Mit der 1928 bis 1930 ausgeführten, damals noch Elektrisierung genannten Elektrifizierung der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen, die seit 1930 S-Bahn genannt werden, sollte auch die Zugfolge weiter verdichtet werden. Mit den vorhandenen, manuell zu bedienenden Blockanlagen ließen sich auf der Berliner Stadtbahn (Karte) bereits Zugfolgen von zweieinhalb Minuten erzielen. Bei der Stadtbahn handelt es sich um die im Jahre 1882 eröffnete, viergleisige und größtenteils als gemauertes Viadukt ausgeführte Eisenbahnstrecke zwischen dem heutigen Ostbahnhof, damals Schlesischer Bahnhof, und Charlottenburg. Sie hat zwei Gleise für den Fern- und zwei Gleise für den Vorortverkehr (Stadtgleise). Auf der Ringbahn und den Vorortstrecken waren meist Zugfolgen von fünf Minuten möglich. Einer weiteren Verdichtung mit dem alten Blocksystem standen vor allem die Blockbedienungszeiten und der noch weiter steigende personelle Aufwand entgegen. Schon jetzt waren für die knapp zwölf Kilometer der Stadtbahn neben den Bahnhöfen Alexanderplatz, Friedrichstraße und Zoologischer Garten siebzehn Blockstellen vorhanden. Der Dienst auf den Blockstellen ist wegen der sich ständig in gleicher Weise wiederholenden Bedienungshandlungen äußerst eintönig. Selbsttätige Blockanlagen arbeiten gegenüber handbedienten zuverlässiger, praktisch verzögerungsfrei und verringern trotz der fast beliebig verkürzbaren Blocklängen den Personalaufwand.
Um Erfahrungen mit selbsttätigen Systemen zu sammeln, wurde 1926 der Streckenabschnitt Potsdamer Vorortbahnhof—Priesterweg—Lichterfelde Ost mit selbsttätigen Signalanlagen ausgerüstet. Zu Testzwecken wurde Anfang 1927 am Bahnhof Zepernick die Probeausführung eines Sv-Signals an einem vorhandenen Signalausleger aufgehängt und im März gemeinsam mit den zuständigen Referenten des Reichsverkehrsministeriums (RVM) und der Hauptverwaltung der DRG besichtigt. Anders als heute reichte die Bebauung beiderseits der Stadtbahn damals oft bis unmittelbar an das Viadukt heran. Außerdem ist die Strecke auf weiten Abschnitten sehr kurvenreich, da es schon zur Zeit des Stadtbahnbaus Schwierigkeiten bereitete, eine Trasse durch das dicht bebaute Stadtgebiet zu finden. Es waren deshalb bereits vorher zahlreiche Signale links aufgestellt. Nun sollte für die Stadtgleise die Linksaufstellung die Regel werden. Mit dem Probesignal sollte unter anderem überprüft werden, ob die einheitliche Linksaufstellung den Anforderungen genügen würde. Das RVM stimmte dem im Ergebnis der Besichtigung zu.
Als Signalsystem wurden die erst später so genannten Signalverbindungen gewählt, die auf einem Signalschirm Haupt- und Vorsignal vereinigen. Hierbei bilden die Lichter der linken Schirmseite das Hauptsignal, die rechten Lichter das Vorsignal für das folgende Hauptsignal. Die rechten Lichter zeigen dabei bei Fahrtbegriffen anstelle der üblichen Vorsignalnachtzeichen gleich das Bild des folgenden Hauptsignals. In der Eisenbahnsignalordnung von 1935, in der die Signalverbindungen erstmals enthalten waren, erhielten die Signalverbindungen die Bezeichnungen Sv 1 bis Sv 8, wobei die Begriffe Sv 1, Sv 2 und Sv 5 bis Sv 8 den möglichen Kombinationen von Hp 1 bzw. Hp 2 mit Vz 1, Vz 2 bzw. Vz 3 entsprechen. Sv 4 entspricht dem Hp 0.
Begriff | Signalbild | Bedeutung | |
Sv 1 | zwei grüne Lichter in gleicher Höhe nebeneinander | Fahrt frei – Am nächsten Signal ist ebenfalls Fahrt frei zu erwarten | |
Sv 2 | ein grünes Licht, rechts in gleicher Höhe daneben ein gelbes Licht | Fahrt frei – Am nächsten Signal ist Halt (Signal Sv 3 oder Sv 4) zu erwarten | |
Sv 3 | zwei gelbe Lichter in gleicher Höhe nebeneinander | Halt! – Weiterfahrt nur mit besonderer Vorsicht | |
Sv 4 | ein rotes Licht | Halt! | |
Sv 5 | links ein grünes Licht, rechts zwei grüne Lichter senkrecht übereinander, das obere Licht in gleicher Höhe mit dem linken Licht | Fahrt frei – Am nächsten Signal ist Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbeschränkung (Signal Sv 6, Sv 7 oder Sv 8) zu erwarten | |
Sv 6 | links zwei grüne Lichter senkrecht übereinander, rechts ein drittes grünes Licht in gleicher Höhe mit dem oberen linken Licht | Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbeschränkung – Am nächsten Signal ist Fahrt frei (Signal Sv 1, Sv 2 oder Sv 5) zu erwarten | |
Sv 7 | links und rechts je zwei grüne Lichter senkrecht übereinander | Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbeschränkung – Am nächsten Signal ist Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbeschränkung (Signal Sv 6, Sv 7 oder Sv 8) zu erwarten | |
Sv 8 | links zwei grüne Lichter senkrecht übereinander, rechts ein gelbes Licht in gleicher Höhe mit dem oberen linken Licht | Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbeschränkung – Am nächsten Signal ist Halt (Signal Sv 3 oder Sv 4) zu erwarten | |
Bremspfeil | ein senkrechter, nach unten zeigender, weißbeleuchteter Pfeil über dem Sv 2 oder Sv 8 | Der Bremspfeil erscheint, wenn mit dem Bremsen schon vor dem Signal zu beginnen ist. Er wird angewandt, wenn die Entfernung zweier aufeinanderfolgender Signale kürzer ist als der Bremsweg für volle Fahrgeschwindigkeit. | |
Ve 5 | drei weiße Lichter in Form eines A | Am haltzeigenden Hauptsignal (Hp 0) ohne schriftlichen Befehl vorbeifahren | |
Ve 6 | drei weiße Lichter in Form eines V | Vorrücken |
Bei handbedienten Blocksignalen, die infolge einer Störung nicht in die Fahrtstellung kommen, kann der Blockwärter dem Zugführer einen schriftlichen Befehl zur Vorbeifahrt ausstellen oder ersatzweise das ggf. vorhandene Ersatzsignal bedienen. Für die neuen selbsttätigen Blocksignale auf freier Strecke, die ja von keinem Blockwärter mehr bedient werden sollten, muß für den Fall, daß ein solches Signal störungsbedingt nicht in die Fahrtstellung kommt, eine andere Regelung geschaffen werden. Hierfür war ursprünglich von der Reichsbahndirektion (RBD) Berlin ein besonders Störungszeichen in Form eines S an den Signalen vorgesehen worden, an denen der Triebwagenführer im Störungsfall nach Zustimmung des Zugbegleiters weiterfahren durfte. Auf Anregung des RVM wurde dann aber ein neuer Haltbegriff, das spätere Sv 3 eingeführt, das nach kurzem Halt die Weiterfahrt mit besonderer Vorsicht erlaubte. Dabei ist die Fahrweise so einzurichten, daß der Zug vor jedem etwa auftauchenden Hindernis zum Stehen gebracht werden kann, da ja bei der Einfahrt in den Blockabschnitt das Signal auch deshalb die Haltstellung gezeigt haben kann, weil der vorausfahrende Zug den Blockabschnitt noch nicht verlassen hat. Dieses Verfahren wird permissives Fahren genannt, das heißt Fahren auf Sicht ohne Auftrag durch einen Fahrdienstleiter. Als Signalbild wurde statt des einen Rotlichts zwei waagerecht angeordnete gelbe Lichter festgelegt. Eine Gegenüberstellung der Signalbegriffe zeigt, welcher Sv-Begriff welcher Hp/Vz-Kombination entspricht.
Nach dem Signalbuch 1935, in dem die Sv-Signale erstmals enthalten waren, hatte das Sv 4 die Bedeutung „Halt!“. Die zugehörige Ausführungsbestimmung (AB) 42 schrieb vor: „Vor Signal Sv 4 hat ein Zug zu halten; er darf an ihm nur vorbeifahren, wenn er dazu durch Ersatzsignal (Signal Ve 5, …) und das Signal „Abfahren“ des Zugführers (FV § 53 (2)) oder mündlichen Befehl (FV § 22 (17) und AB 23) ermächtigt wird, …“. AB 23 gehört zum Hp 0 und behandelt die M-Tafel. Demnach gilt das Sv 4 nur für Züge, nicht aber für Rangierfahrten. Das entspricht der Bedeutung der Hauptsignale, vor denen noch ein Gleissperrsignal aufgestellt wurde, wenn dort auch Rangierfahrten verkehrten. In den Sondervorschriften für selbsttätige Signalanlagen, Fahrsperren und Ad-Signale (SSFV) 1931, § 11 – Verhalten gegenüber den Signalen – war jedoch vorgeschrieben: „Rot ist Haltsignal. Selbständiges Vorrücken ist hier unter keinen Umständen gestattet.“ Rangierfahrten würde demnach auch erfaßt werden, denn zum an den Sv-Signalen dafür verwendeten Vorrücksignal Ve 6 steht in der zugehörigen AB 59 des Signalbuchs unter anderem: „Das Vorrücksignal ist ein Lichttagessignal und dient dazu, einer Rangierfahrt, die an einer bestimmten Stelle halten muß, den Auftrag zum Vorrücken zu geben.“ Es ist aber im gesamten § 11 der SSFV durchweg von Zug die Rede, nicht von Rangierfahrten. Trotzdem ist weder auf Lageplänen noch auf Fotos aus dieser Zeit ein Signal zu finden, an dem noch ein Gleissperr- oder Wartesignal angeordnet wäre.
Für den Triebwagenführer ergibt sich durch das von der Fernbahn abweichende Signalsystem auch bei problematischen Konstellationen ein auf den ersten Blick von den Signalen der Fernbahn zu unterscheidendes Bild. Die Sv-Signale bekamen anstelle der sonst für Hauptsignale verwendeten Buchstaben Nummern als Bezeichner, wobei in Richtung der Kilometrierung ungerade Zahlen aufsteigend, in der Gegenrichtung gerade Zahlen absteigend vergeben wurden. Mitunter war es aber umgekehrt. Bei zwei in der gleichen Richtung befahrbaren, nebeneinanderliegenden Gleisen derselben Strecke bekamen die Signale teilweise den gleichen Bezeichner mit hinzugesetzter Gleisnummer, am Schlesischen Bf z.B. 210 und 211, später wurde dann einfach durchnumeriert.
Signalanordnung/Zugfolge
Um eine dichte Zugfolge zu ermöglichen, muß die Strecke in entsprechend kurze Blockabschnitte unterteilt werden. Der einem vorausfahrenden Zug folgende Zug soll möglichst an jedem Signal den Begriff Sv 1 sehen, um nicht unnötig mit dem Bremsen beginnen zu müssen, obwohl er bei Annäherung an das darauffolgende Blocksignal dieses dann in Fahrtstellung vorfindet. Die Blockabschnittslänge für eine Zugfolge von z.B. 90 Sekunden ergibt sich damit theoretisch aus der bei der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit in 90 Sekunden zurückgelegten Entfernung abzüglich der größten Zuglänge, der Schutzstrecke und eines Sichtzuschlags von etwa 7 Sekunden, geteilt durch zwei. Zur Festlegung der Signalstandorte wird, anders als bei der Fernbahn üblich, mit sogenannten Fahrschaulinien (Weg-Geschwindigkeits-Linien) gearbeitet, die den Fahrtverlauf der Züge abbilden. Da vor und hinter Haltepunkten die Fahrgeschwindigkeit der Züge durch das Abbremsen und Anfahren geringer ist als auf freier Strecke, muß in diesen Bereichen der Abstand der Signale untereinander verringert werden. Dies führt insbesondere im Bereich vor Bahnsteigen zu Signalabständen, die kürzer sind als der für die zulässige Geschwindigkeit tatsächlich erforderliche Bremsweg. Folglich muß der Triebwagenführer bei „Halt erwarten“ mit dem Bremsen bereits beginnen, ehe die Zugspitze das Halt ankündigende Signal passiert hat. Diese „verkürzt“ stehenden Signale erhalten deshalb einen Bremspfeil, der nur bei „Halt erwarten“, also bei Sv 2 oder Sv 8 leuchtet. Der Bremspfeil wird mit einem kleinen Blechkasten dargestellt, der an der Vorderseite einen entsprechenden, mit einer Milchglasscheibe verschlossenen Ausschnitt hat. In dem Kasten sind drei, später nur noch zwei Glühlampen angeordnet.
Streckenanschlag, neuere Ausführung
(Animation, große Version: 316 KB!)
Die Sv-Signale erhielten ebenso wie die Signale der Versuchsstrecke Potsdamer Vorortbahnhof—Lichterfelde Ost mechanische Streckenanschläge, um bei unbeabsichtigter Vorbeifahrt an einem haltzeigenden Signal eine Zwangsbremsung auszulösen. Der Streckenanschlag besteht aus einer drehbar gelagerten Sperrschiene, die in der Haltlage auf einen rechts am Fahrzeug angebrachten Auslösehebel wirkt. Wird der Auslösehebel gegen die Fahrtrichtung umgelegt, so wird die Hauptluftleitung des Zuges entlüftet, wodurch sofort eine Zwangsbremsung eintritt. Bei Fahrtstellung des zugehörigen Signals wird die Sperrschiene durch einen elektrischen Antrieb, bei mechanisch gestellten Formsignalen gelegentlich auch direkt durch den Antrieb des Formsignals in die Freilage gebracht, so daß der Auslösehebel des Fahrzeugs nicht beeinflußt wird. Streckenanschlag und Fahrzeugausrüstung bilden zusammen das System Fahrsperre, jedoch wird fälschlich im Sprachgebrauch häufig auch der Streckenanschlag allein als Fahrsperre bezeichnet. Selbst in Fachtexten, bei Relaisbezeichnungen usw. wird Fahrsperre häufig synonym mit Streckenanschlag verwendet. Streckenanschläge erhalten alle Signalverbindungen (Sv), Hauptsignale (Hp), Gleissperrsignale (Ve 3/4) und Wartezeichen (Kennzeichen Kz 11). Für eine gewollte Vorbeifahrt an einem haltzeigenden Signal kann mit einem Schalter, der mit einem Zählwerk gekoppelt ist, die Fahrsperreneinrichtung auf dem Führerstand kurzzeitig unwirksam gemacht werden. Ungewollte Vorbeifahrten werden ebenfalls gezählt. Zu beiden Zählwerken werden schriftliche Nachweise geführt, in denen die verbrauchten Nummern unter Angabe des Grundes zu vermerken sind.
Zur Steuerung der selbsttätigen Signale wird der Frei- bzw. Besetztzustand des folgenden Blockabschnittes ausgewertet. Die Gleise sind hierzu mit zweischienigen Gleisstromkreisen isoliert, die das zugehörige Signal solange in die Haltstellung bringen, wie der anschließende Blockabschnitt (Gleisstromkreis) durch Fahrzeuge besetzt ist. Hinter jedem Signal muß eine Schutzstrecke vorgesehen werden, die geräumt sein muß, bevor das rückgelegene Signal einen Fahrtbegriff zeigen darf. Außerdem müssen sowohl das Signal als auch der Streckenanschlag in die Haltstellung gekommen sein ehe das rückgelegene Signal wieder in die Fahrtstellung kommen darf. Die Schutzstrecke wird nach dem tatsächlich erforderlichen Bremsweg bemessen, den ein Zug benötigt, der das haltzeigende Signal mit der an dieser Stelle zulässigen Höchstgeschwindigkeit passiert und hier zwangsgebremst wird. Für die damals neuen Züge der Bauart Stadtbahn, von der anläßlich der Elektrifizierung der S-Bahn mehr als 600 Viertelzüge gebaut wurden, sind hinter einem haltzeigenden Signal in der Waagerechten bei 80 km/h Höchstgeschwindigkeit 325 m freizuhalten. Hierzu wird der Isolierstoß um das entsprechende Maß hinter das Signal verlegt bzw. das Signal entsprechend entgegen der Fahrtrichtung versetzt. Falls ein Zug zwar das Signal passiert, den folgenden Isolierstoß aber noch nicht befahren hat, weil er z.B. liegen geblieben ist, so würde der folgende Zug, der allerdings auf Sicht fährt, das Signal noch in der Fahrtstellung vorfinden. Um dieses sinnwidrige Bild zu vermeiden, werden die Signale bereits unmittelbar nach der Vorbeifahrt der Zugspitze am Signal in die Haltlage gebracht, das heißt gelöscht. Zur Löschung wird entweder ein Schienenkontakt verwendet oder der Blockabschnitt (Gleisstromkreis) wird durch einen zusätzlichen Löschstoß in einen Block- und einen Löschabschnitt unterteilt. Block- und Löschabschnitt haben eine gemeinsame Speisung, so daß der Blockabschnitt erst wieder gespeist wird, wenn auch der Löschabschnitt geräumt ist. Weil hier die Löschung durch das Besetzen des Löschabschnittes bewirkt wird und dort an beliebiger Stelle wirksam ist, solange dieser besetzt ist, wird auch von linienförmiger, bei Löschung mit Schienenkontakt hingegen von punktförmiger Löschung gesprochen.
Funktionsweise der Nachrücksignale (Animation)
Das den an einem Bahnsteig stehenden Zug deckende Signal, das Einfahr- bzw. Blocksignal mit dem Charakter eines Einfahrsignals, muß unter den oben genannten Bedingungen folglich 325 Meter vor dem Bahnsteiganfang angeordnet werden. Ein davor haltender Zug müßte nun solange warten, bis der ausfahrende Zug den Bahnsteig einschließlich der an das Signal am Bahnsteigende anschließenden Schutzstrecke geräumt hat. Um diese Zeit zu verkürzen, kann zum einen die technisch freigeprüfte Schutzstrecke hinter dem Signal am Bahnsteigende auf wenige Meter reduziert werden, wenn dem nicht bestimmte Gründe entgegenstehen. Dabei wird davon ausgegangen, daß nicht gleichzeitig der ausfahrende Zug mit Schluß hinter dem Signal liegenbleibt und der folgende Zug, der ja planmäßig zu halten hätte, über das Signal durchrutscht. Züge, die durchfahren sollen, haben unter anderem aus diesem Grund am Bahnsteiganfang zu warten, bis das Signal am Bahnsteigende in die Fahrtstellung kommt. Zum anderen kann der Bereich zwischen Einfahrsignal und Bahnsteiganfang durch zusätzliche Signale unterteilt werden, die bereits freigegeben werden können während der ausfahrende Zug den Bahnsteig räumt. Diese zusätzlichen Signale werden Nachrücksignale genannt. Hierzu wurde der Bahnsteigabschnitt in bis zu drei Abschnitte unterteilt. Anstelle des Einfahrsignals kommt nun das letzte Nachrücksignal in die Fahrtstellung, sobald der ausfahrende Zug den Bahnsteig verlassen hat. Die davorstehenden Signale kommen entsprechend früher in die Fahrtstellung, so daß der vor dem Einfahrsignal wartende Zug entsprechend eher nachrücken kann bzw. der im planmäßigen Abstand folgende Zug noch das Sv 1 sieht. Lediglich beim letzten Nachrücksignal wird das Sv 2 hingenommen, da der Zug ja in der Regel ohnehin am Bahnsteig hält. Das letzte Nachrücksignal war nicht selten unmittelbar am Bahnsteiganfang angeordnet.
Löschung der Signale bei verkürzten Signalabständen
Werden zur Löschung der Signale Motorrelais verwendet, so sind besondere Lösungen für die Fälle erforderlich, in denen die Schutzstrecke eines Signals bis an das folgende Signal heran oder gar darüber hinaus reicht. Im Beispiel ist am Signal 3 der Regelfall dargestellt. Der Abschnitt 1 ist durch den zusätzlichen Löschstoß am Signal 3 in einen Block- und einen Löschabschnitt unterteilt, die von der gemeinsamen Speisung am folgenden Stoß gespeist werden. Am Löschstoß wird die Gleisspannung dem Löschrelais zugeführt und außerdem am selben Stoß wieder eingespeist, um den Blockabschnitt 1 zu versorgen. Am Blockstoß ist das Blockrelais des Abschnitts 3 angeschlossen. Beide Motorrelais befinden sich in dem in der Nähe des Signals 3 aufgestellten Schrank 3. Der Zug befährt zuerst den Löschstoß, wodurch das Löschrelais abfällt und das Signal in Halt gestellt wird. Hat er den Blockstoß erreicht, so fällt auch das Blockrelais ab. Das rückgelegene Signal 1 kann erst wieder in Fahrtstellung kommen, wenn der Zug den Löschabschnitt verlassen hat, weil solange auch der Blockabschnitt 1 spannungslos ist, der ja Spannung nur über den Löschabschnitt erhält. Steht innerhalb der Schutzstrecke, also im Löschabschnitt eines Signals ein weiteres Signal, so wird an dieser Stelle ein weiterer Löschstoß angeordnet, so daß im Beispiel der Abschnitt 3 in den Blockabschnitt und zwei Löschabschnitte unterteilt ist. Bei der Vorbeifahrt des Zuges werden die Signale 5 und 7 jeweils durch das ihnen zugeordnete Löschrelais in Halt gestellt. Anders liegen die Verhältnisse beim Signal 9, das auf Höhe des Blockstoßes des Signals 5 steht. Das zugehörige Blockrelais befindet sich aber im Schrank 5. Um das Signal 9 in Halt zu stellen, wenn der Blockstoß 5 befahren wird, wird im Schrank 9 anstelle eines Motorrelais ein einfaches Relais als Löschrelais verwendet, das vom Blockrelais im Schrank 5 gesteuert wird. Da die Schaltung sonst ohne Abhängigkeitskabel auskommt, ist hierfür ein besonderes Kabel vom Schrank 5 über Schrank 7 zum Schrank 9 erforderlich. Weil vom im Schrank 5 angeordneten Blockrelais aus die Löschung des in Fahrtrichtung folgenden Signals 9 bewirkt wird, wird hierbei auch von „vorgetragener Löschung“ gesprochen. Die technisch freigeprüfte Schutzstrecke hinter dem am Bahnsteigende stehenden Signal 11 ist auf wenige Meter reduziert. Hier wird das Signal unmittelbar durch Abfall des Blockrelais gelöscht, ein besonderes Löschrelais ist nicht erforderlich.
Alle Signale, die ohne Mitwirkung eines Bedieners in die Fahrtstellung kommen, nachdem der folgende Blockabschnitt geräumt ist, werden selbsttätige oder vollselbsttätige Signale genannt. Selbsttätige Signale zeigen in der Grundstellung, also bei freier Strecke Fahrt. Signale, die Weichenverbindungen zu decken haben, müssen für jede Zugfahrt manuell in die Fahrtstellung gebracht werden, nachdem der Bediener die zugehörige Fahrstraße eingestellt hat. Da auch diese Signale durch den fahrenden Zug selbsttätig in die Haltstellung gebracht werden, werden sie halbselbsttätige Signale genannt. Grundstellung dieser Signale ist die Haltstellung. In betriebsschwachen Zeiten konnten bestimmte Signale mittels eines Umleithebels im Stellwerk auf selbsttätigen Betrieb umgeschaltet werden, wenn die Züge nur noch einunddenselben Fahrweg benutzen sollten. Bei diesen Signalen richtete sich die Grundstellung nach der Lage des Umleithebels, sie werden wechselweise halb- und vollselbsttätige Signale genannt. In der Regel wurden mit einem Umleithebel die Signale für einen durchgehenden Fahrweg auf selbsttätigen Betrieb umgeschaltet. Der Umleithebel läßt sich nur bei umgelegtem Fahrstraßenhebel umlegen und verschließt diesen dabei, so daß auch die Weichen weiter verschlossen sind. Anstelle der Umleithebel konnten auch Tasten im Hebelwerk zum ein- und ausschalten des selbsttätigen Betriebes vorhanden sein. Signale am Bahnsteigende zeigten bei umgelegtem Umleithebel Sv 3 als Haltbegriff, sonst Sv 4. Tritt in der Fahrstraße eine Störung ein, dann zeigt so ein Signal wieder Sv 4.
Außer den halbselbsttätigen Signalen erhielten auch alle selbsttätigen Blocksignale mit dem Charakter eines Einfahrsignals und alle Nachrücksignale Sv 4 als Haltbegriff, alle übrigen selbsttätigen Signale Sv 3. Auf der Stadtbahn und der Nordsüdbahn hatten abweichend davon nur die letzten beiden Signale vor dem Bahnsteig Sv 4 als Haltbegriff, nach anderen Quellen auf der Nordsüdbahn nur das letzte Nachrücksignal vor dem Bahnsteig. Bei den wechselweise halb- und vollselbsttätigen Signalen richtete sich der Haltbegriff nach ihrer Verwendung. Bei Ausfahrsignalen wechselte der Haltbegriff bei der Umstellung auf selbsttätigen Betrieb von Sv 4 in Sv 3. Signale, die Sv 4 als Haltbegriff hatten, wurden mit Ersatzsignalen (Ve 5) ausgerüstet, die bei halbselbsttätigen Signalen vom Fahrdienstleiter, bei selbsttätigen Signalen von der Bahnsteigaufsicht bedient wurde. An den betreffenden Aufsichtgebäuden wurden außen auf jeder Bahnsteigseite kleine Schalttafeln mit den benötigten Schlüsselschaltern und Meldelampen angebracht, von denen aus die Ersatzsignale bedienbar waren. Signale mit Sv 4 als Haltbegriff, die am Bahnsteigende stehen, erhielten eine M-Tafel. Dann durfte am haltzeigenden oder gestörten Signal auf mündlichen Auftrag vorbeigefahren werden.
Bei handbedienten Signalen kann deren Bediener im Gefahrenfall das Signal jederzeit auf Halt stellen, um den Zug noch aufzuhalten. Eine entsprechende Möglichkeit wird für bestimmte selbsttätige Signale ebenfalls benötigt. Falls eine Person oder ein Gegenstand in ein Bahnsteiggleis gerät, kann die Aufsicht mittels sogenannter Gefahrenschalter alle dieses Gleis deckenden Signale sofort in die Haltstellung bringen. Die Gefahrenschalter sind ebenfalls außen am Aufsichtgebäude angebracht, sollen aber wie die Ersatzsignale nur von der Aufsicht bedient werden. Sie sind deshalb auch nicht mit einem entsprechenden Schild versehen. Wird ein Gefahrenschalter bedient, so leuchten zwei rote Kontrollampen auf, sobald die Signale die Haltstellung einnehmen. Wird der Gefahrenschalter wieder in die Grundstellung gebracht, so kommen die betreffenden Signale wieder in die Fahrtstellung wenn das Ausfahrsignal Halt zeigt. Zeigt dieses bereits Fahrt, so muß der nächste Zug mittels Ersatzsignal einfahren.
Sv-Signal 59 mit Bremspfeil und Ersatzsignal am Lehrter StadtbahnhofDie Sv-Signale waren zeitweilig mit Vorsignaltafeln gekennzeichnet, die bei Dunkelheit und erloschenem Signal den Signalstandort kennzeichnen sollten. Ob diese Vorsignaltafeln auf der Stadtbahn von Anfang an vorhanden waren oder ob sie erst nachträglich aufgestellt wurden, ist nicht ganz klar. Stadtbahnsignalfotos aus der Anfangszeit zeigen zwar Vorsignaltafeln, jedoch sehen diese teilweise so aus als ob sie nachträglich in die Fotos hineinretuschiert worden sind. Fotos anderer Signale aus derselben Zeit zeigen keine Vorsignaltafeln. Die Sondervorschriften für selbsttätige Signalanlagen, Fahrsperren und Ad-Signale (SSFV), Ausgabe 1931 sahen jedoch „an jedem Signal das Vorsignal-Merkzeichen“ vor. Fotos der ein Jahr später errichteten Sv-Signale der Gartenfelder Strecke zeigen ebenfalls noch keine Vorsignaltafeln, später jedoch solche mit dreieckigem Aufsatz, der dreibegriffige Vorsignale kennzeichnet. Auch auf späteren Fotos mit Stadtbahnsignalen ist der dreieckige Aufsatz sichtbar.
Im September 1934 fragte die Hauptverwaltung (HV) der DRG bei der RBD Berlin an, ob die Vorsignaltafeln etwa entbehrlich wären. Die Vorsignaltafeln hätten schließlich Vorsignale zu kennzeichnen, nicht aber Signalverbindungen. Andererseits ist aber bei am Standort der Formhauptsignale aufgestellten Formvorsignalen die Vorsignaltafel durchaus üblich. Die RBD antwortete, daß auf der Stadtbahn auf die Vorsignaltafeln nicht verzichtet werden könne, weil der Triebwagenführer ein erloschenes Signal sonst in der Nacht nicht erkennen könne, und schlug nach Abstimmung mit dem Reichsbahnzentralamt die Verwendung einer geänderten Tafel vor. Diese Tafel sollte stets vor dem Streckenanschlag aufgestellt werden. Die HV antwortete darauf, daß bei den Ausfahrsignalen auf die Tafeln sicher verzichtet werden könne und die RBD für die übrigen Signale noch Versuche anstellen solle. Daraufhin wurde im Februar 1935 bei Dunkelheit und gelöschten Signalen eine Probefahrt vom Schlesischen Bahnhof bis Friedrichstraße durchgeführt. Man stellte fest, daß die Signale erst auf etwa fünf Metern Entfernung erkannt werden konnten, wofür auch die störende Straßenbeleuchtung verantwortlich gemacht wurde, und daß folglich auf die Tafeln nicht verzichtet werden könne. Die HV zeigte sich damit einverstanden, ordnete aber an, daß Vorsignaltafeln mit dreieckigem Aufsatz für dreibegriffige Vorsignale zu verwenden sind, da ja ggf. auch die Geschwindigkeitsbeschränkung vorsignalisiert wird (Sv 5 oder Sv 7).
Im März 1943 fragte die HV, nunmehr Eisenbahnabteilungen im RVM, erneut in dieser Angelegenheit bei der RBD an und stellte fest, daß Vorsignaltafeln zwar auf der Stadtbahn verwendet werden, auf der Ringbahn und den Vorortstrecken dagegen in der Regel nicht. Sie ersuchte die RBD erneut, zu prüfen, ob nach den bisher gemachten Betriebserfahrungen auf die Tafeln verzichtet werden könne. Dem stimmte die RBD jetzt zu, so daß die Tafeln nun entfernt werden konnten.
Die Stellwerke an den mit Sv-Signalen ausgerüsteten Strecken erhielten in der Regel Gleistafeln. Auf den Gleistafeln waren alle im Stellbereich vorhandenen Gleisabschnitte und Signale ausgeleuchtet. Freie Gleis- und Weichenabschnitte waren rot/orange erleuchtet, besetzte dagegen dunkel. Die Stellung der Weichen war auf der Gleistafel nicht ersichtlich. Die Signale wurden mit ihrem vollständigen Signalbild dargestellt, wofür eine entsprechende Anzahl Lampen erforderlich waren. Dargestellt waren nicht nur die halbselbsttätigen Signale, sondern zum Teil auch noch ein bis zwei zulaufende selbsttätige Signale, damit der Fahrdienstleiter einen Überblick über die sich nähernden Züge hat und entsprechend disponieren kann.
Als erster Streckenabschnitt gingen am 1. Juli 1928 die Signale auf der eigentlichen Stadtbahn in Betrieb. Ausgenommen blieben zunächst aber die Einfahrsignale auf dem Schlesischen Bahnhof und auf dem Bahnhof Charlottenburg, die Fahrt mit Geschwindigkeitsbeschränkung zu signalisieren gehabt hätten, sowie deren Nachrücksignale. Das RVM hatte den in der geltenden Eisenbahn-Signalordnung noch nicht enthaltenen Signalen, hier denjenigen für die Anzeige und Voranzeige der abzweigenden Einfahrt noch nicht zugestimmt. Gegenüber den Signalen auf der Strecke Potsdamer Vorortbahnhof—Lichterfelde Ost, die Laternen mit Fresnellinsen hatten, bekamen die Signale auf der Stadtbahn Laternen mit Vollinsen, die für die erforderliche Seitenstreuung auf der Rückseite eingeschliffene Streuriefen hatten. Zur Darstellung der verschiedenen Signalbegriffe wurden wegen der Anordnung der Lichter auf gleicher Höhe mehrere Reihen Laternen benötigt, weswegen diese Signale später als Einzellaternensignale bezeichnet wurden. Im einfachsten Fall, einem Blocksignal mit Sv 3 als Haltbegriff waren drei Laternenpaare erforderlich, je eines für grün-grün, grün-gelb und gelb-gelb (vgl. Gegenüberstellung der Signalbegriffe). Beide Lampen eines Paares waren ständig in Reihe geschaltet, ausgenommen bei gelb-gelb, bei dem die Lampen auch einzeln leuchten konnten, um das vollständige Verlöschen zu verhindern. Beim Ausfall einer Lampe wurde selbsttätig der nächstniedrigere Signalbegriff angeschaltet. Entgegen dem allgemeinen Grundsatz, Signale rechts des zugehörigen Gleises aufzustellen, waren auf der Stadtbahn bis auf sichtbedingte Ausnahmen alle Signale, auch die an Signalbrücken und -auslegern befestigten, links des zugehörigen Gleises angeordnet. Zwei Rücken an Rücken auf dem selben Ausleger angeordnete Signale konnten daher am selben Korb aufgehängt werden.
Signal 39 zwischen Friedrichstraße und Börse (Hackescher Markt)Auf der Stadtbahn waren an den Haltepunkten Alexanderplatz, Friedrichstraße und Zoologischer Garten sogenannte Notkehren vorhanden, die nur bei Bedarf benutzt wurden. Das sind einfache Weichenverbindungen zwischen den Streckengleisen. Hierzu wurden kleine Tischhebelwerke aufgestellt, von denen aus die Weichen gestellt werden konnten. Die Weichenhebel waren dabei solange durch ihre Hebelsperren gegen Umstellen gesperrt, wie ein Schlüssel in ein dafür vorgesehenes Schloß eingeschlossen war, wodurch außerdem die betreffenden Signale auf selbsttätigen Betrieb umgeschaltet wurden. Die Signale, deren Haltbegriff sich dabei von Sv 4 in Sv 3 änderte, bekamen eine zusätzliche Rotlaterne in der Mitte unter den anderen Laternenpaaren und ein Ersatzsignal. Mit diesen Notkehren konnte in Störungsfällen ein Betrieb bis zu der betreffenden Station aufrechterhalten werden. Ein umzusetzender Zug zog, nachdem die Fahrgäste ausgestiegen waren, bis hinter die folgende Weiche vor, erhielt dort nach dem Umstellen der Weichen Vorrücksignal (Ve 6) und fuhr dann an die andere Bahnsteigseite zurück. Außerdem gab es westlich des Schlesischen Bahnhofs und östlich des Bahnhofs Charlottenburg Gleisverbindungen zur Fernbahn, deren deckende Signale im Regelfall ebenfalls selbsttätig arbeiteten.
Die seinerzeit veröffentlichten schematischen Pläne weisen einige Ungereimtheiten auf. Es fehlt die Verbindung zur Fernbahn am Schlesischen Bahnhof, obwohl damals zweifelsfrei eine vorhanden war. Aus den Plänen ist auch nicht ersichtlich wie die Vorsignalisierung der noch mit Formsignalen signalisierten, abzweigenden Einfahrten am Schlesischen Bf und in Charlottenburg realisiert war. Die rückgelegenen Sv-Signale hatten jedenfalls laut Plan kein Zusatzgrün zur Voranzeige der abzweigenden Einfahrt. Allerdings sind die dreibegriffigen Vorsignale nach vorangegangenen Versuchen erst ab 1933 allgemein eingeführt worden. Die Signale 87 und 92 auf dem Bahnsteig Zoologischer Garten hatten die folgenden Weichenverbindungen der Notkehren zu decken und hätten demzufolge zusätzliche Rotlaternen und ein Ersatzsignal haben müssen. Ein älteres Foto zeigt Signal 87 aber mit nur drei Laternenpaaren und ohne Ersatzsignal. Ein 1938 veröffentlichtes Foto dieses Signals zeigt dann jedoch vier Laternenpaare und das Ersatzsignal.
Signal 87 am Bf Zoologischer Garten alt und neuDas Signal 105 hat im schematischen Plan eine zusätzliche Rotlaterne und ein Ersatzsignal, was wegen der folgenden Weichenverbindungen zur Fernbahn auch schlüssig ist. Auf dem weiter oben abgebildeten Foto dieses Signals ist aber kein Ersatzsignal zu sehen. Nicht ganz stimmig ist auch die uneinheitliche Ausrüstung mit Nachrücksignalen, obwohl die gesamte Stadtbahn für eine dichteste Zugfolge von 90 Sekunden ausgebaut werden sollte und die Höchstgeschwindigkeit trassierungsbedingt durchgängig mit 50 km/h festgesetzt war. Manche Bahnsteige hatten zwei, andere dagegen nur ein Nachrücksignal je Richtung. Ursache hierfür ist vermutlich eine kürzer angesetzte Aufenthaltszeit auf diesen Stationen. Die Signale 102, 1075 und 1076 können dem schematischen Plan zufolge kein Sv 1 zeigen. Jeder Zug fährt also bestenfalls bei „Halt erwarten“. Eine Erklärung hierfür wäre, daß die folgenden Signale, die die Verbindungen zur Fernbahn zu decken haben, erst nach Vorbeifahrt an den o.g. Signalen selbsttätig in die Fahrtstellung kommen, um bis dahin noch das Auflösen der Fahrstraße zu ermöglichen (Freihaltung). Die Verbindungen am Schlesischen Bf und in Charlottenburg wurden seinerzeit gelegentlich genutzt, um Fernzüge über die S-Bahngleise verkehren zu lassen, um z.B. längere nächtliche Sperrpausen auf den Ferngleisen zu erzielen. Damals wurden viele der inzwischen fünfzig Jahre alten Brücken erneuert und die Bogen des Stadtbahnviadukts verstärkt. Letztere hatten wegen der gestiegenen Verkehrslasten teilweise erhebliche Schäden. Signalmäßige Fahrten von der S- zur Fernbahn waren aber offenbar nicht möglich, jedenfalls hatten die in Frage kommenden Signale in dem Schema keine Laternen für das Zusatzgrün zur Voranzeige bzw. Anzeige der Geschwindigkeitsbeschränkung. Bei diesen Fahrten mußte wegen des abweichenden Signalsystems, mit dem die Lokführer der Fernbahn nicht vertraut waren, ein Lotse mitfahren.
Erneuerter Stadtbahnschrank 1993 · Signal 79 in TiergartenZu jedem Blocksignal gehörte ein verschließbarer, wetterfester Blechschrank, der die zugehörige Schaltanlage beherbergte. Als Motorrelais wurden noch die älteren Ausführungen mit Kohlekontakten verwendet, die im Sprachgebrauch wegen ihrer grünen Lackierung „Laubfrösche“ genannt wurden. Als Relais für die Lampenüberwachung usw. wurden sogenannte Scheibenrelais verwendet, die ähnlich funktionieren wie die üblichen Stromzähler. Deshalb konnte die gesamte Anlage mit Wechselstrom gespeist werden, weshalb man auf Gleichrichter, ausgenommen für den Streckenanschlag, verzichten konnte. Zur Stromversorgung war von Schrank zu Schrank ein Kabel mit 125 V 3~ verlegt, das in den längs der Strecke verteilten Unterwerken für die Bahnstromversorgung aus deren 3000-V-Hilfsbetriebenetz über Transformatoren gespeist wurde. Zur Tag/Nacht-Umschaltung führte das Kabel ein zweites Netz, an das nur die Lampenstromkreise angeschlossen waren. Die Spannung dieses Netzes ließ sich in den Aufsichten mit einem Schalter auf 70 V absenken. Die Ersatzsignale wurden nach jedem Anschalten selbsttätig durch den fahrenden Zug gelöscht. Die zur Überbrückung der Isolierstöße für den Fahrrückstrom erforderlichen Drosselstoßtransformatoren waren in der Regel in geschlossenen Holzkästen neben dem Gleis untergebracht. Die Signale wurden wo erforderlich mit Schienenkontakten punktförmig gelöscht. Zur Herstellung der Blockabhängigkeiten der Signale untereinander waren hier noch Kabel von Schrank zu Schrank erforderlich. Die Schaltung war von der auf der Lichterfelder Strecke verwendeten abgeleitet und an die Sv-Begriffe angepaßt.
Drosselstoß Stadtbahn und Jungfernheide—Gartenfeld
In Tiergarten rüstete man später ein zusätzliches Nachrücksignal unmittelbar am Bahnsteiganfang nach, das die Bezeichnung 82a erhielt, weil die ursprünglich vorhandenen Signale bereits lückenlos durchnumeriert worden waren. Wann diese Nachrüstung stattfand ist nicht bekannt, möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit dem Umbau des Bahnhofs in Folge der Verbreiterung der Ost-West-Achse, der heutigen Straße des 17. Juni.
Streckenband Jungfernheide—Gartenfeld (Ausschnitt, für die vollständige Ansicht klicken)
Mit Einzellaternensignalen der VES-Bauart wurden später noch die Strecken Jungfernheide—Gartenfeld (Siemensbahn) und mindestens teilweise auch die Strecke Stettiner Vorortbahnhof—Schönholz ausgerüstet. In Gartenfeld hatte die RBD zunächst als Signal E versuchsweise eine Ausführung aufgestellt, die die abzweigende Einfahrt mit drei von rechts nach links steigenden gelben Zusatzlichtern in Verbindung mit grün-gelb (Sv 2) anzeigen sollte. Diese Ausführung wurde auch für Charlottenburg vorgeschlagen. Das RVM sah dafür keine Notwendigkeit und ersuchte, das in Signal 8b (Hp 2) zu ändern. Letztlich wurde am Einfahrsignal ein Signalschirm mit zehn Laternen erforderlich, weil hier sowohl Einfahrten in den Abstellbahnhof mit Sv 8 zu signalisieren waren, Fahrten in Richtung Bahnsteig wegen der dortigen Geschwindigkeitsbeschränkung mit Sv 5 vorzusignalisieren waren und außerdem von halbselbsttätigem auf selbsttätigen Betrieb umgeschaltet werden konnte. Hier gibt es einen weiteren Widerspruch. Wie im obigen Schema zu sehen ist, hatte das Signal C ein Zusatzgrün unten links, das mit dem Zusatzgrün an E unten rechts angekündigt wird. Auf einem Foto des Signals C sind jedoch nur zwei Laternenpaare zu erkennen, von denen vermutlich ein Paar aus grün-gelb und das andere aus zwei roten Laternen bestand. Grund für diese Differenz könnte die zwischen dem Zeitpunkt der Aufnahme des Fotos und der Veröffentlichung des Schemas zum 1. Oktober 1930 deutschlandweit vollzogene Umstellung von Richtungs- auf Geschwindigkeitssignalisierung sein. In Jungfernheide war der Bahnhof selbst noch nicht mit Sv-Signalen ausgerüstet worden, selbsttätige Signalanlagen gab es zunächst nur an den anschließenden Streckengleisen in Richtung Gartenfeld. Zum ersten Blocksignal wurde ein Sv-Vorsignal aufgestellt, das nur die Begriffe Sv 2 und Sv 1 – also kein Halt – zeigen konnte. Die Bezeichnung der Signale im Bahnhof Gartenfeld mit Buchstaben ist für Sv-Signale untypisch und wurde später auch geändert. Möglicherweise war man zu dieser Zeit noch bei der Meinungsbildung, so daß noch keine entsprechenden Grundsätze festgeschrieben worden waren. Bei diesen Signalen verwendete man erstmals die Signalbegriffe Sv 5 bis Sv 8.
Eine weitere Besonderheit soll der Vollständigkeit halber noch beschrieben werden, obwohl sie nicht direkt mit den selbsttätigen Signalanlagen zu tun hat. Die Bahnsteige der Stadtbahn erhielten 1929 neue Fahrtzielanzeiger und Zugfolgemelder. Die Fahrtzielanzeiger hatten für jedes mögliche Ziel ein elektromotorisch angetriebenes Fallschild. Derartige Fahrtzielanzeiger waren auch auf anderen Bahnhöfen anzutreffen. Neu hingegen waren die Zugfolgemelder. In die Säulen der Fahrtzielanzeiger waren in Kammern unterteilte Lampenkästen eingebaut. In der letzten Spalte waren mit den möglichen Fahrtzielen beschriftete Transparentgläser vor die Kammern gesetzt. Neben jedem Ziel konnten in der ersten bis dritten Spalte die Ziffern 1 bis 3 angezeigt werden. Um eine Ziffer anzuzeigen, wurde sie mit einem Elektromagneten so verschoben, daß sie in einem kleinen Fensterchen sichtbar wurde. Bei Dunkelheit wurden Ziele und Ziffern von innen beleuchtet. Durch die Anlage wurden die Magnete entsprechend der Reihenfolge der drei folgenden Züge angeschaltet. Am Streckenanfang, also auf dem Schlesischen Bf und in Charlottenburg, wurden die Fahrtziele der auf die Stadtbahn fahrenden Züge eingegeben, so daß bei freier Strecke auf allen Stationen das Fahrtziel des ersten Zuges angezeigt wurde, das zugleich als erstes im Zugfolgemelder erschien. Außerdem konnte zu jedem Kurzzug ein entsprechendes Zusatzschild im Fahrtrichtungsanzeiger gezeigt werden. Hierfür waren auf jeder Station elektromechanische Speicherwerke für jedes mögliche Fahrtziel und die Kurzzuganzeige vorhanden, die durch die fahrenden Züge selbsttätig fortgeschaltet wurden. Zur Fortschaltung war hinter jedem Bahnsteig ein besonderer Schienenkontakt angeordnet. Die Bahnsteigaufsicht brauchte sich im Regelbetrieb nicht um die Bedienung dieser Einrichtungen zu kümmern. Die Fahrtzielanzeiger ließen sich bei Bedarf auch örtlich bedienen, die Zugfolgemelder zeigten dann jedoch nichts an. Wie oder ob diese Anlage während der Benutzung der Notkehren arbeitete ist nicht bekannt, vermutlich war dann nur manueller Betrieb möglich. Ebensowenig ist bekannt, was mit der Anlage nach dem Zweiten Weltkrieg geschah. Einige der Säulen standen noch Anfang der neunziger Jahre nutzlos auf den Bahnsteigen.
Alle bis dahin bei der DRG entstandenen selbsttätigen Signalanlagen wurden von den Vereinigten Eisenbahnsignalwerken (VES) bzw. ihren Vorläuferfirmen AEG und S&H errichtet. Jetzt bot auch die Firma Orenstein und Koppel (O&K), die bis dahin für die Deutsche Reichsbahn schon Stellwerke gebaut hatte, ein selbsttätiges Blocksystem mit Sv-Signalen an. Die Reichsbahn entschloß sich, eine Probestrecke mit diesem System auszurüsten. Vorausgegangen war dem eine Anfang 1932 in Betrieb gesetzte Versuchsanlage auf dem Gleis Nikolassee (Stadtbahn)—Wannsee, deren Signale nicht an der Strecke aufgestellt, sondern auf der Gleistafel im Stellwerk Wsk in Wannsee angeordnet waren, und bei der noch Einphasenrelais als Gleisrelais verwendet wurden. Die Wahl fiel auf den Streckenabschnitt Schlachtensee—Wannsee auf der Strecke Potsdamer Wannseebahnhof—Wannsee. Im Aufbau entsprachen die Signale im wesentlichen den Einzellaternensignalen der VES, allerdings verwendete O&K eine eigene Laternenbauart. Schaltungstechnisch wurden jedoch ganz andere Wege beschritten. Die Lampenschaltung wurde direkt aus dem Drehstromnetz gespeist und war so aufgebaut, daß nur ein einziger Schaltkontakt zur Anschaltung des Fahrtbegriffs benötigt wurde. Der für das Leuchten des Fahrtbegriffs nötige Stromfluß bewirkte die Löschung des Haltbegriffs. Hierzu wurden die Lampen mittels Kondensatoren und Drosseln so an die drei Phasen des Netzes angeschlossen, daß die Phasenverschiebungen den gewünschten Effekt herbeiführten. Brannte eine der Fahrtlampen durch, so erschien bedingt durch diese Funktionsweise selbsttätig der Haltbegriff. Einzelheiten sind in der Schaltungsbeschreibung zu finden.
Signal 147 mit einer 015, Foto: Manfred Fischer, Berlin
Dadurch, daß der Motor des Streckenanschlags gleichzeitig die Funktion des Blockrelais hatte und weitere Relais nicht erforderlich waren, benötigte man keinen Schaltschrank an den Signalen sondern kam mit einem Kabelverteiler aus, in dem die benötigten Verbindungen hergestellt waren. Die Kondensatoren und Drosseln waren zusammen mit dem Getriebeblock in das Gehäuse des Streckenanschlags eingebaut, das deshalb größer als das der VES war.
Auf dem Streckenabschnitt Schlachtensee—Wannsee war die Zugfolge mit minimal drei Minuten nicht sonderlich dicht, so daß man mit je einem im Schutzabstand aufgestellten Blocksignal vor einem Bahnsteig und einem Blocksignal am Bahnsteigende auskam. Der Isolierstoß ist wie üblich um das Maß der Schutzstrecke hinter das Signal verlegt. Eine besondere Löschung des Signals unmittelbar nach Vorbeifahrt war hier nicht vorgesehen. Die Anlage wurde 1935 in Betrieb genommen. In der Folge rüstete man noch den Streckenabschnitt von Westkreuz (ausschließlich) bis Wannsee mit selbsttätigem Streckenblock von O&K aus. Hier wurde jedoch eine etwas überarbeitete Schaltung verwendet, weshalb nun ein kleiner Schrank zu jedem Signal erforderlich war, in dem Sicherungen, Drosseln usw. untergebracht waren. Bei den Einzellaternensignalen blieb es aber.