
    c) ein Ko­sten­an­schlag nebst Er­läu­te­run­gen,
    d) eine Nach­wei­sung des Be­darfs an Drei­be­griff­vor­sig­na­len nach be­son­de­rem Mu­ster mit An­ga­be der Be­leuch­tungs­art (§ 6 (5).
     
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Letzte Änderung am 22.12.2003
© Steffen Buhr