Etwa zeitgleich mit den O&K-Anlagen Schlachtensee—Wannsee rüsteten die VES den Streckenabschnitt Zehlendorf Mitte—Zehlendorf West (heute Zehlendorf—Mexikoplatz) mit selbsttätigen Signalanlagen aus. Gegenüber der Stadtbahnausführung wurden hier eine Reihe Verbesserungen vorgenommen. Zum einen wurden anstelle der Einzellaternensignale solche mit Blendenrelais aufgestellt. Durch die Blendenrelais kam man bei einem einfachen Blocksignal, das Sv 1, Sv 2 sowie Sv 3 oder Sv 4 zeigen können muß, mit insgesamt zwei Signallaternen aus. Die Blendenrelais haben ein durch einen Drehanker bewegtes Farbscheibenpendel, das zwei eingesetzte Farbscheiben trägt. In der abgefallenen Stellung des Blendenrelais befindet sich die gelbe bzw. rote Farbscheibe im Lichtstrahl, im angezogenen Zustand die grüne. Signale, die zusätzlich die Begriffe Sv 5 bis Sv 8 anzuzeigen hatten, bekamen eine dritte bzw. vierte Laterne für das zusätzliche Grün. Diese waren einfache Laternen ohne Blendenrelais. Bei wechselweise halb- und vollselbsttätigen Signalen wurde eine der beiden unteren Laternen für das Rotlicht verwendet, die andere konnte ggf. noch für ein Zusatzgrün benutzt werden. Bei einem wechselweise halb- und vollselbsttätigen Signal, bei dem beide Zusatzgrün benötigt wurden und das auch Sv 3 als Haltbegriff zeigen können mußte, wurde die Rotlaterne über das linke Zusatzgrün gesetzt. Diesen Fall dürfte es vor 1945 jedoch kaum gegeben haben, weil zwischen zwei Geschwindigkeitsbeschränkungen anzeigenden Signalen in der Regel weitere Signale angeordnet waren, so daß Sv 7 nicht benötigt wurde. Außerdem hätte es sich eben um ein Signal handeln müssen, das Sv 3 und Sv 4 als Haltbegriffe benötigt. Einfahr- und Nachrücksignale scheiden also aus.
Signale mit Blendenrelais waren vorher schon in Charlottenburg und Warschauer Straße erprobt worden, dort jedoch noch mit alter Blockschaltung. In Zehlendorf wurde erstmals eine neue Blockschaltung verwendet, die die Abhängigkeiten aufeinanderfolgender Signale ohne Abhängigkeitskabel herstellt. Dies wird dadurch erreicht, daß zwei verschiedene Phasenlagen im Gleisstromkreis zur Informationsübertragung ausgenutzt werden, die außerdem in einer festgelegten Reihenfolge eintreten müssen, um wirksam zu werden. Außerdem wurde hier ein neuer Gleisstromkreis verwendet, der nach dem Resonanzprinzip funktioniert. Dies verringert den Energieverbrauch und infolge der nun geringeren Eisenquerschnitte auch den Materialaufwand. Nach demselben Prinzip arbeiten Niederfrequenz-Gleisstromkreise noch heute. Anders als bei der Stadtbahn werden die Ersatzsignale nach 45 Sekunden zeitverzögert gelöscht. Die Funktionsweise der Blockschaltung ist in der Schaltungsbeschreibung erläutert. Damit war eine Bauform geschaffen, die – besonders verglichen mit heutiger Technik – an Einfachkeit kaum zu überbieten ist und bei verhältnismäßig geringem Aufwand äußerst dichte Zugfolgen ermöglicht. Nachdem sich diese Anlage bewährt hatte, wurden in der gleichen Weise ab 1936 innerhalb weniger Jahre die gerade im Bau begriffene Nordsüd-S-Bahn und die daran anschließenden Strecken bis Pankow, Schöneberg und Priesterweg sowie die Strecken nach Spandau, nach Schöneweide und die gesamte Ringbahn einschließlich der Verbindungen zur Stadtbahn ausgerüstet. 1943 kam noch der Abschnitt bis Lichterfelde Süd hinzu.
Neuer Drosselstoßtransformator · Anordnung im Holzkasten am GleisDie Drosselstoßtransformatoren waren seinerzeit in der Regel in gedeckten Holzkästen angeordnet. Die BVG ersetzte später die Holzkästen auf den von ihr betriebenen Strecken durch die inzwischen bei der DB üblichen Betonkästen. Bei der DR (Ost) ging man dazu über, die Drosseln auf ebenerdig verlegte Betonplatten zu stellen.
Zweilagen- und Dreilagenmotorrelais, einfaches Relais mit zwei Kontakten
Auch die Motorrelais wurden weiterentwickelt und verbrauchten nun bei verringerter Größe weniger Energie. Als Gleisrelais für Weichenabschnitte usw. sowie als Löschrelais bei Signalen mit Löschung wurden Ausführungen mit vier oder sechs Kontakten verwendet, die wie bisher ein abgefallene und eine angezogene Lage bzw. Stellung haben. Die als Blockrelais verwendete Ausführung hat demgegenüber drei Stellungen, eine abgefallene, eine links- sowie eine rechtsgedrehte. Deshalb werden diese Relais als Dreilagen- bzw. dreistellige Motorrelais bezeichnet. Die abgefallene, angezogene oder links- bzw. rechtsgedrehte Lage ist dabei durch im Fenster sichtbare Schauzeichen erkennbar. Die Relais sind in staubdicht gekapselten Gehäusen untergebracht und können nach Abnehmen des die Anschlußklemmen abdeckenden Blechs von der im Schrank befestigten Grundplatte gezogen werden. Das Zusammenwirken von Löschrelais, Blockrelais, Streckenanschlag und Signal bei einem selbsttätigen Blocksignal mit Löschung ist im folgenden Bild (Animation) zu erkennen.
Löschrelais, Blockrelais, Streckenanschlag und Signal
(Animation, große Version: 450 KB!)
Anders als bei der Stadtbahn, auf der die Signale bis auf einzelne Ausnahmen links angeordnet waren, stellte man die Signale nun wieder grundsätzlich rechts des Gleises auf. Die Signale werden aber links aufgestellt, wenn andernfalls nur unzureichende Signalsicht zu erzielen ist oder wenn es baulich nicht anders möglich ist. Auf Bahnsteigen bekommt das Signal seinen Platz in der Regel auf der Bahnsteigseite, damit die Aufsicht das Signal bei der Abfertigung sehen kann. In beiden Fällen wird, anders als ggf. bei der Fernbahn, keine Schachbrettafel aufgestellt, die diese Abweichung kennzeichnen würde. Heute werden vermehrt Aufsichtgebäude mit Innenabfertigung und Türschließ- / Abfahrauftragssignalen Zp 8/9 gebaut. Bei diesen ist eine Meldelampe für die Signalfahrtstellung im Bedienpult für das Zp 8/9 vorhanden, so daß die Signale am Bahnsteigende ihren Platz wieder rechts des Gleises erhalten können.
Für den Tunnel wurde eine verkleinerte Schirmform entwickelt. Der Schirm besteht aus einem geschlossenen Blechkasten, in den die Optiken zum Schutz gegen Fremdlicht einer anderen Lampe mit zwischengesetzten Trennblechen, bei den Blendenrelais mit über die Lampen gesetzten Blechhauben eingesetzt sind. Als Linsen wurden die sonst nur für Ersatz- und Vorrücksignale verwendeten Fresnellinsen verwendet, die hier wegen der Dunkelheit ausreichend sind. Aus dem gleichen Grund sind Schuten ebensowenig erforderlich wie eine Tag/Nacht-Schaltung. Abweichend von den übrigen Strecken erhielten im Tunnel alle Schränke aus dem Netz gepufferte Batterien, die bei Netzausfall den Lampenstromkreis versorgten, so daß ein vollständiges Verlöschen der Signale vermieden war. Außerdem waren Zugankündiger (Schienenkontakte) eingebaut, die der Bahnsteigaufsicht einen sich nähernden Zug ankündigten.
Insgesamt wurden bis 1943 rund 126 km von 295 km elektrifizierter Strecken mit selbsttätigen Signalanlagen ausgerüstet. Auf diesen 126 km standen etwa 830 Signale. Zwischen Yorckstraße und Lichterfelde Ost wurden mit den Sv-Signalen die dort 1926/27 eingebauten selbsttätigen Signalanlagen mit Haupt- und Vorsignalen entbehrlich und folglich abgebaut. Für eine Zugfolge von 90 Sekunden waren neben der Stadtbahn die Ringbahn, die Nordsüdbahn und die Strecke nach Spandau ausgerüstet, die übrigen in der Regel für eine Zugfolge von zweieinhalb Minuten.
Übersicht der mit Sv-Signalen ausgerüsteten Strecken
Der Abschnitt ab Stettiner Bahnhof in Richtung Gesundbrunnen war anfangs mit der Bauart 1928 ausgerüstet und wurde vermutlich im Zusammenhang mit dem Bau der Nord-Süd-S-Bahn auf die Bauart 1937 umgebaut. Auf dem Anfang der dreißiger Jahre ausgerüsteten Abschnitt zwischen dem Schlesischen Bahnhof und Ostkreuz war eine Versuchsausführung eingebaut, die zwar Blendenrelais, aber noch die alten Schaltungen hatte.
Die Zahlen in der Übersicht geben jeweils die niedrigste und die höchste Nummer eines zusammenhängenden Streckenabschnittes an, der Pfeil dabei die Richtung für die das betreffende Signal aufgestellt war. Die Anordnung der Nummern gibt dabei jedoch nicht die Stellung des betreffenden Signals bezogen auf das Gleis an. Die am Schlesischen Bahnhof beginnende Numerierung lief bis Wannsee durch, wobei in Grunewald einige Nummern ausgelassen wurden. Betrachtet man die vergebenen Nummern, so fällt einmal auf, daß es einen Bruch in Unter den Linden gibt, für den mir keine plausible Erklärung bekannt ist. Zum anderen gibt es am Ostende des Ringbahnsteigs Schöneberg einen Sprung in der Numerierung. Die Signale an den beiden mittleren Gleisen in Potsdamer Platz tragen Nummern, die in diese in Schöneberg freigelassene Lücke passen. Seinerzeit war im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Berliner Bahnanlagen vorgesehen worden, die Gleise der Ringbahnspitzkehre Papestraße/Schöneberg—Potsdamer Ringbahnhof in den Nordsüdtunnel einzuführen und über den Bahnhof Potsdamer Platz weiter in Richtung Nordring zu verlängern. Offenbar sind diese Änderungen bei der Vergabe der Nummern bereits berücksichtigt worden. Die Ringbahnspitzkehre, deren Signale bis zum Potsdamer Ringbahnhof die Nummern bis 394 bzw. 399 erhalten sollte, wurde wegen dieser nicht abgeschlossenen Planung zunächst nicht mit selbsttätigen Signalanlagen ausgerüstet und ist seit 1944 infolge von Kriegsschäden nicht mehr befahren worden. Sie wurde 1951 ebenso wie die Verbindung Charlottenburg—Westend, die ebenfalls beschädigt worden war, offiziell stillgelegt.
Mitte 1938 wandte sich die RBD Berlin an die Eisenbahnabteilungen im RVM, die vormalige HV der DRG, mit der Bitte, das Reichsbahnzentralamt (RZA) zu beauftragen, Versuche mit einer neuen magnetischen Fahrsperre durchzuführen. Zu dieser Zeit führte das RZA bereits Versuche mit einer derartigen Fahrsperre durch, bei der ein im Gleis verlegter Permanentmagnet die Beeinflussung des Zuges hervorruft. Bei Fahrtstellung des zugehörigen Signals wird das Dauermagnetfeld mit einem Elektromagneten, der ein in der Richtung entgegengesetztes, gleichstarkes Feld erzeugt, aufgehoben. Nach diesem Prinzip arbeiten z.B. die heute bei der Berliner U-Bahn eingebauten Fahrsperren. Die RBD hatte Bedenken, weil der Dauermagnet als solcher nicht betriebsmäßig überwacht werden und folglich die Fahrtstellung des rückgelegenen Signals nicht von der Haltstellung der Fahrsperre abhängig gemacht werden kann. Man schlug deshalb vor, anstelle des Permanentmagneten einen Elektromagneten zu verwenden, der mit zwei Wicklungen versehen werden sollte. Eine der Wicklungen sollte in Haltstellung mit gleichgerichtetem Wechselstrom gespeist werden. An die andere sollte ein Relais angeschlossen werden, das nur anziehen kann, wenn der Magnet stromdurchflossen ist, und dessen Kontakte wie üblich in den Schaltungen geprüft werden können. Dem hielt das RZA entgegen, daß eine solche Anordnung zwar möglich wäre, jedoch den Nachteil hätte bei Stromausfall usw. wirkungslos zu werden. Der mechanische Streckenanschlag läuft dagegen bei Netzausfall auch durch Schwerkraft bzw. Federwirkung in die Haltlage. Ein Permanentmagnet behält seine Wirkung bei Netzausfall ebenfalls. Das RZA hielt den Permanentmagneten für ausreichend sicher, da man davon ausgehen könne, daß dieser wirken müsse, solange er sich überhaupt an seinem Platz befindet, und lehnte den Vorschlag der RBD daher ab. Bekanntlich kam es nicht zur Einführung der magnetischen Fahrsperre, obwohl diese den Vorteil hat berührungslos und damit verschleißfrei, sowie unabhängiger von der genauen Einhaltung mechanischer Maße zu arbeiten. Außerdem ist der Material- und Wartungsaufwand deutlich geringer.
Etwas unverständlich ist, daß man nicht die Übernahme der inzwischen für die Fernbahn entwickelten induktiven Zugbeeinflussung Indusi in Betracht gezogen hat, die Mitte der dreißiger Jahre praxisreif war. Als Ersatz für die mechanische Fahrsperre hätte die alleinige Verwendung der 2000 Hz-Funktion der Indusi genügt. Auf die Vorsignalbeeinflussung bei 1000 Hz und die Geschwindigkeitsüberwachung bei 500 Hz hätte man eventuell verzichten können, zumal sich das Betriebsprogramm für die Fernbahn, das auf 1000 Meter Regelvorsignalabstand ausgerichtet ist, wegen deren variabler Signalabstände nicht ohne weiteres auf die S-Bahn übertragen läßt. Indusi-Magnete ragen allerdings in den für den Stromabnehmer freizuhaltenden lichten Raum, müßten also anders angeordnet werden. Grund für die Beibehaltung der mechanischen Fahrsperre dürfte die inzwischen nicht unbeträchtliche Anzahl bereits vorhandener Streckenanschläge und Zugausrüstungen sein, die alle noch nicht sonderlich alt waren.
Im Juni 1939 beantragte die RBD Berlin beim RVM die Ausrüstung der bisher noch nicht damit ausgerüsteten Strecken mit selbsttätigem Streckenblock, weil bei dem zu erwartenden Verkehrszuwachs der Betrieb nicht mehr mit handbedienten Anlagen abgewickelt werden könne, bei denen Bedienungsfehler auftreten und die zudem häufiger auch witterungsbedingt gestört seien. Der Antrag sah vor, alle Strecken einschließlich der bestehenden Strecke von der Ringbahn zum Potsdamer Ringbahnhof, aber ausschließlich der Strecke Schönholz—Velten bis 1941 umzurüsten. Grund war vermutlich, daß letztere ab der zwischen Schönholz und Reinickendorf gelegenen Abzweigstelle Tga Gemeinschaftsbetrieb mit Fernzügen hatte. Die Strecken Schöneberg—Zehlendorf, Ostkreuz—Erkner, Wannsee—Potsdam und Wannsee—Stahnsdorf sollten von O&K, die übrigen von den VES ausgerüstet werden. Beigefügt ist auch eine Übersicht über die Ausrüstung der S-Bahnstrecken mit selbsttätigen Signalanlagen. Das RVM antwortete im November 1939, daß die Ausrüstung weiterer S-Bahnstrecken unter den gegenwärtigen Verhältnissen nur in besonders dringlichen Fällen ins Auge gefaßt werden könne. Nach nochmaliger Prüfung schrieb die RBD im März 1940: „Die letzten Wochen haben gezeigt, daß die Flügelsignale und das Handblocksystem im S-Bahn-Schnellverkehr nicht mehr tragbar sind und schnellstens durch Automatik ersetzt werden müssen.“ Sie wollte jetzt als die vier am stärksten belegten Abschnitte die Ringbahnspitzkehre sowie die Strecken nach Erkner, Grünau und Zehlendorf umstellen. Das RVM entschied dazu im Mai 1940 letztlich, daß der beantragten Herstellung der selbsttätigen Streckenblockung auf weiteren Strecken der Berliner S-Bahn unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht nähergetreten werden könne.
Ende 1940 verfügte die RBD Berlin, daß auf den Strecken mit Sv-Signalen bei Fahrt auf Ersatzsignal, anders als im Signalbuch vorgesehen, nur vorsichtig mit maximal 20 km/h vorgerückt werden darf, genau so wie es beim Signal Sv 3 vorgeschrieben ist. Dies geschah, weil in Störungsfällen bei unübersichtlichen Verhältnissen das Freisein des vorliegenden Blockabschnittes nicht immer einwandfrei geprüft und von einem folgenden selbsttätigen Blocksignal auch keine Rückmeldung eingeholt werden kann. Die Rückmeldung erst von der nächsten besetzten Betriebsstelle einzuholen scheidet bei dichter Zugfolge aus Zeitgründen aus. Als endgültige Lösung des Problems war dann vorgesehen, künftig anstelle des Ersatzsignals den Begriff Sv 3 anzuschalten. Durch den Zweiten Weltkrieg wurden die Änderungen an den Anlagen jedoch verhindert, die ohnehin recht aufwendig geworden wären. Selbsttätige Signale, die nur Rot als Haltbegriff zeigen, hätten anstelle des Ersatzsignales eine neue Rotlaterne erhalten müssen, wozu ein neuer Schirm erforderlich ist. Das linke, rot/grüne Blendenrelais hätte durch ein gelb/grünes ersetzt, die Schaltung entsprechend geändert werden müssen. Etwas einfacher liegen die Verhältnisse bei denjenigen wechselweise halb- und vollselbsttätigen Signalen, die bei selbsttätigem Betrieb Sv 3 als Haltbegriff zeigten. Eine Regelung, die das besondere Verhalten bei Ersatzsignal vorschreibt, wurde später in die Sondervorschriften für selbsttätige Signalanlagen, Fahrsperren und Ersatzsignale (SSFV) aufgenommen. Anfang 1948 unternahmen die VES dann einen Vorstoß bei der RBD Berlin, um nun die Ersatzsignale in Sv 3 abzuändern. Dies wurde von der RBD jedoch mit Hinweis auf die bestehende Regelung in den SSFV abgelehnt. Trotzdem fanden sich an der ehemaligen Abzweigstelle Abm zwischen Yorckstraße und Papestraße Signale, die kein Ersatzsignal, sondern stattdessen Sv 3 zeigen konnten. Wann diese Signale in dieser Form hergerichtet wurden ist mir nicht bekannt. Vermutlich war das dort von Anfang an so, denn diese Strecke erhielt als eine der letzten Sv-Signale. Das dort vorhandene Sv-Signal aus Richtung Anhalter Güterbahnhof war auch insofern bemerkenswert, als hier keine Stromschiene verlegt war und folglich nie ein elektrisch betriebener S-Bahnzug daran vorbeifahren konnte.
Die Beförderungszahlen der Berliner S-Bahn stiegen von 578,9 Millionen Personen im Jahr 1939 auf auch später nicht wieder erreichte 789,1 Millionen im Jahr 1943 an, wofür nicht zuletzt die Kriegswirtschaft verantwortlich war. Um die gestiegenen Fahrgastzahlen noch bewältigen zu können, wurden Ende 1942 Fahrversuche zur weiteren Verringerung der Zugfolge auf 45 Sekunden durchgeführt. Diese Versuche fanden zwischen Westkreuz und Grunewald sowie zwischen Grunewald und Charlottenburg statt. Dabei fuhren die Züge abwechselnd von zwei Bahnsteigkanten ab, Abfahr-, Ankunfts- und Haltezeiten wurden mit Stoppuhren ermittelt. In der Niederschrift zu den Versuchen kommt man zu folgenden Ergebnissen und Schlußfolgerungen:
Die Versuche haben ergeben, daß sich eine Zugfolge von 45 Sekunden nicht erreichen läßt. Die Ursache liegt hauptsächlich darin, daß die Züge die zulässige Geschwindigkeit – auf dieser Strecke 80 km/h – nicht erreichen, weil sie durch fahrtechnische Vorschriften daran gehindert sind, trotzdem das Triebwagenpersonal noch besonders auf schnelles Fahren hingewiesen wurde und auch in den betreffenden Stellwerken für eine ordnungsgemäße Abwicklung der Versuchsfahrten gesorgt war. Die Versuchszüge fuhren unmittelbar nach dem planmäßigen Regelzug, der also die gesamte Strecke frei hatte und somit sämtliche Signale grün/grün vorfand. Die Anfahrbeschleunigung, die durch die selbsttätige Steuerung festliegt, ist zu gering. Die Fahrten gingen z.T. durch den krummen Strang von Weichen, so daß der Signalwechsel bei den Ausfahrsignalen durchschnittlich erst nach 60 Sekunden bei den ersten Zügen, bei den folgenden sogar erst nach 72 bis 80 Sekunden erfolgte. Auch ist die erste Blockstrecke zu lang. Weiter kam hinzu, daß die Triebwagenführer mitunter schon abbremsten, wenn das vor ihnen liegende Signal nur grün/gelb zeigte, trotzdem noch keine Veranlassung hierzu vorlag. Außerdem ist die Aufnahme des Abfahrauftrages bei dem Triebwagenpersonal ganz verschieden. Bei einigen waren 4 bis 5 Sekunden erforderlich, während andere wiederum bis zu 10 Sekunden brauchten. Die Versuche haben ergeben, daß die Zugfolge von 45 Sekunden aus den vorstehenden Gründen trotz aller Vorbereitungen auf keinen Fall zu erreichen ist.
Es wurde dann noch ein Versuch mit 60 Sekunden Zeitabstand vorgenommen. Aber auch dieser Versuch hat dieselben Ergebnisse gezeigt, wie die ersten Versuchsfahrten mit 45 Sekunden Zugfolge. Es war keine Besserung zu erzielen.
Bei der Beurteilung der Versuche ist außerdem noch zu berücksichtigen, daß Reisende nicht mitgewirkt haben, was sogar im Normalverkehr bestimmt ein noch ungünstigeres Ergebnis in Bezug auf die Zugfolge haben würde. Es ist weiterhin zu bedenken, daß die ermittelten Zugfolgezeiten nach der Stoppuhr kontrolliert worden sind und die Aufsichtsbeamten hiernach den Abfahrauftrag besonders erhielten, was im Regelbetrieb nicht der Fall ist.
[…]
Auf Grund dieser Ergebnisse kommt man abschließen zu dem Urteil, daß die bisher zu Grunde gelegte Zugfolge mit 90 Sek schon die unterste Grenze ist, die sich im praktischen Betriebe wird durchhalten lassen, bei der also alle oben erwähnten hemmenden Einflüsse und Möglichkeiten berücksichtigt sind, um einen regelmäßigen Betrieb zu gewährleisten. Dabei ist zu bedenken, daß 90 Sekunden Zugfolgezeit noch auf keiner Strecke in Berlin fahrplanmäßig wirklich besteht. Auch ist eine derartige Verdichtung der Züge weder auf der Stadtbahn noch auf der NS-Bahn überhaupt möglich, solange in Friedrichstraße nur eine Bahnsteigkante vorhanden ist. Das Ein- und Aussteigen während der Stunden des Berufsverkehrs erfordert dort nach Messungen im Durchschnitt 50 bis 60 statt 30 Sekunden, so daß Zugstauungen unvermeidlich sind.
Interessant hieran ist nicht nur die Tatsache, daß diese Versuche überhaupt stattfanden, sondern auch die Aussage, daß selbst eine Zugfolge von 90 Sekunden unter den gegebenen Bedingungen als gerade eben realisierbar eingeschätzt wird, die aber nicht planmäßig genutzt wird. Da die genannten Gründe auch später nicht beseitigt werden konnten, kann man schlußfolgern, daß zu keiner Zeit planmäßig mit 90 Sekunden Zugfolge gefahren wurde.
Der Zweite Weltkrieg hinterließ auch bei den selbsttätigen Signalanlagen erhebliche Zerstörungen. Auf fast allen Strecken waren zahlreiche Signale beschädigt, so daß beinahe jedes zweite Signal entfernt werden mußte. In der Regel waren die Nachrücksignale entfernt worden und selbst bei längeren Stationsabständen war oft nur noch ein Blocksignal vorhanden. Vermutlich wurden etliche Signale auch deshalb abgebaut, um damit Schäden an anderer Stelle beseitigen zu können. Ob auch Demontagen als Reparationsleistungen vorgenommen wurden, ist nicht bekannt. Von den ehemals 113 Signalen zwischen dem Schlesischen Bf und Charlottenburg waren 1947 nur noch 40 Signale in Betrieb, einige Jahre später dann immerhin wieder 56. Auf der Ringbahn waren 1953 von ehedem 271 Signalen noch 152 vorhanden, auf den übrigen Strecken sah es ähnlich aus. Eine Zugfolge von 90 Sekunden war damit natürlich nicht mehr zu erzielen. Die überzähligen Drosselstöße auf der Stadtbahn verwendete man später teilweise dazu, die Löschung der Signale nach dem Prinzip der Bauart 1937 umzubauen, wodurch die Schienenkontakte entbehrlich wurden. In die Schränke wurde für den Löschabschnitt ein zweites Motorrelais eingebaut. Dabei wurde allerdings anders als bei der Bauart 1937 der Blockabschnitt eigenständig und nicht aus dem Löschabschnitt eingespeist. Die Strecke Jungfernheide—Gartenfeld war auf einem längeren Abschnitt nur noch eingleisig befahrbar, die Signalanlagen wurden dem eingleisigen Betrieb angepaßt. Vermutlich waren die selbsttätigen Signale solange außer Betrieb. Der Abschnitt Zoologischer Garten—Charlottenburg hatte bis zum Umbau auf ESTW-Technik in den 90er Jahren Signale der Ringbahnausführung. Wann und aus welchem Grund der Umbau stattfand ist mir nicht bekannt.
Der Nordsüdtunnel wurde unter bis heute nicht vollständig geklärten Umständen bei Kriegsende unter dem Landwehrkanal gesprengt und lief infolgedessen voll Wasser. Auspumpen und Reparatur zogen sich hin, so daß die vollständige Wiederinbetriebnahme erst 1947 stattfand. Die selbsttätigen Anlagen konnten hier jedoch annähernd im früheren Umfang wieder in Betrieb genommen werden. Lediglich das jeweils letzte Nachrücksignal blieb außer Betrieb. Diese Signale blieben aber im Tunnel hängen, sie wurden erst bei der Tunnelsanierung Anfang der neunziger Jahre entfernt. Außerdem fehlt seitdem ein Blocksignal zwischen Stettiner Bahnhof (heute Nordbahnhof) und Oranienburger Straße. Die Batterien, die bei Netzausfall dafür sorgen sollten, daß die Signale nicht verlöschen, wurden aus den Schränken entfernt.
Ersatzteile für die Signalanlagen waren nicht mehr neu beschaffbar, weil das VES-Blockwerk in Berlin-Siemensstadt Anfang 1944 bei Luftangriffen schwer getroffen wurde und in der Folge nur noch eingeschränkt arbeitsfähig war. Später kamen noch die bekannten, durch die Währungsreform 1948 verursachten Probleme zwischen Ost und West hinzu, die letztlich dazu führten, daß die VES ihren Geschäftsbetrieb von Berlin nach Braunschweig verlegten.
Als die ab dem Schlesischen Bahnhof völlig demontierte S-Bahnstrecke nach Erkner wieder aufgebaut wurde, erhielt sie zwischen Ostkreuz und Karlshorst selbsttätige Signalanlagen der Ringbahnbauart. Jedoch wurden hier nur Signale an den Bahnsteigenden aufgestellt, wodurch sich recht lange Blockabschnitte ergaben. Zwischen Betriebsbahnhof Rummelsburg und Karlshorst blieb zunächst ein längerer eingleisiger Abschnitt. Für die Sicherung der zwei Weichen waren zwei weitere Signale vorhanden, die auch nach dem zweigleisigen Ausbau als Block- bzw. Einfahrsignal erhalten blieben.
Noch 1943 wurde das einflüglige Dreibegriffhauptsignal als künftige Einheitsform für die Deutsche Reichsbahn festgesetzt. Das zugehörige Nachtzeichen für Hp 2 war nun mit einem grünen und einem gelben Licht senkrecht darunter festgesetzt worden, nachdem dafür vorher ein gelbes Blinklicht vorgesehen war. Zu einer allgemeinen Umstellung kam es jedoch während des Krieges nicht mehr. Die Nachtzeichen der zweiflügligen Signale wurden in den westlichen Besatzungszonen 1948 entsprechend geändert, dreiflüglige Signale beseitigt. Bei der Deutschen Reichsbahn (DR) in der östlichen Besatzungszone bzw. der inzwischen gegründeten DDR wurden diese Änderungen erst 1953 vollzogen. In entsprechender Weise wurden auch die Bilder der Signalverbindungen geändert, das heißt in die Zusatzgrünlaternen wurden gelbe Farbscheiben eingesetzt.
Signal 273 vor dem Stellwerk Spandau Hbf etwa 1992 vom Nachbarbahnsteig aus fotografiert, als die S-Bahn hier stillgelegt war, es zeigte bei Fahrten nach Jungfernheide Hl 102.
Um den dampfbetriebenen Vorortverkehr aus Westberlin vor die Stadtgrenzen in die DDR zurückziehen zu können, wurde unter anderem die S-Bahnstrecken nach Spandau bis Staaken und über die Stadtgrenze hinaus bis Falkensee verlängert. Dafür wurde auch die Verbindung von Jungfernheide nach Spandau mit Stromschiene, aber nicht mit Sv-Signalen ausgerüstet. Deshalb zeigten die Sv-Signale in Jungfernheide und in Spandau bei der Ausfahrt in diese Richtung anstelle eines Sv-Signalbilds das Signal Hl 102. Die gleiche Konstellation gab es bereits zwischen Neukölln und Baumschulenweg, seitdem die Ringbahn und die Strecke bis Schöneweide Sv-Signale erhalten hatten.
Signal 325 mit Zs 5 „6“ vor dem Abzweig Vsr in Richtung Ostkreuz, Foto: Sammlung Andreas Greif
Mit dem Signalbuch 1958 wurde das Zs 5, der Geschwindigkeitsanzeiger mit den Kennziffern 3 für 30 km/h oder 6 für 60 km/h als Form oder Lichtsignal eingeführt, allerdings war die 6 nur zur Verwendung an Formsignalen vorgesehen. Nach den Grundsätzen für die Ausgestaltung der Sicherungsanlagen der Berliner S-Bahn 1963 war aber auch die Verwendung in Verbindung mit Sv 6, Sv 7 und Sv 8 zulässig, was dann in das Signalbuch von 1971 übernommen wurde.
Außer dem beim Wiederaufbau der demontierten Strecke nach Erkner mit Sv-Signalen der Bauart 1937 ausgerüsteten Streckenabschnitt Ostkreuz—Karlshorst erhielt nach 1945 nur noch der Abschnitt Ostkreuz—Lichtenberg Sv-Signale. Hier wurde eine vom kurz zuvor gebildeten Werk für Signal- und Sicherungstechnik Berlin (WSSB) aus der Bauform 1937 weiterentwickelte Bauform eingebaut und Ende 1955 in Betrieb genommen. Aufgestellt wurden die Signale 801 und 803 als Ausfahrsignale in Ostkreuz in Richtung Lichtenberg bis 812 und 814 in Lichtenberg als Ausfahrsignale in Richtung Ostkreuz. Gleiswechselbetrieb war offenbar nicht eingerichtet, es gab keine linken Einfahrsignale und von den linken Ausfahrsignalen waren signalmäßig nur Fahrten auf das Regelgleis vorgesehen. Man konnte so aber bei Bedarf am Bahnsteig kehren.
Bei den WSSB-Signalen wurde dann das realisiert, was man bei der Beseitigung der Kriegsschäden für die vorhandenen Sv-Signale zwar in Betracht gezogen, aber nicht umgesetzt hatte. Sie erhielten keine Ersatzsignale, sondern an den bei Haltstellung Sv 4 zeigenden Signalen wurde Sv 3 als Ersatzsignal angeschaltet, bei dem auf Sicht zu fahren ist. Anstelle des Bremspfeils war nach Signalbuch 1958 künftig ein weißes Bremslicht vorgesehen. Dafür war eine Nebensignallaterne vorgesehen, die mittig unterhalb der beiden oberen Laternen anzuordnen gewesen wäre. Weil es auf dem Abschnitt Ostkreuz—Lichtenberg keine verkürzt angeordneten Signale gab, waren hier keine Bremslichter vorhanden.
Das Signal 809 ist mit beiden möglichen Zusatzlaternen ausgerüstet, obwohl in einem Übersichtsplan von 1967 weder hier noch hinter dem folgenden Signal 811 Fahrwegverzweigungen vorhanden waren. Als Signal am Bahnsteigende benötigt es auch kein Rot. Die Signale hatten die später auch bei Hl-Signalen verwendeten Betonmaste. Ein Mastschild ist noch nicht vorhanden, obwohl mit dem Signalbuch 1958 Mastschilder allgemein eingeführt worden sind.
Das Blendenrelais hat einen aus einem Motorrelais der Bauform II abgeleiteten Antrieb. Auch der Schaltschrank ist mit Bauform-II-Relais bestückt, was nicht zur Inbetriebnahme des Streckenabschnitts im Jahr 1955 paßt. Auf dem ebenfalls 1955 in Betrieb genommenen Abschnitt des südlichen Berliner Außenrings sind noch Bauform-I-Relais verwendet worden. Auch wenn das tatsächlich verbaute Blendenrelais bereits einen Antrieb mit Bauform-II-Motorrelais besaß, hat das WSSB demnach nach der Bauform-I-Ausführung noch eine in Bauform II entwickelt, die so niemals eingebaut worden ist. Gegenüber der Schaltung von 1937 wurde die WSSB-Schaltung etwas weiterentwickelt.
Die Gleisstromkreise entsprachen den bei der Bauart 1937 verwendeten, allerdings sollten hier bei größeren Kabellängen, wie bei späteren WSSB-Gleisstromkreistypen generell, am Drosselstoß angeordnete Gleisanschlußkästen mit Transformatoren verwendet werden. Das WSSB hat für solche Gleisstromkreise die VES-Drosselstoßtransformatoren mit etwas veränderter Oberspannungswicklung weiter hergestellt.
Anstelle der Gleistafeln sollten künftig bei Neubauten Gleisbildelemente verwendet werden. Der Grundschaltung zufolge sind für die Signale je eine rote, gelbe und grüne Meldelampe vorgesehen, wobei bei halbselbsttätigen Signalen mit der gelben Lampe auch das als Ersatzsignal angeschaltete Sv 3 angezeigt wurde.
Mit der Ausgabe 1958 des Signalbuchs wurden bei der DR Mastschilder für alle Lichthauptsignale und Signalverbindungen eingeführt. Bei der S-Bahn waren jedoch bereits vor 1953 Sv-Signale, an denen bei unvollständigem Signalbild oder erloschenem Signal nur auf Ersatzsignal oder schriftliche Weisung weitergefahren werden darf, mit „rotweißen Sichtblechen“ gekennzeichnet. Mastschilder regeln das Verhalten des Triebfahrzeugführers an Signalen, die erloschen sind, Halt oder einen zweifelhaften Signalbegriff zeigen. Sie sind nicht zu verwechseln mit den Mastblechen der Formsignale, die keine fahrdienstliche Bedeutung haben sondern nur der besseren Erkennbarkeit dienen. Eingeführt wurden zunächst das weiß-rot-weiße (rt/ws) und das weiß-schwarz-weiß-schwarz-weiße (sw/ws) Mastschild. An einem mit dem Mastschild rt/ws gekennzeichneten Signal dürfen Züge „nur auf schriftlichen Befehl, Ersatzsignal oder M-Tafel“ vorbeifahren. An einem mit dem Mastschild sw/ws gekennzeichneten Signal „dürfen Züge nach einem Halt von 2 Minuten auf Weisung des Zugführers vorbeifahren und mit höchstens 15 km/h bis zum nächsten Signal so vorsichtig weiterfahren, daß sie vor einem etwa auftretenden Hindernis mit Sicherheit zum Halten kommen.“ Mit Mastschildern sw/ws wurden auch alle stets selbsttätigen Signalverbindungen ausgerüstet. Damit wurde zum einen das Sv 3 überflüssig, daß ja der gleichen Regelung diente, die nun das Mastschild mit sich brachte. Allerdings war der Wortlaut beim Sv 3 etwas abweichend: „Der Zug hat am Sv 3 zu halten; er darf auf mündlichen Auftrag des Zugführers besonders vorsichtig weiterfahren. Die Vorsichtsmaßnahmen für die Weiterfahrt bestimmt die Direktion.“ Infolgedessen sollten später anläßlich größerer Umbauten alle Signale mit Sv 3 auf Sv 4 umgerüstet werden. Die einzige Strecke, auf der dies tatsächlich geschah, ist die Nordsüdbahn, wo die Signalbilder anläßlich der Tunnelsanierung Anfang der neunziger Jahre entsprechend geändert wurden. Zum anderen wurden die Ersatzsignale aller stets selbsttätigen, Sv 4 als Haltstellung zeigenden Signale überflüssig, weil der Triebfahrzeugführer jetzt selbständig an ihnen vorbeifahren durfte. Das Signalbuch brachte außerdem eine weitere Neuerung. Die verkürzt stehenden Signale sollten künftig mit einem weißen Licht anstelle des Bremspfeils gekennzeichnet werden, das nun unterhalb der beiden oberen Lichter des Sv 2 bzw. Sv 8 erscheinen sollte.
Durch den Mauerbau 1961 wurde bekanntlich der S-Bahnverkehr an mehreren Stellen unterbrochen. Dies führte zwischen Gesundbrunnen und Schönhauser Allee, Bornholmer Straße und Pankow sowie Treptower Park und Sonnenallee auch zum Abbau der Sv-Signalanlagen. Östlich von Sonnenallee wurde auf einem Streckengleis eine Kehranlage eingerichtet, die Ausfahrten der anderen Bahnhöfe in die betreffende Richtung wurden stillgelegt. Zwischen Schönhauser Allee und Pankow wurde eine neue, zweigleisige Verbindungskurve gebaut, die jedoch keine Sv-Signale erhielt.
Mit der Ausgabe 1971 des Signalbuchs wurde der Signalbegriff Sv 3 in Sv 103 umbenannt und in den 18. Abschnitt eingereiht, der die künftig wegfallenden Signale enthält. Dies geschah, weil zwischenzeitlich das Signal So 16b eingeführt worden war, das ebenfalls mit zwei gelben Lichtern waagerecht nebeneinander dargestellt wird. So 16 sind Überwachungssignale für selbsttätige Wegübergangssicherungsanlagen. Mit So 16b wird ein nicht gesicherter Bahnübergang (heutige Bezeichnung) kenntlich gemacht. Hat die Anlage ordnungsgemäß eingeschaltet, so erscheint So 16a, das mittig über den beiden Gelblichtern noch ein weißes Licht zeigt.
Außerdem wurde das rote Mastschild, das bereits durch Verfügung eingeführt worden war, in das Signalbuch aufgenommen. Dieses Mastschild wird heute ebenso wie das Mastschild ws/sw nur noch bei der Berliner S-Bahn verwendet, letzteres inzwischen aber auch bei der S-Bahn in Hamburg. Auch an einem erloschenen, Halt oder ein zweifelhaftes Signalbild zeigenden Signal, das mit dem roten Mastschild gekennzeichnet ist, darf der Triebfahrzeugführer nur auf Befehl, Ersatzsignal oder Zs 2 – M-Tafel – vorbeifahren. Zusätzlich ist dann aber auf Sicht zu fahren. Letzteres gilt jedoch nicht für die Fahrt auf das linke Gleis einer zweigleisigen Strecke. Dieses Mastschild erhielten alle halbselbsttätigen Signale. Heute wird es nur noch für stellwerkbediente Signale verwendet, wenn der anschließende Streckenabschnitt selbsttätigen Streckenblock hat und deshalb die Rückmeldung eines vorausgefahrenen Zuges nicht eingeholt werden kann, weil es sich bei dem nächsten Blocksignal um ein selbsttätiges handelt.
Ende der siebziger Jahre näherte sich die Richtung Norden fortschreitende Fernbahnelektrifizierung dem Berliner Raum. Wegen der bereits bei der ein- und zweischienigen Isolierung beschriebenen Unverträglichkeit der 16 2/3 Hz-Bahnstromversorgung mit der Betriebsfrequenz 50 Hz der Gleisstromkreise der Sv-Signale hätten diese auf eine andere Frequenz umgestellt werden müssen. Der dafür erforderliche Aufwand wurde angesichts des inzwischen erreichten Alters der Sv-Anlagen, für die auch keine Originalteile mehr neu beschafft werden konnten, für nicht gerechtfertigt gehalten. Deshalb entschloß man sich, stattdessen den eigentlich für Fernstrecken konzipierten automatischen Streckenblock AB 70 neu einzubauen. Für die Anforderungen des S-Bahnbetriebes mußte er jedoch noch etwas modifiziert werden und wurde dann AB 70 S genannt. Damit konnte auch die Blockteilung wieder nach den vor dem Krieg bekannten Maßstäben hergestellt werden, so daß nun die Zugfolge wieder verdichtet werden konnte. Durch den Einbau des AB 70 entfielen bis 1985 die Sv-Anlagen auf fast allen Strecken im Ostteil der Stadt. Als letzter Streckenabschnitt war gegen Ende der achtziger Jahre das Teilstück Marx-Engels-Platz (heute Hackescher Markt)—Friedrichstraße übriggeblieben.
Im Westteil wurde infolge des Reichsbahnerstreiks 1980 der Verkehr auf der Ringbahn, der Siemensbahn, der Wannseebahn und der Spandauer Vorortbahn nicht wieder aufgenommen. Nach der Übernahme des Betriebes durch die BVG 1984 nahm diese den Zugverkehr unter anderem auf der bis dahin noch befahrenen Strecke nach Lichterfelde Süd nicht wieder auf. Auf der Wannseebahn nahm man den Verkehr 1985 wieder auf und ersetzte dort die selbsttätigen Anlagen ebenso wie später auf der Grunewaldstrecke durch selbsttätigen Streckenblock der Bauart SB 60 mit HV-Signalen. Die übrigen Streckenabschnitte wurden sich selbst überlassen, so daß sie 1990 infolge des einsetzenden Vandalismus nur noch Schrottwert hatten. Stellwerke und Schränke waren aufgebrochen, Signallaternen eingeschlagen, die kupfernen Anschlußseile der Drosselstöße gestohlen. Zur Wiederinbetriebnahme erhielten diese Strecken dann elektronische Stellwerke und Ks-Signale.
Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten begann man, die Signalbücher der DB und der DR zu harmonisieren. Die DB hatte ihre Sv-Signalbegriffe bereits 1959 geändert, was dann im Bereich der DR in gleicher Weise vollzogen wurde. Damit fand auch die Formulierung „Signale, die in einem geringeren Abstand als dem Bremsweg für die angezeigte Geschwindigkeit vor dem folgenden Signal stehen, sind durch einen weißleuchtenden Pfeil (Bremspfeil) kenntlich.“ Eingang in das Signalbuch der DR, die einer Passage des Signalbuchs der DB entspricht. Demnach dürfte der Bremspfeil nicht mehr nur bei Sv 2 und Sv 6 leuchten. Angepaßt wurden die verbliebenen Signale jedoch nicht. Ohnehin erscheint diese Formulierung fragwürdig, weil die Besonderheit des verkürzt stehenden Signals für den Triebfahrzeugführer nur bei Halt erwarten von Bedeutung ist. Andererseits leuchtet im Bereich der ehemaligen DB das weiße Zusatzlicht an einem verkürzt stehenden Vorsignal, ausgenommen bei Ks-Vorsignalen, ebenfalls ständig und der Bremspfeil ist bei Tageslicht auch dann zu sehen, wenn er nicht leuchtet.
alt | – | neu |
Sv 1 | – | Sv 1 |
Sv 2 | – | Sv 2 |
Sv 103 | – | Sv 0 |
Sv 4 | – | Hp 0 |
Sv 5 | – | Sv 3 |
Sv 6 | – | Sv 4 |
Sv 7 | – | Sv 5 |
Sv 8 | – | Sv 6 |
Auf dem Bahnhof Friedrichstraße wurden die Sv-Signale nach 1990 noch auf Hl-Begriffe umgestellt, die Sv-Schirme dabei jedoch beibehalten. Infolge des ab 1993 fortschreitenden Baus elektronischer Stellwerke wurden auch die im Westteil der Stadt noch übriggebliebenen Sv-Signale auf den Streckenabschnitten Lehrter Stadtbahnhof—Grunewald, Papestraße—Priesterweg und Nordbahnhof (a)—Schönholz inzwischen durch Ks-Signale ersetzt. So waren Sv-Signale zuletzt nur noch auf dem Streckenabschnitt Nordbahnhof—Papestraße (a) zu finden, aber auch dort stand ihre Ablösung bereits bevor. Sie wurden 2005 außer Betrieb genommen und bis 2006 in zwei Bauabschnitten durch Ks-Signale ersetzt.